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PwC: Euro-Ausstieg ist keine Option

Archivmeldung vom 27.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
Bild: Thommy Weiss / pixelio.de

Um den Zerfall der Eurozone und die damit einhergehenden tiefen politischen und ökonomischen Verwerfungen zu vermeiden, muss der eingeschlagene Konsolidierungskurs beibehalten und durch den Aufbau einer europäischen Fiskalunion abgesichert werden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Szenarioanalyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in Kooperation mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI).

"Die europäische Staatsschuldenkrise hält Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seit nunmehr fast drei Jahren fest im Griff. Weil überzeugende Lösungen nicht in Sicht sind, wachsen Verunsicherung und Unzufriedenheit bei Unternehmen und Bürgern. Mit unserer Studie wollen wir auf Basis unterschiedlicher Entwicklungsszenarien vor allem die Implikationen für Unternehmen aufzeigen. So werden konkrete Handlungsoptionen und -notwendigkeiten sichtbar", kommentiert Norbert Winkeljohann, Sprecher des Vorstands von PwC Deutschland.

Die Studie analysiert die Eintrittsvoraussetzungen und Konsequenzen von vier Szenarien, die die Diskussion um die Euro-Schuldenkrise bestimmen. Konkret handelt es dabei um eine Stabilisierung der Währungsunion mit Rückkehr zu den Maastricht-Kriterien, die Ausgabe von Eurobonds ohne verstärkte politische Integration, das Entstehen eines europäischen Staatenbundes mit einheitlicher Wirtschafts- und Fiskalpolitik und schließlich die Abwicklung der Währungsunion.

"Szenarien sind keine Prognosen, sondern denkbare, in sich konsistente Entwicklungspfade. Die Szenarioanalyse gibt damit eine Entscheidungshilfe: Sie zeigt, welche Möglichkeiten zum Umsteuern bestehen und welche Konsequenzen sich für Staat und Wirtschaft ergeben", betont Thomas Straubhaar, Direktor und Geschäftsführer des HWWI.

Teil-Währungsunion ist unrealistisch

Der Austritt bzw. Ausschluss eines Staates oder einer Staatengruppe aus der Währungsunion wäre zweifellos der Anfang vom Ende der gesamten Eurozone, so die Studie. Würde beispielsweise Griechenland die Eurozone verlassen und die Drachme wieder einführen, wäre eine massive Abwertung der Landeswährung die Folge. Die Schulden von Staat und Banken könnten nicht mehr bedient werden, so dass es zu massiven Ausfällen für die Gläubiger käme. Eine neuerliche Bankenkrise wäre wahrscheinlich, die diesmal - im Gegensatz zur Lehman-Krise - kaum durch staatliche Notkredite und Beteiligungen eingedämmt werden könnte.

Deutschland wäre als Exportland von dieser Entwicklung besonders stark betroffen. So würden die D-Mark oder auch ein Kern-Euro kräftig aufwerten und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter wäre beeinträchtigt. Zudem dürfte die Nachfrage aus dem Ausland auf ein niedrigeres Niveau zurückfallen, zumal in den Krisenländern Wirtschaftseinbrüche wahrscheinlich sind und diese nach einer Währungsumstellung nur eingeschränkt über Devisen verfügen. Eine tiefe und lange andauernde Rezession, die nicht auf Europa beschränkt bliebe, wäre die Folge.

Nur der Fiskalpakt führt zurück nach Maastricht

Angesichts der dargestellten gravierenden ökonomischen Konsequenzen ist der Erhalt der Währungsunion zweifellos die bessere Alternative - auch wenn die Konsolidierung der Staatshaushalte das Wachstum in Europa absehbar verlangsamt und auch längere rezessive Phasen zu erwarten sind.

Im Szenario einer Rückkehr nach Maastricht halten die Euro-Staaten die vertraglich vereinbarten Defizitquoten wieder ein. Die Finanzmärkte gewinnen das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit aller Mitgliedstaaten zurück und der Euro bleibt stabil. Die Rückführung der Staatdefizite setzt allerdings einen harten Konsolidierungskurs voraus. Mit der Vereinbarung des Fiskalpakts ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung getan. Der Pakt bekräftigt die Maastricht-Regeln und umfasst Ansätze für verschärfte Verschuldungsregeln und Sanktionsmechanismen. Nun muss der Fiskalpakt allerdings noch in allen Unterzeichnerstaaten in nationales Recht überführt werden.

Denkbar ist zudem, dass ein Erfolg des Fiskalpakts den Anstoß für eine weitergehende Integration der Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt. Dieses Szenario ist nicht auszuschließen, dürfte aber angesichts der erheblichen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Unterschiede selbst zwischen benachbarten europäischen Staaten in weiter Ferne liegen.

Eurobonds allein können Zerfall nicht stoppen

Um den Euro-Krisenstaaten die Refinanzierung zu erleichtern, wird auch die Ausgabe von Eurobonds diskutiert. Diese dürfte ohne eine europaweit abgestimmte Konsolidierungspolitik, so das Fazit der Studie von PwC und HWWI, die Lage allenfalls kurzfristig stabilisieren. Denn die Vergemeinschaftung der Schulden würde ein doppeltes Moral-Hazard-Problem schaffen: Staaten könnten sich zulasten anderer Mitgliedsländer übermäßig verschulden, während die Banken im Vertrauen auf die Absicherung bereitwillig Staatskredite in fast unbeschränkter Höhe geben würden. Im Endeffekt dürften die Staatsdefizite sogar schneller steigen als bisher, bis die Schulden ein Niveau erreichen, auf dem sie nicht mehr bedient werden können. In diesem Stadium wäre ein Zerfall der Währungsunion wohl unausweichlich.

Handlungsoptionen für Unternehmen

Doch wie sollen sich Unternehmer in Deutschland angesichts dieser ungewissen Entwicklungen positionieren? Im - aus heutiger Sicht - eher wahrscheinlichen Fall eines Erhalts der Währungsunion müssen sich Unternehmen auf eine längere Stagnation der europäischen Wirtschaft einstellen. Wachstum dürfte vor allem außerhalb der Eurozone zu realisieren sein.

Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, empfiehlt die Studie deutschen Unternehmen eine verstärkte Beschaffung bzw. Produktion in den Euro-Krisenstaaten zu prüfen. Dort dürfte das Lohnniveau auf absehbare Zeit nur wenig steigen. Auch Beteiligungen und Übernahmen in den Krisenländern sind eine Option. Gleichzeitig sollten sich Unternehmen mittelfristig auf erschwerte Finanzierungsbedingungen vorbereiten. Banken werden wegen der insgesamt hohen wirtschaftlichen Risiken strengere Kreditvergabestandards anlegen.

Auf einen Zerfall der Währungsunion können sich Unternehmen hingegen kaum vorbereiten. Die Studie empfiehlt eine Überprüfung sämtlicher Forderungen und Vertragsbeziehungen in den Ländern, die möglicherweise aus der Eurozone ausscheiden könnten. Auf der Beschaffungsseite besteht hingegen zunächst kein Handlungsbedarf. Eine Produktionsverlagerung in mögliche Austrittsländer wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ, während es für eine Rückverlagerung aus den Krisenstaaten in "sichere" Euroländer keinen Anlass gibt.

Quelle: PwC PriceWaterhouseCoopers (ots)

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