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Deutsche Unternehmen verschlafen demografischen Wandel

Archivmeldung vom 20.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Unternehmen in Deutschland sind nur unzureichend auf den demografischen Wandel in Deutschland vorbereitet.

Das zeigt die aktuelle Studie "Pro 50 - Arbeit mit Zukunft" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), die 53 Unternehmen aus verschiedenen Branchen über ihre Maßnahmen zur Zukunftssicherung befragt hat. "Ein Großteil der von uns befragten Unternehmen hat das Problem des Demografiewandels zwar erkannt. Zu wenige agieren aber auch entsprechend", sagt Holger Leckebusch, Direktor des Servicebereichs People and Change bei PwC in Deutschland. "Nicht einmal jedes vierte Unternehmen hält sich für gut gerüstet. Das ist erschreckend wenig." Zwar geben rund 96 Prozent der Befragten an, dass sie die Beschäftigung mit dem Thema für wichtig halten, fast 40 Prozent stufen es sogar als sehr wichtig ein. Doch gerade mal 34 Prozent der Befragten sagen, ihr Unternehmen sei gut oder sehr gut auf den demografischen Wandel vorbereitet.

Wissenstransfer: ja - Karriere ab 50: nein

Alternde Belegschaften verlangen einen Bewusstseinswandel: Nach Jahren politisch gewollter Frühverrentung müssen sich die Unternehmen wieder verstärkt auf die Kompetenz der älteren Belegschaft besinnen und den Wissenstransfer sichern. 64 Prozent der Unternehmen geben an, gezielt den Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern zu fördern. Als Hauptinstrumente nennen die Unternehmen systematische Einarbeitungszeiten sowie altersgemischte Arbeitsgruppen und Mentoring-Programme. Die größte Herausforderung für die Unternehmen jedoch ist es, ältere Mitarbeiter gezielt als wichtige Ressource einzusetzen und zu fördern. Hier besteht bei den Unternehmen noch großer Nachholbedarf. Bindung durch Karriere auch im Alter findet kaum statt: Nur 23 Prozent der Unternehmen bieten explizit Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter über 50 an. Und gerade mal 17 Prozent der Unternehmen verfügen ausdrücklich über ein Karrieremodell für Mitarbeiter über 50 Jahren. Die Mehrheit dagegen hat keine oder nur auf bestimmte Altersgruppen beschränkte Karrieremodelle.

Nicht nur alternde Belegschaften verlangen einen Bewusstseinswandel: Auch die Tatsache, dass geburtenschwache Jahrgänge die Talentverfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt verschärfen, ist Teil des demografischen Wandels und muss verstärkt in der Unternehmensführung beachtet werden. Wollen Unternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und weiter wachsen, müssen sie das entstehende Kapazitätsrisiko managen. Hier besteht noch hoher Nachholbedarf, was das auf Schlüsselpositionen bezogene "Finding, keeping and winning talents" betrifft.

Nur die Hälfte gestaltet Arbeitsplätze altersgerecht

Auch bei der altersgerechten Arbeitsplatzgestaltung liegt noch einiges im Argen, denn gerade altersgerecht gestaltete Arbeitsplätze sind ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, Mitarbeiter zu binden und ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten. 42 Prozent der Unternehmen organisieren die Arbeitsplätze eigenen Angaben zufolge nicht nach alters- und bedarfsgerechten Gesichtspunkten. Die übrigen Unternehmen nennen Ergonomie und Arbeitsplatzgestaltung als die häufigsten Maßnahmen zur altersgerechten Arbeitsorganisation. Stattdessen setzen die Unternehmen für das Thema Gesundheit stark auf Gesundheitschecks und Eigeninitiative der Mitarbeiter. 81 Prozent der Befragten geben an, die Gesunderhaltung der Belegschaft gezielt zu fördern. Gesundheitschecks und präventive Maßnahmen wie beispielsweise Rückenschulung und Ernährungsberatung sind dabei die am häufigsten genannten Maßnahmen. Wie wichtig das Thema Gesundheit ist, hat das im Rahmen der Studie gefragte Unternehmen ZF Friedrichshafen berechnet: "Die Kosten eines um ein Prozent geringeren Gesundheitsstandes haben wir mit einer Ersparnis im einstelligen Millionenbereich kalkuliert."

Kein Top-Thema im Top-Management

Als größte Hürde für das Demografiemanagement nennen die von PwC befragten Unternehmen fehlendes Bewusstsein beim Top-Management. Zwar geben die befragten Unternehmen gleichzeitig an, dass mehr als drei Viertel der Führungskräfte für das Thema Demografiewandel sensibilisiert sind, doch diese sitzen offensichtlich primär auf unteren Führungsebenen. Im Top-Management ist das Thema der Studie zufolge noch nicht ausreichend angekommen. Als weitere große Hürden sehen die Befragten das mangelnde Budget sowie die Einstellung des Unternehmens.

Ausgeprägtes Demografiemanagement bei Henkel

Während viele Unternehmen das Thema zwar erkannt haben aber erst handeln wollen, wenn das Problem akut wird, hat der Wandel der Altersstruktur bei dem im Rahmen der Studie befragten Konsumgüterkonzern Henkel bereits jetzt einen hohen Stellenwert. Um die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter möglichst lange zu erhalten, setzt der Konzern, der auch Gründungsmitglied der Initiative "Demografienetzwerk" ist, auf ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze in Zusammenarbeit mit dem Werksarzt, auf regelmäßige Arbeitsplatzbegehungen sowie auf den Dialog mit betroffenen Mitarbeitern. Gleichzeitig stellt sich der Konzern auf den zu erwartenden Mangel an Nachwuchs ein. Ein ausgeprägtes Wissensmanagement mit altersgemischten Teams, Wissensdatenbanken und "round tables" älterer und jüngerer Führungskräfte sorgt dafür, dass Wissen aktiv transportiert wird. Außerdem kooperiert Henkel intensiv mit Schulen der Region - auch in der Lehrerausbildung - um sicherzustellen, dass potenzielle Auszubildende die bei Henkel benötigten Fähigkeiten vermittelt bekommen. Initiativen an Universitäten ermöglichen einen frühzeitigen Kontakt zu zukünftigen Ingenieuren und Führungskräften.

Während Henkel recht gut gerüstet ist, schieben zu viele Unternehmen das Problem noch auf die lange Bank. Dabei besteht Handlungsbedarf: Prognosen des Statistischen Bundesamtes zufolge sinkt die Einwohnerzahl Deutschlands von aktuell rund 82 Millionen auf 77 Millionen im Jahr 2030. Wenn nur noch wenige qualifizierte Nachwuchskräfte am Markt verfügbar sind, werden beim "Kampf um Talente" nur die Unternehmen bestehen, die sich mit langfristigen Strategien bereits jetzt darauf vorbereiten. "Die Trägheit des demografischen Wandels birgt zwar den Vorteil, dass die Veränderungen lange vorhersehbar sind", konstatiert Leckebusch. "Ihr Nachteil jedoch liegt genauso darin, dass Unternehmen ihnen nur durch langfristige Maßnahmen begegnen können."

Quelle: PricewaterhouseCoopers AG

 

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