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Breites Bündnis gegen Marktmacht der Megakonzerne - Neue Initiative fordert schärfere Fusions- und Missbrauchskontrolle und stellt Rechtsgutachten vor

Archivmeldung vom 09.01.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.01.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
DIESE 10 Konzerne produzieren ALLES was Du kaufst (Symbolbild)
DIESE 10 Konzerne produzieren ALLES was Du kaufst (Symbolbild)

Bild: Screenshot Youtube Video: "DIESE 10 Konzerne produzieren ALLES was Du kaufst"

Wichtige Märkte sind in den Händen von immer weniger Mega-Konzernen. Dagegen stellt sich anlässlich des 60. Geburtstags des Bundeskartellamtes ein breites Bündnis von Umwelt-, Landwirtschafts-, und Entwicklungsorganisationen. Ihre Forderung an die nächste Bundesregierung: Das Kartellrecht verschärfen, um die Marktmacht von Konzernen zu begrenzen.

Die Marktkonzentration ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sie kleinere Unternehmen stark benachteiligt. Zulieferer, Bauern und Bäuerinnen und Arbeiter/innen in Produktionsländern können sich gegen übermächtige Unternehmen kaum durchsetzen. Letztlich wird so die soziale Ungleichheit verschärft.

Das Bündnis "Konzernmacht beschränken" fordert die Politik auf, den gefährlichen Trend zu immer mehr Marktkonzentration zu stoppen: Fusionen sollten schon bei Unternehmen mit einem Marktanteil von 20 Prozent verboten werden können. Zusammenschlüsse über mehrere Produktions- und Handelsstufen hinweg müssen häufiger untersagt werden. Zudem sollten Unternehmen zu mehr Transparenz verpflichtet werden und ihre Firmenstrukturen, Marktsegmente, Verflechtungen und Lobbyaktivitäten offenlegen müssen. In hochkonzentrierten Märkten braucht das Kartellamt ein schlagkräftiges Instrument, um als letztes Mittel Konzernteile oder Geschäftsfelder übermächtiger Konzerne abzukoppeln.

Unterstützung bekommt das Bündnis von Prof. Dr. Tobias Lettl, Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Potsdam, der für Oxfam ein Gutachten erstellt hat. "Die Fusionskontrolle greift nicht in hochkonzentrierten Märkten", attestiert Lettl und empfiehlt Eingriffe des Staats: "Um etwa im IT-Sektor und dem Pestizid- und Saatgutgeschäft den Wettbewerb wiederzubeleben, sollten als letztes Mittel staatliche Eingriffe möglich gemacht werden, um Konzernstrukturen zu entflechten", erklärt Prof. Lettl.

IT-Bereich: Bedrohliche Manipulationsmacht durch Daten-Monopole

Im Werbemarkt und bei der Suche im Internet hat Google faktisch eine Monopolstellung und ist für viele Nutzer der zentrale Zugang zum Internet geworden. Durch seine vielen weiteren "Gratis"-Dienste wie E-Mail, den Routenplaner Maps, die Dokumentenverwaltung Docs, die Videoplattform Youtube, den Browser Chrome und das Smartphone-Betriebssystem Android sammelt Google exzessiv Daten. Google weiß, wer wir sind, was wir denken, was wir fürchten und was uns wichtig ist, und gewinnt damit Macht über die öffentliche Meinung. Das ist auch bei Facebook, das 75 Prozent der mobilen Kommunikationsdienste kontrolliert, höchst problematisch. Rena Tangens von Digitalcourage fordert: "Die Politik muss endlich den Mut haben, diese kommerziellen Plattformbetreiber zu regulieren, Monopole aufzulösen und die Datensammlung und -auswertung wirksam zu beschränken."

Agrarsektor: Marktkonzentration gefährdet Demokratie und Ernährungssouveränität

"Je größer die Konzerne, desto mehr Macht und finanzielle Mittel haben sie, die Politik und Märkte in ihrem Sinne zu beeinflussen", kritisiert Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die geplante Fusion von Bayer und Monsanto sollte die EU-Kommission deswegen ablehnen. "Die Politik muss verhindern, dass Bauern einseitig von Konzernen abhängig werden. Dies beinhaltet auch, das Pestizid- und Saatgutgeschäft im Rahmen einer Entflechtung zu trennen", so Janßen. Lena Michelsen vom INKOTA-netzwerk ergänzt: "Die Marktkonzentration bei Saatgut- und Pestiziden bedroht die Ernährungssouveränität weltweit und insbesondere die Lebensgrundlagen von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen im globalen Süden. Deshalb fordern wir eine vielfältige Landwirtschaft mit lokal angepasstem Saatgut."

Automobilindustrie: Keine Konsequenzen bei Verfehlungen

Die Autokonzerne in Deutschland sind enorm mächtig und eng mit der Politik verflochten. Auch nach dem Diesel-Skandal dürfen sie Pkw auf den Markt bringen, die den Grenzwert für gesundheitsschädliche Stickoxide um teils mehrere hundert Prozent überschreiten. "Es ist unglaublich, dass die Autokonzerne die Gesundheit der Menschen und das Klima schädigen, ohne dass dies Konsequenzen hat", kritisiert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Der deutsche Staat muss kriminelles Fehlverhalten zukünftig konsequent ahnden und nach dem Vorbild Frankreichs hohe Strafzahlungen gegen das gesetzeswidrige Verhalten der Automobilkonzerne verhängen."

Lebensmittelsektor: Supermärkte sind Türsteher des deutschen Markts

Die vier größten Lebensmittelkonzerne Edeka, Rewe, Aldi und Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) verfügen bereits über einen Marktanteil von 85 Prozent. "Die großen Supermärkte sind die Türsteher für den deutschen Markt und nutzen diese zentrale Position gnadenlos aus", kritisiert Frank Braßel, Leiter Arbeitsbereich Wirtschaftliche Gerechtigkeit bei Oxfam Deutschland. "Die Preise, die liefernden Landwirten gezahlt werden, sind zu niedrig, um ihre Kosten zu decken und die Arbeiter/innen müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen für Hungerlöhne schuften. Für solche Versäumnisse braucht es dringend eine unabhängige Beschwerdestelle, die anonym vorgebrachte Missbrauchsfälle untersucht und sanktioniert."

Das Bündnis "Konzernmacht beschränken" wird getragen von:

Agrar Koordination, Aktion Agrar, Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Arbeitsgemein-schaft bäuerliche Landwirtschaft, BUKO Pharma-Kampagne, Bund für Umwelt und Naturschutz, Deutscher Naturschutzring, Deutsche Umwelthilfe, Die Freien Bäcker, Digitalcourage, Finance Watch, Forum Fairer Handel, Forum Umwelt & Entwicklung, Germanwatch, Global Policy Forum, Goliathwatch, INKOTA-netzwerk, Oxfam, PROVIEH, Seeds Action Network, Slow Food, Umweltinstitut München, Weltladen-Dachverband, Werkstatt für Ökonomie.

Quelle: Oxfam Deutschland e.V. (ots)

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