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Report Mainz: Gewerkschaftschefs verteidigen Millionen für Manager

Archivmeldung vom 27.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: pixelio.de/Thorben Wengert
Bild: pixelio.de/Thorben Wengert

Die führenden Gewerkschaftschefs haben im Interview mit dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" die Millionengehälter für die Manager von Dax-Unternehmen verteidigt, bei denen sie im Aufsichtsrat sitzen. Mit Blick auf die übrigen Unternehmenschefs übten sie jedoch Kritik an der Höhe der Vorstandsvergütung.

Angesprochen auf das Millionengehalt des Vorsitzenden der Deutschen Telekom, René Obermann, erklärte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer: "Jeder Fernmeldetechniker bei der Telekom weiß, was Obermann verdient, der gönnt es ihm auch." Sommer sitzt im Aufsichtsrat der Telekom und hat der Vergütung zugestimmt. Die Schere zwischen dem Vorstandsgehalt und dem Verdienst der einfachen Arbeitnehmer sei bei der Telekom nicht zu weit auseinandergegangen. Er sagte: "Wir haben im Aufsichtsrat der Telekom dafür gesorgt, mit langen Debatten zwischen den Anteilseignern und Arbeitgebern, dass sich das in der Waage hält, die am unteren Ende der deutschen Industrie liegt. Dazu stehe ich, und meine Kollegen von ver.di haben das mit ausgehandelt." Allgemein kritisierte er die Höhe der Managergehälter jedoch scharf: "Mittlerweile ist das so aus dem Ruder gelaufen, dass die Menschen das nicht mehr verstehen, übrigens auch nicht mehr akzeptieren. Diese Kaste von Managern meinen bezüglich ihrer Gehälter und ihres sozialen Seins außerhalb der Gesellschaft zu stehen."

Ver.di-Chef Frank Bsirske verteidigte das Millionengehalt des RWE-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Großmann. Bsirske sitzt im Aufsichtsrat des Energiekonzerns. Der Manager müsse das Unternehmen jetzt für die Energiewende neu aufstellen, deswegen sei die Vergütung gerechtfertigt: "Das ist ja auch eine Aufgabe, die Managementleistung erfordert. Und insofern bin ich schon dafür, dass für gute Leistung auch gute Gehälter gezahlt werden, und das schließt ja auch die Gehälter von Spitzenmanagern ein - nicht nur die von Krankenschwestern und von Müllwerkern." Mit Blick auf die Schwierigkeiten, in denen das Unternehmen steckt, sagte Bsirske, er habe im Aufsichtsrat in der Vergangenheit eine zweimalige Kürzung des Gehalts von RWE-Chef Großmann durchgesetzt. Im Übrigen handle es sich um bestehende Verträge, in die jetzt nicht eingegriffen werden könne. Allgemein hingegen wandte sich Bsirske gegen die aus seiner Sicht überzogenen Managergehälter und forderte in diesem Zusammenhang eine höhere Besteuerung: "Es steht in keinem Verhältnis zur Leistung der Manager, dass Manager das 200-Fache des Durchschnittsverdieners bekommen. Das ist die Rückkehr zu einer Kultur der Maßlosigkeit, die uns ja mit in diese Krise getrieben hat und der man entgegentreten muss."

IG-Metall-Chef Berthold Huber verteidigte im Interview mit "Report Mainz", dass er dem Vergütungssystem des VW-Vorsitzenden Martin Winterkorn im VW-Aufsichtsrat zugestimmt habe. Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, diesem Vergütungssystem zuzustimmen, sagte er: "Nein." Es sei richtig gewesen, die Bezüge von Winterkorn stark an die Beschäftigungsentwicklung von VW zu koppeln. Er habe zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Vergütungssystems aber nicht absehen können, dass Winterkorn so erfolgreich sein würde. Wörtlich sagte Huber: "Ich gebe zu, ich bin nicht in der Lage, auf Punkt und Komma diese Ergebnisse vorherzusehen, sorry. Das kann kein Mensch." Auf die Frage von "Report Mainz", ob Winterkorns Gehalt von 17,5 Mio. Euro angemessen sei, sagte Huber: "Im System ist dieser Vertrag in Ordnung, aber ich bin persönlich der Meinung, und das ist IG-Metall-Meinung an der Stelle, dass es zu hoch ist, keine Frage." Er bekräftigte, dass er nun für eine Kappung der Vergütung von VW-Chef Martin Winterkorn eintritt.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE, verteidigte im Interview mit "Report Mainz" die Gesamtbezüge der Manager von Henkel und BASF, bei denen er im Aufsichtsrat sitzt. Er sagte: "Also in diesem Fall sind die 5 Millionen angemessen, das kann ich beurteilen." Mit Blick auf die Entwicklung der Managergehälter allgemein sagte er: "Ich glaube, dass das Grenzen haben muss und dass sich in den letzten Jahren eine Entwicklung deutlich gemacht hat, die nicht richtig ist. Dass die Schere immer weiter auseinandergeht, das finde ich nicht richtig. Das heißt aber für mich, dass wir Nachholbedarf bei den anderen haben."

"Report Mainz" berichtet, dass der Bundestag bereits 2009 mit dem "Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)" den Gehaltsexzessen von Managern einen Riegel vorschieben wollte. Seitdem muss der gesamte Aufsichtsrat eines Unternehmens, also auch alle Arbeitnehmervertreter, über die Vorstandsvergütung entscheiden und dafür haften. Nach der Wirkung des Gesetzes gefragt, mussten Politiker von CDU und SPD einräumen, das Gesetz sei offensichtlich ohne Folgen geblieben. Der Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew (CDU) sagte: "Das war zu dem Zeitpunkt, als wir es verabschiedet haben, eine vernünftige Überlegung. Das hat sich nur nachher als Placebo erwiesen." Ottmar Schreiner, SPD-Bundestagsabgeordneter, sagte: "Das Gesetz funktioniert offenkundig nicht, und die beabsichtigte Wirkung ist nicht eingetreten, also wird man sich etwas Neues einfallen lassen müssen."

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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