Swiss Steel plant Einschnitte in Produktion
Der Schweizer Stahlhersteller Swiss Steel reagiert auf die schwierige Lage in wichtigen Märkten wie Deutschland und plant Einschnitte in der Produktion. "Wir sind in einer Strukturkrise, aus der uns die Politik in Europa kurzfristig nicht heraushelfen wird", sagte der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Frank Koch, der FAZ.
"Deshalb müssen wir reagieren und zusätzlich zu den bereits ergriffenen
Maßnahmen unsere Fixkosten senken. Wir schließen keine Werke, aber wir
werden einen Teil unserer Produktionskapazitäten abbauen." Zum konkreten
Umfang der Kürzungen und der Frage, was diese für die Mitarbeiter
bedeuten, wollte sich Koch nicht äußern. Swiss Steel, das früher als
Schmolz + Bickenbach firmierte, beschäftigt aktuell rund 7.500
Mitarbeiter. In Deutschland unterhält der Konzern über die
Tochtergesellschaft Deutsche Edelstahlwerke AG Standorte in Witten,
Siegen, Krefeld und Hagen.
Swiss Steel schwebe nicht in
Insolvenzgefahr, sagte Koch mit Blick auf entsprechende Spekulationen in
der Schweizer Presse. "Es ist fahrlässig bis gefährlich, solche
Gerüchte durch die Medien zu treiben. Das verunsichert unsere
Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten. Wir sind jetzt seit einer Woche
dran, alle wieder zu beruhigen und zu erklären, dass das, was
geschrieben wurde, so nicht stimmt", sagte Koch der FAZ.
Zu den
Spekulationen, wonach Swiss Steel infolge wachsender Verluste im
Frühjahr 2025 möglicherweise nicht mehr in der Lage sein könnte, die
Kreditbedingungen zu erfüllen, sagte Koch, dass er sich wegen der
Börsennotierung nicht zu den aktuellen Zahlen äußern dürfe. Nur so viel:
"Wir arbeiten sehr eng und konstruktiv mit unseren Banken zusammen."
Die weitere Entwicklung hänge von vielen auch externen Faktoren ab.
"Keiner weiß, was in zwölf Monaten ist. Aber das gilt für die gesamte
Branche."
Koch beschönigte die Lage nicht: "Wir sind in einem
perfekten Sturm." Der wichtigste Kunde des auf hochwertige Edelstähle
spezialisierten Konzerns ist ausgerechnet die derzeit stark darbende
Autozulieferindustrie. Auf sie entfällt rund die Hälfte des Umsatzes,
der im ersten Halbjahr 2024 um gut ein Viertel auf 1,4 Milliarden
eingebrochen ist. "Über die vergangenen drei Jahre haben sich unsere
Strompreise einschließlich der Netzentgelte vervielfacht", klagte Koch.
Die Entgelte für die Netznutzung in Deutschland seien in diesem Jahr
gleichsam über Nacht um 90 Prozent gestiegen. "Da reden wir von
Zusatzkosten in zweistelliger Millionenhöhe. Das können wir nicht an die
Kunden weitergeben."
Mit Blick auf den Industriegipfel mit
Bundeskanzler Olaf Scholz, der an diesem Dienstag in Berlin stattfindet,
sagte Koch: "Ich wünsche mir Planungssicherheit, wettbewerbsfähige
Strompreise und verlässliche Netzkosten wenigstens auf dem Niveau, das
wir noch im vergangenen Jahr hatten." Außerdem spricht sich Koch dafür
aus, die Autoindustrie mit Kaufprämien für Elektrofahrzeuge zu stützen.
Für
den Wechsel von fossilen zu grünen Energieträgern in der
Stahlproduktion brauche es verlässliche Vorgaben. "Ich baue nicht auf
Strom um, wenn ich nicht weiß, in welche Richtung sich der Strompreis
entwickelt." Dass Milliarden an Fördergeldern in die Umstellung der
Stahlproduktion auf klimaneutralen Wasserstoff fließen, sieht Koch
kritisch: "Da wird jetzt viel Geld in eine Technologie gesteckt, für die
man grünen, also mit regenerativ erzeugtem Strom produzierten
Wasserstoff braucht. Und den in Deutschland zu erzeugen, das ist wie
Ananas in Alaska züchten."
Wie andere Unternehmen auch richtet
Koch seinen Blick zunehmend in Richtung USA: "Aufträge, die wir in
Europa und Deutschland nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Kosten
abarbeiten können, geben wir nach Amerika." Das liege nicht nur an den
30 Prozent niedrigeren Kosten im Vergleich zu Europa, sondern auch an
dem guten Investitionsklima und der Planungssicherheit. Nicht von
ungefähr hat Koch den ursprünglichen Plan, die US-Tochtergesellschaft
Finkl zu verkaufen, inzwischen zu den Akten gelegt. Denn: "Wir sind in
Amerika profitabel."
Quelle: dts Nachrichtenagentur