Kampf gegen Geldwäsche: Frühwarnnetz deutscher Kreditinstitute hat noch Lücken
Archivmeldung vom 11.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAb dem 15. Dezember 2007 gelten verschärfte Gesetze im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Europäische Banken müssen ab diesem Stichtag ihre Kunden und Transaktionen noch genauer unter die Lupe nehmen. Gleiches gilt für die von den Instituten und ihren Kunden genutzten Bankprodukte. Deutsche Banken erfüllen bereits einen Großteil der strengeren Vorschriften, die über die 3. EU-Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden.
Beim Aufspüren von Geldwäscherisiken bestehen
allerdings noch einige Lücken. Dazu gehören beispielsweise Defizite
bei der Identitätsprüfung und dem Erkennen von Hochrisikokunden. Das
Einbeziehen von Tochtergesellschaften in die Geldwäscheprävention
können beispielsweise rund 30 Prozent der Institute noch nicht in
vollem Umgang sicherstellen. Das sind die Ergebnisse einer
Marktstudie zur 3. EU-Geldwäscherichtlinie, die Steria Mummert
Consulting unter den Top-Banken in Deutschland durchgeführt hat.
Die EU reagiert mit den strengeren Regeln auf die wachsenden
Missbrauchsmöglichkeiten für Geldwäscher. Im Zuge der Globalisierung
der Finanzmärkte hat sich die Summe des Geldes, das illegal in den
Finanzkreislauf eingeschleust wird, in den vergangenen zehn Jahren
weltweit verdoppelt. Die verschärfte Rechtslage für Banken sieht
unter anderem erhöhte Sorgfaltspflichten bei der Identitätsprüfung
vor. Hierzu gehören auch Verfahren zum Erkennen und Einstufen so
genannter politisch exponierter Personen, die ein erhöhtes Risiko
darstellen. Zudem müssen die Banken eine konzernweite
Gefährdungsanalyse bei ihren Kunden durchführen. Dies bedeutet
beispielsweise die Einteilung der Kunden, Produkte und Transaktionen
in Risikoklassen.
Mit der Umsetzung der Vorgaben sind deutsche Banken
unterschiedlich weit: 88 Prozent der Banken prüfen bei der
Kontoeröffnung unter anderem das Herkunftsland des Kunden. 81 Prozent
teilen die Kontoinhaber zudem in bestimmte Risikogruppen ein, und
mehr als drei Viertel informieren sich über die Art der
Geschäftstätigkeit der Neukunden. Teilweise gehen die bestehenden
Maßnahmen zur Identitätsprüfung jedoch noch nicht weit genug. In
wichtigen Punkten weichen die internen Prozesse der Institute stark
von den neuen gesetzlichen Vorgaben ab: 37 Prozent der Banken fragen
nicht nach den Beweggründen der Kontoeröffnung. Nur rund die Hälfte
erkundigt sich nach dem Ort der Geschäftstätigkeit des Kunden und
holt Auskünfte über die Herkunft der Geldmittel ein. Noch weniger, 13
Prozent, klopfen ihren bestehenden Kundenstamm nachträglich auf
Geldwäscherisiken ab. Eine Überprüfung der Geschäftsbeziehungen des
potenziellen Bankkunden, wie es die Geldwäscherichtlinie künftig
vorsieht, findet momentan nur bei 28 Prozent der Kreditinstitute
statt.
Ein besonderes Gefährdungspotenzial stellen so genannte politisch
exponierte Personen (PEPs) dar. Dies sind Personen in öffentlichen
Positionen. Sie stammen in der Regel aus Ländern, in denen Korruption
weit verbreitet ist. Der Grund für die strengeren Kontrollen: Werden
Fälle von Geldwäsche aus diesem Kundenkreis bekannt, kann das Image
der Banken starken Schaden nehmen. Das erhöhte Risikopotenzial der
PEPs haben allerdings noch nicht alle Geldwäschebeauftragten in den
Instituten erkannt. Lediglich die Hälfte der Banken prüft vor der
Aufnahme eines Neukunden, ob es sich um eine politisch exponierte
Person handelt, nur ein Viertel weitet die Überwachung auf bestehende
Kundenbeziehungen aus. Auch die vorhandenen Kontrollmethoden sind
häufig nicht sicher genug. Für das Überwachen von PEPs gleichen 44
Prozent der befragten Institute Kundendaten mit Datenbanken privater
Anbieter ab, beispielsweise World Check oder World Compliance. Jede
zehnte befragte Bank verwendet derartige Listen nur sporadisch. Um
dem Risiko zu begegnen, wird eine einfache Listenprüfung zukünftig
nicht mehr ausreichen. Hier sind strengere Prozesse zum Erkennen von
PEPs notwendig.
Weitere Defizite bestehen bei der konzernweiten
Geldwäscheprävention. Denn Banken müssen gemäß der 3.
EU-Geldwäscherichtlinie sämtliche Maßnahmen zur Abwehr von Geldwäsche
nicht nur im Mutterhaus gewährleisten - die Regelungen gelten auch
für sämtliche Tochtergesellschaften. 29 Prozent der Institute
entsprechen der künftigen Gesetzesvorgabe derzeit noch nicht. Denn in
vielen Fällen wurden die Vorkehrungen zum Erkennen von Geldwäsche
noch nicht in vollem Umfang auf alle Tochterfirmen erstreckt. Bis
Dezember 2007 müssen diese Lücken jedoch geschlossen sein.
Deutlich weiter sind deutsche Banken mit der Umsetzung der
Geldwäscherichtlinie in ihren Auslandsfilialen: In 91 Prozent der
befragten Institute werden die ausländischen Niederlassungen
dezentral mit eigenen Geldwäschebeauftragten organisiert. So können
beispielsweise Schulungen der Mitarbeiter effektiver durchgeführt
werden und lokale Bestimmungen in die Geldwäscheprävention
einfließen. Bereits jetzt haben 82 Prozent der Institute die
Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung in vollem Umfang eingeführt. 18
Prozent sind noch dabei, ihre Sicherheitsvorkehrungen in den
Geschäftsstellen außerhalb der Landesgrenzen umzusetzen.
Das effektive Aufspüren ungewöhnlicher Transaktionen sowie das
Identifizieren insbesondere politisch exponierter Personen können nur
IT-gestützte Lösungen zuverlässig leisten. Dessen ist sich auch ein
Großteil der befragten Geldwäschebeauftragten bewusst. In 78 Prozent
der Banken sind inzwischen Softwarelösungen im Einsatz, die nach
Anhaltspunkten für ungewöhnliches Verhalten bei Zahlungen suchen.
Noch zu selten investieren die Banken allerdings in elektronische
Kontrollsysteme, die Zahlungsströme in Echtzeit überwachen. Nicht
einmal die Hälfte der Institute greift auf derartige Systeme zurück.
Viele Geldwäschebeauftragte in Banken setzen die Kosten und Risiken
einer unzureichenden IT-Unterstützung nicht ins Verhältnis. Der Preis
für IT-gestützte Geldwäscheprävention ist nach wie vor das
Hauptargument gegen entsprechende Investitionen.
Hintergrundinformationen:
Zum Thema 3. EU-Geldwäscherichtlinie führte Steria Mummert Consulting AG im ersten und zweiten Quartal 2007 eine Marktstudie durch, in der die Geldwäschebeauftragten der deutschen Top-Kreditinstitute hinsichtlich ihrer Umsetzungsmaßnahmen zur 3. EU-Geldwäscherichtlinie befragt wurden. Das Ergebnis der Befragung stellt die gegenwärtige Situation der Institute in Hinblick auf die Umsetzung der Maßnahmen gemäß den Anforderungen der 3. EU-Geldwäscherichtlinie dar.
Quelle: Pressemitteilung Faktenkontor GmbH