Zeitung: Bau neuer Stromautobahnen könnte zu mehr Enteignungen führen
Archivmeldung vom 10.02.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Bau neuer Stromautobahnen für die Energiewende könnte die Zahl der Enteignungen hochtreiben. In den nächsten Jahren wollen die Betreiber von Hochspannungsnetzen 2800 Kilometer neue Stromautobahnen flächendeckend durch Deutschland ziehen und weitere 2900 Kilometer aufrüsten, berichtet die "Welt am Sonntag". "Das ist eine ganz andere Dimension des Infrastruktur-Ausbaus, als wir es bisher kennen", sagte der Berliner Anwalt Peter Durinke der Zeitung.
Durinke ist Mitautor eines renommierten Kommentars zum Netzausbau-Beschleunigungsgesetz - der Rechtsgrundlage für mehr Tempo im Leitungsbau. Bisher seien Enteignungen die Ausnahme, auch bei Großprojekten. Viele Anwohner sperren sich gegen den Leitungsausbau. Die Präsentation konkreter Pläne für neue Hochspannungsleitungen sorgt bei den betroffenen Gemeinden für erhebliche Aufregung. "Empörung ist zu harmlos, das ist schon an der Grenze zur Militanz", sagte Helmut Himmler, Bürgermeister der oberpfälzischen Gemeinde Berg, dem Blatt.
Der Versorger Amprion plant hier den Bau einer neuen Stromautobahn. Die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW hatten diese Woche mit SuedLink, einer 800 Kilometer lange Hochspannungsleitung zwischen Schleswig-Holstein und Bayern, das bisher größte Projekt vorgestellt. Tennet versicherte gegenüber der Zeitung, größten Wert auf einvernehmliche Einigungen mit den Grundstückseigentümern zu legen. Nach Artikel 14 des Grundgesetzes ist das Eigentum garantiert, doch legt das Grundgesetzt auch fest, dass Eigentum zum Dienst am Allgemeinwohl verpflichtet. Enteignungen sind damit gegen eine Entschädigung in Geld möglich.
Gabriel lässt Kreditfonds zur Finanzierung der Energiewende prüfen
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lässt derzeit "ergebnisoffen prüfen", ob sich die Kosten der Energiewende aus einem staatlichen Kreditfonds finanzieren ließen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Zahlreiche grüne und sozialdemokratische Politiker sollen sich demnach mittlerweile für diese Lösung aussprechen, die schon einmal von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) in die Diskussion gebracht worden war. Das Geld der Anleger soll dafür verwendet werden, den Ökostrom-Zuschuss von derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde zu verringern.
Die Initiative geht den Angaben zufolge diesmal von Nordrhein-Westfalen aus. Der Düsseldorfer Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) wolle mit einem steuerbasierten Fonds "die Generationen- und Verteilungsgerechtigkeit" der Energiewendekosten "entscheidend verbessern, wenn nicht sogar herstellen". Unterstützt werde er dabei vom grünen Koalitionspartner. Es gehe darum, so NRW-Umweltminister Johannes Remmel, Technologien für Stromspeicher oder intelligente Netze über einen privat aufgelegten Fonds für die Zukunft zu finanzieren.
Das Konzept soll derzeit auch bei SPD-Abgeordneten im Bundestag an Sympathien gewinnen. "Wer kurzfristig die EEG-Umlage senken möchte", so SPD-Energieexpertin Nina Scheer, "wird an einem Fonds für die früheren Technologie-Kosten nicht vorbeikommen."
Streit um Stromtrasse: Al-Wazir erwägt Erdkabel
Im Streit über die geplante Stromtrasse durch Deutschland hat der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die Kabel teilweise unter der Erde zu verlegen statt als Freileitungen. "Da, wo es technisch möglich und ökonomisch vertretbar ist, bin ich dafür, das zu prüfen", sagte Al-Wazir im Interview der "Frankfurter Rundschau".
"Wir wollen, dass sowohl Belange des Naturschutzes als auch Belange von Anwohnerinnen und Anwohnern berücksichtigt werden", betonte der hessische Minister. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte die Notwendigkeit der Trasse in Frage gestellt und einen vorläufigen Planungsstopp ins Gespräch gebracht. Der hessische Grünen-Politiker Al-Wazir widersprach. "Ich halte die Grundentscheidung für die Trasse für richtig, weil wir mehr Vernetzung brauchen", sagte er der Zeitung.
DIHK-Präsident: Industrie bei EEG-Reform nicht über Gebühr belasten
DIHK-Präsident Eric Schweitzer hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufgefordert, bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Industrie nicht über Gebühr zu belasten. Dass Gabriel künftig die Eigenstromproduktion von Unternehmen zum Teil mit der EG-Umlage belasten wolle, sei ein eklatanter Vertrauensbruch, sagte Schweitzer dem "Handelsblatt": "Tausende von Unternehmen erzeugen und verbrauchen inzwischen ihren eigenen Strom. Das hat die Politik jahrelang propagiert und gefördert", so Schweitzer. "Jetzt will sie abkassieren. Das ist ein Unding", kritisierte der DIHK-Präsident.
Die Reform bedeute für die betroffenen Betriebe allein in diesem Jahr eine Belastung von bis zu 500 Millionen Euro. In den nächsten Jahren werde es noch teurer, sagte Schweitzer. Besonders kritisiert der Verbandschef, dass bei bestehenden Anlagen die Befreiung von der EEG-Umlage auf dem Stand von 2013 eingefroren bleibt. "Die Betreiber würden also künftig jede Erhöhung der EEG-Umlage voll mittragen müssen. Das ist eine Abkehr von dem bisherigen Prinzip, in Bestandszusagen nicht einzugreifen. Das finde ich höchst bedenklich, selbst wenn es sich als verfassungsrechtlich haltbar erweisen sollte."
Schweitzer sieht die Gefahr, dass mit der Reform der Markt für Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) - also Anlagen, die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen - "praktisch tot ist. Wir hören aus dieser mittelständisch geprägten Branche, dass es keine Aufträge mehr gibt. Damit ist absehbar, dass Innovation, Wertschöpfung und Arbeitsplätze verloren gehen." Am Dienstag wird Gabriel bei einem Spitzentreffen mit Wirtschaftsvertretern über die EEG-Reform beraten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur