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Beruf und Pflege vereinbaren: Jeder Zweite fürchtet Nachteile im Job

Archivmeldung vom 05.01.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.01.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Die neuen gesetzlichen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sind zum Jahresbeginn in Kraft getreten. Viele Erwerbstätige in Deutschland stimmen den verabschiedeten Maßnahmen zu, wie eine aktuelle Untersuchung der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) ergab.

In einer repräsentativen forsa-Stichprobe wurden 2000 Berufstätige ab 18 Jahre unter anderem zu ihren Einschätzungen und Vorbehalten zum Pflegeunterstützungsgeld, zum Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit sowie zur Freistellung während der Begleitung eines sterbenden Angehörigen befragt. Die größte Zustimmung fand das Pflegeunterstützungsgeld, das 89 Prozent der Befragten als sehr hilfreich einschätzen. 85 Prozent würden diese Leistung selbst in Anspruch nehmen, wenn sie die Pflege eines Angehörigen organisieren müssten. Auch das Echo zu den weiteren Maßnahmen fiel überwiegend positiv aus. 68 Prozent fanden die Freistellung zur Begleitung im Sterbeprozess prinzipiell gut. Bei der Familienpflegezeit von maximal 24 Monaten ist immerhin noch rund die Hälfte dieser Meinung.

Allerdings gibt es auch deutliche Zweifel vor allem an der Praktikabilität der Familienpflegezeit: Nur knapp jeder Dritte würde sie in Anspruch nehmen. Dabei spielen finanzielle Gründe die ausschlaggebende Rolle (84 Prozent). Auch die Angst vor beruflichen Nachteilen würde immerhin noch 43 Prozent davon abhalten, die Familienpflegezeit tatsächlich zu nutzen. "Hier ist vor allem eine andere Unternehmenskultur gefordert, um einen offeneren Umgang mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen", sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.

Gleichzeitig gibt es eindeutige Verbesserungswünsche bezüglich der neuen Gesetzeslage: 95 Prozent favorisieren einen Rechtsanspruch auf eine kostenlose, unabhängige und individuelle Beratung für pflegende Angehörige. "Ein verbindlicher Beratungsanspruch zu den komplexen Möglichkeiten, Beruf und Pflege miteinander zu vereinbaren, würde die Regelungen stärken und dazu beitragen, bestehende Ängste und Vorbehalte der pflegenden Angehörigen abzubauen. Insofern sollte die Politik dieses Signal nicht übersehen - der Beratungsbedarf muss gedeckt werden", erklärt Suhr. Nach wie vor bestehen zudem beträchtliche Ängste, die Übernahme familialer Pflege überhaupt offen gegenüber dem Arbeitgeber anzusprechen. 64 Prozent nennen die Sorge um den Arbeitsplatz als hauptsächlichen Grund, die Pflegesituation am Arbeitsplatz lieber zu verschweigen.

Generell verdeutlicht die Studie einen breiten Konsens in der Erwerbsbevölkerung, dass die Vereinbarung von Beruf und Angehörigenpflege einen hohen Stellenwert haben sollte. Demnach halten es 94 Prozent für wichtig, während der Pflege erwerbstätig zu bleiben. Ausschlaggebend seien hierfür insbesondere finanzielle Gründe (86 Prozent). Bei den Möglichkeiten, wie Unternehmen pflegende Angehörige am besten bei der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege unterstützen können, wurden durchgehend Maßnahmen zur flexiblen Gestaltung der Erwerbstätigkeit genannt. Am häufigsten wurden flexible Arbeitszeitmodelle (88 Prozent), Home Office (75 Prozent) und individuelle Absprachen (69 Prozent) gefordert.

Hintergrundinformationen zum Gesetz

Für die Organisation und Übernahme der Pflege eines Angehörigen, sieht das Gesetz ab 1. Januar 2015 folgende Möglichkeiten vor:

Kurzfristige 10-tägige Freistellung mit Lohnersatzleistung: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf eine kurzfristige, maximal 10-tägige Freistellung für die Organisation einer akut eingetretenen Pflegesituation eines nahen Angehörigen. Sie erhalten in dieser Auszeit mit dem Pflegeunterstützungsgeld eine Lohnersatzleistung in Höhe der Leistung des Kinderkrankengeldes, das von der sozialen Pflegeversicherung getragen wird. Als Bruttoleistung werden bis zu 90 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts bezahlt.

Pflegezeit als Rechtsanspruch mit zinslosem Darlehen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen Rechtsanspruch auf maximal 6 Monate unbezahlte volle oder teilweise Freistellung von der Arbeit, um sich um einen pflegebedürftigen Angehörigen zu kümmern. Zur besseren Absicherung des Lebensunterhalts in dieser Phase haben sie einen Anspruch auf ein zinsloses, monatsweise ausgezahltes Darlehen, das sie nach Ende der Pflegezeit in Raten zurückzahlen müssen.

Familienpflegezeit als Rechtsanspruch mit zinslosem Darlehen: Beschäftigte haben einen Rechtsanspruch auf eine teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Dabei muss eine Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich eingehalten werden. Zur besseren Absicherung des Lebensunterhalts während der reduzierten Arbeitszeit haben sie einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen, das sie nach Ende der Familienpflegezeit schrittweise zurückzahlen müssen.

Kombination aus Pflegezeit und Familienpflegezeit: Die Pflegezeit und die Familienpflegezeit können miteinander verzahnt werden und auch ineinander übergehen. Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate. Zieht sich die Pflege länger als 24 Monate hin, können mehrere Angehörige die Pflegezeit oder Familienpflegezeit nehmen - nacheinander oder parallel.

Begleitung in der letzten Lebensphase: Angehörige haben einen Rechtsanspruch darauf, in der letzten Lebensphase des pflegebedürftigen Familienmitglieds drei Monate lang weniger zu arbeiten oder auch ganz auszusetzen. Sie können so für ihre Angehörigen auf ihrem letzten Weg da sein. Auch sie haben einen Anspruch auf das zinslose Darlehen.

Quelle: Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ots)

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