Unternehmensinsolvenzen sinken, Verbraucherinsolvenzen steigen
Archivmeldung vom 08.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Zahlungsverhalten in Deutschland hat sich deutlich verbessert. In der aktuellen Herbstumfrage unter den 521 Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), Berlin, melden 84 Prozent der befragten Firmen: Rechnungen werden jetzt genauso gut oder besser bezahlt als noch im Frühjahr. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen auf voraussichtlich nur noch 28.000 (2006: 30.357).
Die gute Konjunktur verbessert vor allem das
Zahlungsverhalten gewerblicher Schuldner. Nur noch 40 Prozent der
BDIU-Mitglieder melden, dass Unternehmen Rechnungen wegen einer
aktuell schlechten Auftragslage nicht bezahlen (vor zwei Jahren: 75
Prozent).
Besonders der Bau profitiert. In der Umfrage bemängeln lediglich
54 Prozent der Inkassounternehmen die Rechnungstreue der Kunden in
dieser Branche (Herbst 2006: 70 Prozent). Hier gehen die Insolvenzen
mit einem Minus von mehr als 20 Prozent auch überdurchschnittlich
stark zurück. Weitere Branchen mit Problemen beim Zahlungsverhalten
sind jetzt das Handwerk insgesamt (63 Prozent) und das
Dienstleistungsgewerbe (57 Prozent).
Gleichzeitig aber steigt die Zahl der reinen
Verbraucherinsolvenzen. Bis Ende des Jahres erwartet der BDIU rund
106.000 Verfahren - fast 14 Prozent mehr als 2006 (93.243). Wichtiger
Grund ist neben Arbeitslosigkeit die hohe Überschuldung vieler
Verbraucher. "Überschuldung muss bekämpft werden", fordert
BDIU-Präsident Stephan Jender. "Die jetzt beschlossene Reform der
Verbraucherinsolvenz leistet das nicht." Mittellose Schuldner sollen
demnach künftig ein vereinfachtes Entschuldungsverfahren durchlaufen,
müssen sich aber zu Beginn mit 25 Euro und später monatlich 13 Euro
finanziell selbst beteiligen. "Das ist zumindest richtig, um die
Finanzkompetenz der Schuldner zu verbessern", begrüßt Jender. "Hier
muss aber noch viel mehr getan werden." So kritisieren in der Umfrage
37 Prozent der Inkassounternehmen, dass jüngere Schuldner schlechter
zahlen als Ältere. Der BDIU fordert daher mehr Aufklärung und
Schuldenprävention in der Schule. "So lässt sich Überschuldung
frühzeitig vorbeugen", ist Jender überzeugt.
12 Milliarden Euro offene Forderungen bei Kommunen
88 Prozent der BDIU-Firmen melden: Das ohnehin schlechte
Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand hat sich in diesem Herbst
nicht verändert. Ein Grund: Die eigenen hohen Außenstände der
Kommunen. So beträgt die Gesamtsumme an offenen und
niedergeschlagenen Forderungen bei Städten und Gemeinden nach
Einschätzung des BDIU mindestens 12 Milliarden Euro. BDIU-Sprecher
Wolfgang Spitz: "Die Kommunen müssen ihr eigenes Forderungsmanagement
effizienter gestalten." Eine Chance zur Effizienzsteigerung ist die
externe Unterstützung durch dafür spezialisierte Inkassounternehmen.
"Rechtlich ist das vielfach möglich", erklärt dazu der
Datenschutzexperte Professor Dr. Ralf B. Abel. "In der Praxis wird
diese Möglichkeit allerdings bislang noch viel zu wenig genutzt -
auch, weil sich viele Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen
unsicher sind, über welche Gestaltungsspielräume sie in dieser Frage
tatsächlich verfügen."
Der BDIU fordert mehr Rechtssicherheit, damit Kommunen diese Möglichkeit für ihre Finanzierung nutzen können. Verbandschef Jender ergänzt: "In guten wirtschaftlichen Zeiten muss man sich wetterfest für konjunkturelle Eintrübungen machen. Das ist im Interesse der Wirtschaft und aller Bürgerinnen und Bürger."
Quelle: Pressemitteilung BDIU