Firmeninsolvenzen 1. Quartal 2012: Insolvenzzahlen tendieren Richtung Vorkrisenniveau - aber mehr Jungunternehmen melden Insolvenz an
Archivmeldung vom 31.05.2012
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Zahl der Unternehmensinsolvenzen sinkt im 1. Quartal 2012 gegenüber dem Referenzquartal des Vorjahres um 0,2 Prozent auf 7.405 Fälle. Die aktuelle Studie "Firmeninsolvenzen 1. Quartal 2012" der Hamburger Wirtschaftsauskunftei Bürgel geht für das Gesamtjahr 2012 von 29.000 bis 30.000 zahlungsunfähigen Unternehmen in Deutschland aus.
"Bezogen auf die Firmeninsolvenzzahlen wäre damit das Vorkrisenniveau erreicht", kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen. Da sich die Deutsche Konjunktur trotz der europäischen Schuldenkrise im Aufwind befindet, gehen die führenden Wirtschaftsinstitute im Jahr 2012 von einer Zunahme des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,9 Prozent aus. Diesen Optimismus bremst auch nicht die ungelöste Schulden- und Vertrauenskrise im Euroraum, obwohl sie die Wirtschaft in Deutschland nach wie vor bedroht. Bürgel rechnet damit, dass sich der Rückgang bei den Firmeninsolvenzen auch 2012 fortsetzen wird - um minus ein bis minus vier Prozent.
Besonders von Insolvenz bedroht sind laut Bürgel Untersuchung derzeit so genannte Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) - eine GmbH-Rechtsform mit geringerem Stammkapital - sowie Jungunternehmen: Die Insolvenzstatistik bei den UG (haftungsbeschränkt) steigt um 82,5 Prozent auf 396 Fälle.
Zudem müssen neugegründete Firmen, die nicht älter als zwei Jahre sind, statistisch häufiger zum Insolvenzgericht als etablierte Unternehmen. Im Vergleich zum 1. Quartal 2011 steigt die Zahl der Insolvenzen in dieser Altersgruppe um vier Prozent auf 1.957 Fälle. Insgesamt gehen im Untersuchungszeitraum 26,4 Prozent aller Firmeninsolvenzen auf das Konto von Jungunternehmen. "Ein dynamisches Gründungsgeschehen ist für Deutschland zwar von hoher Bedeutung. Dieses fordert aber auch Opfer, wie die steigenden Insolvenzzahlen bei den jungen Unternehmen belegen", kommentiert Dr. Sellin. In der Startphase sorgt vor allem eine fehlende Kapitalausstattung für Finanzierungsschwierigkeiten. Auch scheitern Neugründungen häufig an nicht marktgerechten Geschäftsideen. Zudem machen ihnen insbesondere Marktveränderungen, strategische Fehlentscheidungen und fehlende interne unternehmerische Kompetenz zu schaffen.
Vergleicht man die absoluten Fallzahlen pro Bundesland, dann führt mit den meisten Firmeninsolvenzen im 1. Quartal 2012 Nordrhein-Westfalen (1.913 Pleiten). Relativ betrachtet weisen Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen, beide mit 30 Fällen je 10.000 Firmen, die höchste Insolvenzquote auf - gefolgt von Schleswig-Holstein (29). Während der Bundesdurchschnitt bei 24 Pleiten je 10.000 Firmen rangiert, schlagen sich Bayern (17), Baden-Württemberg (19) und Brandenburg (20) am besten. In 12 von 16 Bundesländern sinken die Insolvenzwerte im 1. Quartal 2012. Hier schneidet Bremen (minus 31,6 Prozent) vor Sachsen-Anhalt (minus 30 Prozent) und Brandenburg (minus 27 Prozent) am besten ab. Unterdessen müssen vor allem Nordrhein-Westfalen (plus 25,3 Prozent), Bayern (plus 7,2 Prozent) und Baden-Württemberg (plus 6,3 Prozent) wachsende Fallzahlen verkraften.
Den größten Anteil von 44,3 Prozent an den Firmeninsolvenzen nach Rechtsform halten die Gewerbetreibenden und Einzelunternehmen mit 3.281 Fällen. Auch zahlreiche GmbHs mit einem Anteil von 35,2 Prozent mussten zum Insolvenzrichter. Während die Insolvenzquote bei den Neugründungen steigt, sinkt der Anteil bei den Firmen mit mindestens 50 Jahren Marktaktivität gegenüber dem 1. Quartal 2011 um 19,2 auf 2,2 Prozent.
Die wichtigsten Ursachen für Firmeninsolvenzen sind erstens das Ausbleiben neuer oder die Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Zweitens sorgen Dominoeffekte dafür, dass zahlungsunfähige Firmen weitere Unternehmen mit in die Pleite ziehen. Drittens erhöhen oft innerbetriebliche Fehler, etwa im Management, sowie fehlendes Eigenkapital das Insolvenzrisiko.
Quelle: BÜRGEL Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG (ots)