Lufthansa-Chef Spohr wünscht sich aktivere Industriepolitik
Archivmeldung vom 27.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer Vorstandschef der Deutschen Lufthansa, Carsten Spohr, hat sich für eine stärkere Unterstützung von Schlüsselbranchen durch die deutsche Politik ausgesprochen. "Wir müssen akzeptieren, dass viele Staaten Schlüsselbranchen erkannt haben, die sie beispielsweise durch günstige Infrastruktur oder in der Gesetzgebung unterstützen", sagte Spohr der "Welt".
Das widerspreche der reinen Lehre des Liberalismus, "aber es ist die Realität". Auch Deutschland müsse sich daher mit der Frage beschäftigen, welche Branchen man im Land halten wolle. "Die Tendenz ist klar erkennbar, dass solche Eingriffe überall auf der Welt zunehmen", sagte der Airline-Chef.
Spohr sieht jedoch auch die Wirtschaft in der Pflicht, als Stabilitätsanker in unsicheren Zeiten zu dienen. "Wir müssen den Menschen Orientierung und Sicherheit geben, die sie scheinbar in anderen Institutionen nicht mehr ausreichend finden", sagte er. Er sei tendenziell optimistisch für die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2017.
Spohr sieht Chancen, "immer mehr Menschen am Erfolg teilhaben zu lassen - und das vielleicht noch ein bisschen klüger als in der Vergangenheit". Diese Teilhabe sei das beste Mittel gegen die politische Radikalisierung. "Das wird uns helfen, den Extremismus, den es unbestritten gibt, auf Ränder zu begrenzen - auch wenn die Ränder leider etwas breiter geworden sind", sagte Spohr. "Aber ich glaube fest daran: Die Mitte wird stark genug sein."
Spohr sprach sich allerdings gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen aus. "Weltweit ist ein Grundeinkommen meiner Meinung nach nicht finanzierbar", sagte er. Deutschland müsse sich angesichts der guten Beschäftigungslage wohl als eines der letzten Länder mit der Frage eines Grundeinkommens befassen.
"Aber Beschäftigung ist mehr als nur das materielle Sichern von Überlebensfähigkeit", sagte Spohr. Dabei könne es durchaus sinnvoll sein, wenn sich mehrere Menschen einen Arbeitsplatz teilen. "Man könnte in vielen Berufen Arbeit anders verteilen, wenn man bereit wäre, mate! rielle K ompromisse einzugehen", sagte er.
Als Manager müsse man sich im gerade begonnen Jahr auf Unvorhergesehenes einstellen. "Ich glaube, wir müssen uns an das Unerwartete, hohe Volatilität und neue Herausforderungen in einer Frequenz und Vielfalt, wie wir sie bislang nicht kannten, gewöhnen", sagte der Lufthansa-Chef.
Quelle: dts Nachrichtenagentur