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KfW-Mittelstandspanel 2021: Kaum Zeit zum Luftholen

Archivmeldung vom 20.10.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.10.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Aktenberg, Überarbeitet, Hektik, Streß, Büro (Symbolbild)
Aktenberg, Überarbeitet, Hektik, Streß, Büro (Symbolbild)

Bild: Stefan Bayer / pixelio.de

Der Mittelstand hat allen Corona-Sorgen zum Trotz mit 2021 ein sehr gutes Jahr hinter sich. Doch Zeit zum Luftholen bleibt den Unternehmen kaum. Zwar treten die Pandemielasten in den Hintergrund, doch dafür setzt der Ukraine-Krieg und seine Folgen - allen voran die Energiekrise - den Unternehmen zu.

Das zeigt das KfW-Mittelstandspanel 2022, das ein repräsentatives und detailliertes Lagebild sowohl zur gegenwärtigen Situation als auch zur Entwicklung der mittelständischen Unternehmen im abgelaufenen Jahr gibt.

"Das wirtschaftliche Umfeld ist gegenwärtig wegen einer Vielzahl gleichzeitig wirkender Schocks extrem herausfordernd. Der enormen Unsicherheit über den Fortgang und die Begleiterscheinungen des Angriffs Russlands auf die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise begegnet der Mittelstand jedoch auf einem in der Breite soliden Fundament", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Unsere Befragungen zeigen: Derzeit geht eine knappe Mehrheit des Mittelstands davon aus, die aktuell hohen Energiepreise auch langfristig tragen zu können. Doch die vollen Preiseffekte werden erst noch durchschlagen und schon jetzt ist ein Teil der Unternehmen finanziell überfordert. Dazu gesellen sich Sorgen über einen neuerlichen Pandemieherbst, allgemein gedämpfte Wachstumsperspektiven, eine anhaltend hohe Inflation, steigende Zinsen und andauernde Lieferengpässe. Nach einem sehr guten Jahr 2021 zeichnet sich für das laufende Jahr das Platzen von Investitionsplänen, Druck auf die Eigenkapitalquoten und ein erschwerter Kreditzugang ab."

2021 stiegen laut KfW-Mittelstandspanel Umsätze und Beschäftigung im Mittelstand scheinbar unbeeindruckt von der noch anhaltenden COVID-19-Pandemie auf das Niveau von 2019. Der Jobmotor Mittelstand läuft mit 32,3 Mio. Erwerbstätigen rund. Mehr noch: Die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen für die Gesamtbeschäftigung erreicht mit 71,9 % einen Höchststand. Auch die heftigen Umsatzverluste des ersten Pandemiejahres wurden 2021 mit einem Plus von 242 Mrd. auf 4.580 Mrd. EUR weitgehend wettgemacht. Die mittelständischen Neuinvestitionen stiegen um ca. 10 Mrd. EUR bzw. 6 % auf rund 183 Mrd. EUR.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Mittelstandspanels sind

  • Die gestiegenen Umsätze bescheren den mittelständischen Unternehmen ebenso gute Gewinne, die durchschnittliche Umsatzrendite im Mittelstand nahm 2021 wieder leicht von 7,3 auf 7,4 % zu.
  • Die Eigenkapitalquote erholt sich überraschend schnell und deutlich und erreicht fast das Vorkrisenniveau (mittlere Eigenkapitalquote von 31,4 %, 2020: 30,1 %).
  • Nach dem Wegfall des hohen Anpassungsdrucks des ersten Pandemiejahres kehrt die Investitionsneigung im Mittelstand auf das vorherige, sehr niedrige, Niveau zurück. Nur 38% der Unternehmen nahmen Investitionen vor.
  • Die Kreditfinanzierung von Investitionen macht einen kleinen Sprung (+13 %). Für 2022 zeichnet sich eine Schärfung der Finanzierungsbedingungen ab. Durch die geldpolitische Straffung (Zinswende) verteuern sich Bankkredite und Banken werden bei der Kreditvergabe vorsichtiger.

Seit Kriegsbeginn in diesem Frühjahr hat sich die Stimmung in den Unternehmen erheblich eingetrübt. Dabei sind die stark gestiegenen Energiepreise für die kleinen und mittleren Unternehmen der Unsicherheitsfaktor Nummer 1. Im einer Nachbefragung zum KfW Mittelstandspanel aus dem September 2022 nennen 62 % der Mittelständler dies als Belastung für ihr Unternehmen.

Energiekosten auf sehr hohem Niveau dürften für einen längeren Zeitraum wahrscheinlich sein - daher mag es überraschen, dass die knappe Mehrheit der Mittelständler (53 % im September 2022) angibt, damit auch langfristig zurande zu kommen. Bei weiteren rund 13 % aller Mittelständler fallen die Energiekosten kaum ins Gewicht, die Frage nach der Tragbarkeit stellt sich für diese Unternehmen bislang nicht. Für ebenfalls rund 13 % aller Mittelständler sind die hohen Energiekosten dagegen eine erhebliche Mehrbelastung, die sie auf die Dauer finanziell überfordern würden.

"Vor allem für energieintensive Unternehmen des mittelständischen Verarbeitenden Gewerbes ist die Belastung hoch", betont Köhler-Geib. Hier machen sich Preissteigerungen auch viel stärker bemerkbar. Damit ist speziell ein Teilsegment des Mittelstands von den aktuellen Entwicklungen betroffen, dessen gesamtwirtschaftliches Gewicht mit Blick auf Beschäftigung, Umsätze oder Investitionen beträchtlich über ihrem reinen Anteil an der Anzahl der Unternehmen liegt. Wenn eine Vielzahl gerade dieser Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geriete, wären die Auswirkungen entsprechend überproportional. Eine Entlastung der von den hohen Energiepreisen besonders betroffenen Unternehmen ist daher notwendig, um die Wirtschaft insgesamt zu stabilisieren, allerdings kombiniert mit Anreizen für die Transformation zur Klimaneutralität."

Die aktuell hohe Unsicherheit und Sorge vor einem wirtschaftlichen Abschwung sorgen dafür, dass die unterjährige Anpassung von zu Jahresbeginn geplanten Investitionsvorhaben im Mittelstand im laufenden Jahr sogar die im ersten Corona-Jahr und in den Krisenjahren 2008/2009 übertrifft: Nur noch knapp die Hälfte der Mittelständler gibt Anfang September an, dieses Jahr alle Vorhaben wie geplant umzusetzen, und 18 % der Firmen wollen sogar alle Vorhaben aufgeben - beides Rekordwerte. Für Gesamtjahr 2022 ist davon auszugehen, dass 59 Mrd. EUR an Investitionen, die ursprünglich geplant waren, nicht mehr umgesetzt werden. Zum Vergleich: In einem "normalen" Jahr ist mit etwas über 40 Mrd. EUR an Planrevisionen zu rechnen.

Quelle: KfW (ots)

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