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Ökonomen streiten über Verkauf der deutschen Goldreserven

Archivmeldung vom 16.01.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.01.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Goldlager der Federal Reserve Bank von New York
Goldlager der Federal Reserve Bank von New York

Lizenz: Public domain
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Das Vorhaben der Bundesbank, einen größeren Anteil ihrer Goldreserven künftig in Deutschland zu lagern, spaltet die Ökonomen-Zunft. Während der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, von einer überflüssigen Aktion spricht und dafür plädiert, einen Teil der Goldbestände zu verkaufen, warnt Thorsten Polleit, Honorarprofessor an der Frankfurt School of Finance und Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel, vor einem solchen Schritt.

Horn wertet das neue Lagerstellenkonzept der Bundesbank für die deutschen Goldreserven als eine Konzession der Notenbank an die "Panikmache" der vergangenen Monate. "Diese Aktion ist überflüssig und dürfte erhebliche Kosten ohne jedweden Nutzen verursachen", sagte der IMK-Chef "Handelsblatt-Online".

Dies gelte umso mehr als die Goldreserven in dieser Höhe ohnehin überflüssig seien, solange niemand plane, zum Goldstandard zurückzukehren. Dessen Schädlichkeit sei seit der Depression in den dreißiger Jahren erwiesen. "Daher wäre es sinnvoll, die Goldreserven insbesondere in Zeiten schwacher Konjunktur abzubauen", sagte Horn. "Die Erträge aus diesen Verkäufen könnten für Ausgaben benutzt werden, die die Konjunktur stimulieren, ohne die Staatsverschuldung zu erhöhen." Dies sei insbesondere in Zeiten der Schuldenbremse von Bedeutung. "Dabei ist es im Übrigen unerheblich, wo die zu verkaufenden Goldreserven physisch lagern", betonte Horn.

Ökonom Polleit kritisierte die Forderung eines Goldverkaufs als kurzsichtig. Sie entspringe wohl "einem geradezu naiven Vertrauen in den Fortbestand des heute verbreiteten ungedeckten Papiergeldes", sagte er "Handelsblatt-Online". Wenn die Bundesbank an ihren 3.400 Tonnen Gold festhalte, sei die Chance hingegen groß, "dass uns eine Katastrophe wie 1923, als die Reichsmark komplett zerstört wurde, erspart bleibt".

Damals habe die Reichsbank kein Gold mehr besessen, und sie habe somit keinen Vertrauensanker für das Papiergeld mehr gehabt. Bei einem Gold-Erhalt hätten die Deutschen zudem "weiterhin den weltweit zweitgrößten Goldbestand pro Einwohner nach der Schweiz – auch eine wichtige Rückversicherung", gab Polleit zu bedenken. Die Bundesbank handle daher "weitsichtig, wenn sie das Gold –- das ultimative Zahlungsmittel –- nicht abgibt".

Ein Goldverkauf würde nach Polleits Einschätzung auch aus anderen Gründen keinen Nutzen bringen. "Die Erträge, die sich durch einen Verkauf des Bundesbankgoldes realisieren lassen, sind relativ gering", sagte er. Der Gewinn fiele nicht in Höhe des Marktwertes des Bundesbankgoldes von derzeit 140 Milliarden Euro an. Er wäre vielmehr auf den Buchgewinn beschränkt, der nur 111 Milliarden Euro betragen dürfte. Das entspräche nur etwa fünf Prozent der gesamten deutschen Staatsverschuldung.

Zudem sei es "wahrscheinlich, dass der Wert des Goldes in den kommenden Jahren noch stark steigen wird", sagte Polleit weiter. Vor allem deshalb, weil die großen Zentralbanken der Welt dabei seien, eine Inflationspolitik auf den Weg zu bringen.

Als weiteres Argument gegen einen Gold-Verkauf führte Polleit an, dass das Gold der Bundesbank wie auch das der anderen Zentralbanken im Euro-Raum die "Deckungsmasse" und gleichzeitig auch "Versicherung" für die ausstehende Euro-Geldmenge sei. "Denn kommt es einmal zu einer wirklich ernsten Vertrauenskrise in das ungedeckte Euro-Papiergeld, so werden allein die Goldreserven die Geldhalter vor einem Totalverlust bewahren", sagte der Ökonom.

Koalitionspolitiker uneins über Bundesbank-Gold

In der schwarz-gelben Koalition ist eine Debatte über die Goldreserven der Bundesbank entbrannt. Hintergrund ist ein Bericht des "Handelsblatts", wonach die Notenbank ihre Goldbestände bei der französischen Zentralbank auflöst und auch einen Teil der Bestände bei der US-Notenbank Federal Reserve nach Deutschland verlagern will.

Der FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler forderte eine Rückführung aller Goldbarren nach Deutschland, der CDU-Haushälter Klaus-Peter Willsch verteidigte dagegen die bisherige teilweise Lagerung des Goldes im Ausland. Er plädierte zudem für einen weiteren Standort in Asien. "Die Schritte der Bundesbank reichen nicht aus", sagte Schäffler "Handelsblatt-Online". Heute wisse man nicht einmal, ob die Barren überhaupt vorhanden oder ob sie echt seien, weil seit Jahrzehnten keine Inventur stattgefunden habe.

"Jeder Kaufmann würde ausgelacht, wenn er seinen Warenbestand am Ende des Jahres jährlich fortschreiben würde, aber das Warenlager noch nie von innen gesehen hätte", sagte Schäffler, der auch Erstunterzeichner der Initiative "Holt unser Gold heim" ist. Deren Kernforderungen sind eine unabhängige Prüfung des tatsächlichen Bestands der Goldreserven an allen Lagerorten sowie die "zeitnahe Rückführung" des im Ausland gelagerten Goldes nach Deutschland, um die "Option der (Teil-) Deckung einer künftigen neuen Währung zu erhalten".

Der Haushaltsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Willsch, begrüßte es, dass die Bundesbank ihr historisch überkommenes Lagerkonzept revidieren wolle. "Die Goldreserven gehören dem deutschen Volk und dienen dazu, in Krisenfällen der eigenen Währung die Zahlungsfähigkeit Deutschlands sicherzustellen", sagte Willsch. Daher seien Lagerstätten im befreundeten Ausland durchaus angebracht.

Paris mache nach Einführung der gemeinsamen Währung als Standort innerhalb der Euro-Zone keinen Sinn mehr, so Willsch. "Die Bundesbank sollte meines Erachtens erwägen, neben London und New York aus Gründen der Risikostreuung einen weiteren Standort im asiatischen Raum auszuwählen."

Den Einsatz der deutschen Goldreserven zur fiskalpolitischen Stimulierung lehnt Willsch ab. Die Bundesbank sei alleine zur Wahrung der Preiswertstabilität verpflichtet, betonte der CDU-Politiker. Dies begründe ihre Unabhängigkeit. Anders sei die Situation in den Euro-Staaten der Peripherie, die nicht mehr in der Lage sein, selbstständig ihren Schuldendienst zu bewältigen und daher um Unterstützung durch andere Staaten nachsuchten. "Von diesen Ländern ist durchaus zu erwarten, dass sie zunächst ihre Vermögenswerte, also auch das Zentralbankgold, einsetzen, um durch Schuldenabbau ein tragfähiges Niveau zu erreichen", sagte Willsch.

Bundesbank: Gold aus Ausland kommt nach Deutschland

Die Bundesbank hat angekündigt, fast 700 Tonnen deutsches Gold aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. "Wir werden in diesem Jahr beginnen und spätestens im Jahr 2020 enden", kündigte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele am Mittwoch in Frankfurt an. "Wir wollen weiter Vertrauen schaffen."

Das Ziel der Bundesbank sei es, die Hälfte der deutschen Goldreserven in eigenen Tresoren in Deutschland aufzubewahren. Die deutschen Goldreserven, die derzeit im Ausland lagern, haben einen Wert von circa 27 Milliarden Euro. In der Bundesrepublik hatte es zuletzt im Herbst 2012 eine öffentliche Debatte über die Sicherheit des deutschen Goldes im Ausland gegeben.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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