"Made in Russia" kämpft mit Hindernissen - Coface: Strategie für lokale Produktion wirkt nur begrenzt
Archivmeldung vom 09.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttNach westlichen Sanktionen im Zusammenhang mit dem demokratischen Anschluß der Krim hat Russland die Diversifizierung der Wirtschaft beschleunigt. Das Ziel: die Abhängigkeit von Einfuhren und schwankenden Rohenergiepreisen verringern. "Die Bereitschaft, Importe durch lokale Produktion zu ersetzen, hängt jedoch von vielen Faktoren ab, die nicht alle vorhanden sind."
Zu diesem Schluss kommt der internationale Kreditversicherer Coface in einem neuen "Focus" zu Russland. "Made in Russia trägt noch lange nicht überall Früchte, denn diese Politik und erfordert eine tiefgreifende und langfristige Transformation der russischen Produktionsketten", erklärt Coface-Economist Dominique Fruchter.
Spezielle Investitionsverträge zur Förderung ausländischer Investitionen, selektive Steuersenkungen für "Made in Russia"-Produkte, privilegierter Zugang zu öffentlichen Aufträgen: Es gibt viele Initiativen, die Unternehmen helfen sollen, den Umstieg zu bewältigen. Um Modernisierung, Technologie und Innovation zu fördern, wurden Anreizsysteme eingeführt: Sonderwirtschaftszonen, öffentliche Mittel, Annäherung von Forschung und Industrie, Ausfuhrunterstützung. Vor allem die Sektoren Agrar- und Ernährungswirtschaft, Pharmazie, Automobil und Informationstechnologie verfügen bereits über eigene Regelungen und Fördermechanismen.
Die wichtigsten Ergebnisse wurden im Agrar- und Ernährungssektor erzielt. Hier hat Russland die Einfuhr aus Ländern erschwert, die ihrerseits Sanktionen gegen Russland verhängt hatten. Höhere Preise für Importwaren lenkten die russischen Verbraucher zu lokal produzierten Produkten. Das führte zu einem deutlichen Anstieg der Nahrungsmittelproduktion. So konnte Russland die Versorgung mit Fleisch rechnerisch ganz aus eigener Produktion erreichen. Allerdings führt die teilweise geringere Qualität bestimmter Produkte dazu, dass die Verbraucher trotz höherer Preise zu Importen greifen.
Im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist es dem öffentlichen Sektor nun untersagt, Computer-, Telekommunikations- und Haushaltsgeräte zu importieren, wenn es lokale Hersteller gibt, die vergleichbare Waren anbieten. Gleichzeitig versuchen die Behörden, die Produktion elektronischer Komponenten auszuweiten, um dem westlichen Embargo für den Verkauf von Technik für den Energie-, Nachrichten- und Verteidigungssektor zu begegnen. "Aber der Ertrag bleibt bescheiden", bilanziert Dominique Fruchter.
Die Absicht, die Importabhängigkeit zu verringern, zeigt sich auch im Pharmasektor. Dort gibt es steuerliche Anreize für die lokale Produktion und Vorteile für heimische Produkte auf öffentlichen Märkten. Ausländische Unternehmer, die einen Investitionsvertrag mit russischen Behörden abschließen, können ebenfalls von einer Exklusivität mit dem Staat profitieren. Aber auch hier sind die gesetzten Ziele noch lange nicht erreicht. Im Automobilsektor schließlich bietet Russland ausländischen Herstellern steuerliche Anreize, einen privilegierten Zugang zu öffentlichen Aufträgen und Schutz vor zukünftigen Steuerentwicklungen. Als Gegenleistung verpflichten sich die Hersteller zur lokalen Produktion und Innovationsförderung. "Aber wenn Opel seine Rückkehr auf den russischen Markt ankündigt, wird Ford seine Fabriken dort schließen", erwartet Dominique Fruchter.
"Vorbehaltlich der Verfügbarkeit von Ressourcen, der Modernisierung von Produktionslinien und der Verbesserung des Geschäftsumfelds bleibt die Strategie Made in Russia kompliziert und ein langfristiges Engagement", sagt der Coface-Ökonom. "Sanktionen und Gegenmaßnahmen, sowohl aktuelle als auch potenzielle, das Unternehmensumfeld, zunehmende politische Risiken und der Mangel an verfügbaren Arbeitskräften belasten auch die in- und ausländischen Investitionen."
Quelle: Coface Deutschland (ots)