Unternehmensgründungen in Deutschland - Ende des Höhenflugs
Archivmeldung vom 19.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Anzahl der Unternehmensgründungen in Deutschland ging im Jahr 2005 stark zurück: Sie sank im Vergleich zum Vorjahr um etwa 8 Prozent. Besonders groß war der Rückgang im Handel und im produzierenden Gewerbe. Bei unternehmensnahen Dienstleistungen war die Abnahme der Gründungen etwas geringer, lag aber immer noch recht hoch.
Bei den konsumorientierten Dienstleistungen war der Rückgang mit minus 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr am geringsten. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Gründungsreport, den das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, halbjährlich erstellt.
Die jetzt vorliegenden Zahlen belegen einen ersten deutlichen Rückgang, nachdem in den Jahren 2003 und 2004 die Anzahl der Unternehmensgründungen zwei Mal in Folge kräftig gestiegen war. Die Gründungstätigkeit ließ in Ostdeutschland mit minus 17 Prozent mehr als dreimal so stark nach wie in Westdeutschland mit minus 5 Prozent. Die Gründungsintensität (Anzahl der Gründungen je 10.000 Erwerbsfähigen) erreichte im Jahr 2005 einen Wert von 48,4 im Vergleich zu 52,5 im Vorjahr. Dies entspricht rund 252.000 neu gegründeten wirtschaftsaktiven Unternehmen im Jahr 2005.
Der Rückgang bei den Unternehmensgründungen im Jahr 2005 wurde ebenso wie die deutliche Zunahme bei den Gründungen in den Jahren 2003 und 2004 durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beeinflusst. Die Einführung des Existenzgründungszuschusses für Arbeitslose (so genannte "Ich-AG"-Zuschuss) zum 1. Januar 2003 war zu einem großen Teil mitverantwortlich für den starken Anstieg der Anzahl der Unternehmensgründungen in den folgenden zwei Jahren. Bereits zum Ende des Jahres 2004 wurde die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Zuschusses eingeschränkt. So wurde die Aufstellung eines Business-Plans, der genehmigt werden musste, Zugangsvoraussetzung. Auch der Kreis der Zuschussberechtigten wurde verkleinert. Diese Maßnahmen führten dazu, dass im Jahr 2005 im Vergleich zu 2004 annähernd 50 Prozent weniger Personen die Förderung erhielten - was allerdings immer noch mehr als 90.000 Personen entspricht.
Eine nähere Betrachtung des Rückgangs der Unternehmensgründungen im Jahr 2005 zeigt, dass davon alle Hauptbranchen betroffen sind. Im Handel, im produzierenden Gewerbe und bei unternehmensnahen Dienstleistungen war die Gründungstätigkeit deutlich rückläufig - und zwar in Ost- wie in Westdeutschland. Einzig bei den konsumorientierten Dienstleistungen blieb die Anzahl neu gegründeter Unternehmen in Westdeutschland in etwa gleich, während sie in Ostdeutschland starke abgenommen hat. Insgesamt war der Rückgang bei der Gründungstätigkeit im Osten Deutschlands mehr als dreimal so stark wie in Westdeutschland.
Im Handel hat die Anzahl der Gründungen am stärksten abgenommen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden dort im Jahr 2005 um 11 Prozent weniger Firmen gegründet. Innerhalb des Handels gab es den stärksten Rückgang im Facheinzelhandel mit Nahrungsmitteln und bei Handelsvermittlungen. Aber auch im sonstigen Einzelhandel gab es Sektoren, in denen erheblich weniger neue Läden eröffnet wurden als noch im Vorjahr. Dazu zählen insbesondere der Textilhandel, der Einzelhandel mit Blumen und der Facheinzelhandel für Fotoerzeugnisse und Computer.
Im produzierenden Gewerbe war der Rückgang mit etwa 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr etwas geringer als im Handel. Allerdings ist hier der Unterschied zwischen der Entwicklung in West- (minus 6 Prozent) und Ostdeutschland (minus 21 Prozent) besonders groß. Das Gründungsgeschehen im produzierenden Gewerbe wird maßgeblich von der Entwicklung im Baugewerbe bestimmt, auf das drei Viertel der Gründungen in diesem Wirtschaftszweig entfallen. Im Baugewerbe gab es Rückgänge von 10 Prozent (Westdeutschland) und 25 Prozent (Ostdeutschland). Eine sehr dynamische Entwicklung zeigt sich im nach absoluten Zahlen kleinsten Sektor des produzierenden Gewerbes, nämlich bei der Energieerzeugung. Dort verdoppelte sich die Anzahl der Unternehmensgründungen seit 2003 auf nunmehr rund 1.800. Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass immer mehr Unternehmer in der Biogaserzeugung gewerblich tätig werden.
Bei den unternehmensnahen Dienstleistungen wurden im Vergleich zum Vorjahr 6 Prozent weniger Firmen gegründet. Besonders stark war der Rückgang bei technologieorientierten Sektoren wie Softwareerstellung, Datenverarbeitungsdienste oder Servicedienste für Büromaschinen. Dagegen nahm die Gründungstätigkeit bei Unternehmensberatungen gegen den Trend zu (plus 6 Prozent). Nach dem Zuwachs von 2003 auf 2004 stieg damit bei ihnen die Anzahl der Gründungen 2005 abermals. Mit einem Zuwachs von 15 Prozent nahm die Anzahl neuer Architektur- und Ingenieurbüros noch deutlicher zu.
Bei den konsumnahen Dienstleistungen war der Rückgang des Gründungsaufkommens 2005 im Vergleich zu 2004 am geringsten. Während sich hier die Anzahl der Gründungen in Westdeutschland mit minus 2 Prozent nur wenig verringerte, ging sie in Ostdeutschland um 13 Prozent zurück. Im Vergleich zum Vorjahr erheblich weniger gegründet wurde im Gastgewerbe. Aber auch bei anderen Dienstleistungsunternehmen wie etwa bei Frisörgeschäften war die Zurückhaltung groß. Allerdings gab es auch Steigerungen gegen den Trend. So nahm die Anzahl der Gründungen in der Wohnungswirtschaft stark zu.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.