Die Pleitetürme von Becker, Schumacher und Lauda
Archivmeldung vom 20.06.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAusgerechnet Deutschlands erster und größter Immobilienfonds-Anbieter in Dubai, die Alternative Capital Invest (ACI) aus Gütersloh in Nordrhein-Westfalen, geriet jetzt so sehr ins Strudeln, dass Senior-Chef Uwe Lohmann (64) im Augenblick jeden Tag darum bangen muss, ob sein Sohn und Junior-Chef, Robin Lohmann (34), im fernen Dubai nicht in ein arabisches Gefängnis einrücken muss.
Die Gelder für die geplanten Türme mit den Werbepartnern Boris Becker, Niki Lauda und Michael Schumacher sind irgendwo im Wüstensand versickert. Die Projekte scheinen pleite zu sein.
Aus vier unabhängigen Quellen in Dubai erfuhr der Finanznachrichtendienst www.gomopa.net, dass Ferrari- und Maybachfahrer Robin Lohmann vor kurzem in Dubai für einen Tag in Untersuchungshaft genommen wurde. Der Juniorchef musste seinen Reisepass bei den Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate hinterlegen und darf das Land nicht verlassen, solange der finanzielle Schaden, den die ACI in Dubai angerichtet haben soll, nicht beglichen ist.
Allein von 8.000 deutschen Anlegern hat die ACI seit 2004 nach eigenen Angaben 300 Millionen Euro eingesammelt, um damit Büro- und Wohnhäuser in Dubai für 600 Millionen Euro zu bauen. Bislang gibt es nur Baugruben mit ungeklärten Besitzverhältnissen. Eine unabhängige Mittelverwendungskontrolle der sieben Einzelfondsgesellschaften hat es nicht gegeben. Der indische Manager der ACI in Dubai sammelte auch von vielen arabischen Geldgebern große Summen ein. Die Staatsanwaltschaft Dubai ermittelt gegen die ACI und die gesamte Geschäftsleitung wegen Betruges und Veruntreuung von Geldern. Der indische Manager und ein Großteil der ACI-Führungscrew haben sich aus Dubai abgesetzt. Robin Lohmann nicht. Er muss sich nun regelmäßig persönlich bei der Staatsanwaltschaft melden.
Laut dem arabischen Nachrichtendienst Arabianbusiness ermittelt gegen die ACI auch die 2008 neu geschaffene Immobilienaufsicht Real Estate Regulatory Authority (RERA) wegen geplatzter Schecks, Scheinbesitz an Grundstücken und Zweckentfremdung anvertrauter Gelder. Der Chef der RERA, Marwan Bin Ghalita, wird mit den Worten zitiert, dass seine Behörde gegen die ACI insbesondere bei dem internationalen Vorzeigeobjekt Niki Lauda Twin Towers überprüft, ob und inwieweit Gelder unrechtmäßig erlangt und verwendet wurden. Die ACI habe offenbar gegen Dubais Gesetze und Vorgaben verstoßen.
Vater Uwe Lohmann versucht derweil von Gütersloh aus, die 8.000 deutschen Anleger zu beruhigen, die seit März 2009 vergeblich auf die fällige Vorabausschüttung von 60 Millionen Euro warten, und hat zum 26. Juni 2009 eine außerordentliche Gesellschafterversammlung im Umlaufverfahren, also ohne persönliche Anwesenheit der Gesellschafter, einberufen. Dabei wird per Fax abgestimmt.
Die Anleger hatten noch im Vorjahr mit großer Erwartung von mindestens 12 Prozent Rendite Anteile ab 10.000 Euro plus fünf Prozent Agio an die ACI überwiesen. Schließlich war der Pilotfonds der ACI, der erste deutsche Fonds in Dubai überhaupt, aus dem Jahre 2004 ein Riesenerfolg. Der 45 Stockwerke hohe Dubai Lake Tower in Dubai JLT wurde bereits im April 2005 nur fünf Monate nach Fondsschließung und noch weit vor dem eigentlichen Baubeginn des Towers im Jahre 2006 mit so großem Gewinn an einen Großinvestor verkauft, dass die Anleger nicht nur 33 Monate lang einen jährlichen Gewinn von 17,5 Prozent, sondern am Ende des Fonds einen nominalen Gewinn von 48 Prozent kassierten.
Damit war das Eis für den deutschen Newcomer bei deutschen Anlegern und arabischen Investoren gebrochen. Juniorchef Robin Lohmann wurde in Dubai als Vorzeige-Unternehmer hofiert. Er bekam als erster deutscher Unternehmer auf der Spitze seines Ruhms im vergangenen Jahr den "CEO Middle East Award" und den "Arabian Porperty Award 2008". Robin Lohmann erfand im Jahre 2007 das sogenannte Tower-Branding. Die Benennung von riesigen Investitionsobjekten nach lebenden Legenden.
Im November 2007 schloss Robin Lohmann mit Rennfahrerlegende und Unternehmer Nikki Lauda aus Österreich einen Namens-Werbevertrag. Gleich zwei geplante Büro- und Wohnhochhäuser (33 und 30 Geschosse) werden in der Dubai Business Bay den Namen Niki Lauda Twin Towers tragen. Die Summe, die Lohmann dafür von den Anlegergeldern an Lauda zahlen musste, betrug 1 Million Euro.
Die ACI-Fonds hatten, wie gesagt, keine externen Mittelverwendungskontrolleure. Im Januar 2008 wurde auch Tennis- und Pokerlegende Boris Becker Namenspatron für einen weiteren projektierten 23-geschossigen Tower gleich neben den Niki Lauda Twin Towers. Obwohl Becker nur einen Turm benannte, kassierte er von der ACI das Doppelte im Vergleich zu Niki Lauda, nämlich 2 Millionen Euro.
Im Sommer 2008 folgte als dritter prominenter Werbepartner Formel I-Rennfahrer Michael Schumacher. Nach Schumacher wurde dann der vierte Promiturm benannt: Michael Schumacher Business Avenue Tower mit 35 Geschossen. Im Vergleich zu Lauda und Becker machte Schumacher richtig Kasse: Sein Werbehonorar von der ACI betrug 5 Millionen Euro.
Ein genialer Werbeschachzug. Die arabische Presse jubelte, Anleger und Investoren standen bei Robin Lohmann Schlange. Das Geld floss und niemand wunderte sich zu dieser Zeit darüber, dass die auch ohne die Werbeeinnahmen von der ACI sehr vermögenden Männer Lauda, Becker und Schumacher umgekehrt nicht einen Cent in ihre "eigenen" Hochhausprojekte investierten.
Der Jungunternehmer und Millionenjongleur Robin Lohmann katapultierte sich ganz nach oben an die Spitze der Wolkenkratzerverkaufsblase. "Wir haben rasante Abverkäufe", verkündet Uwe Lohmann in Pressemitteilungen. Doch als die Dubai-Immobilienblase im Herbst 2008 platzte, war Robin Lohmanns freier Fall nicht mehr aufzuhalten. Was hatte Lohmann falsch gemacht? Warum fielen nur seine Towerprojekte um, während 600 andere Towerprojekte die Krise überstanden? Das erklärt der Dubai-Marktanalyst und Treuhänder (KLP Group), Martin Kraeter (45), der seit fünf Jahren in Dubai lebt, so: "Lohmanns Marken-Tower mit berühmten Namen waren in Dubai der neueste Schrei. Aber Lohmann und seine Wunderwaffe, der indische Chef, der bei Arabern viel Geld einwarb, nahmen alles Geld, was sie bekommen konnten. Sie verkauften die Floors und Einheiten der künftigen Türme beinahe blind an alle, die gerade vorbeikamen. Dabei gerieten sie unweigerlich auch an sogenannte Flipper.
Die zahlten für die Objekte nur fünf oder zehn Prozent an. Die Bauarbeiter fingen, wenn überhaupt, einen Bauabschnitt an. Für den nächsten Bauabschnitt hätten die Flipper nachschießen müssen, was sie aber nicht taten. Weil sie ihren noch gar nicht voll bezahlten Anteil am Tower eigentlich mit Gewinnaufschlag an den nächsten Flipper weiterverkaufen wollten oder für einen Kredit verpfändet hatten. Als die Finanzkrise auch über Dubai hereinbrach, waren keine sogenannten Nachfolgeflipper mehr da, an die man hätte weiterverschachern können.
Dadurch haben sich diese unsäglichen Spekulationsmodelle quasi über Nacht in Luft aufgelöst. Die Folgen kennen wir auch aus einem deutschen Sinnspruch: Hänschen kann nicht zahlen, weil Hans nicht zahlen kann - eine riesige Kettenreaktion. Seriöse Fondsanbieter nehmen mindestens 20 bis 30 Prozent des Endkaufpreises von den Wohnungs- oder Bürokäufern als Anzahlung. Die bleiben dann Bauabschnitt per Bauabschnitt bei der Stange."
Was lief nun bei den Fonds II bis V der ACI schief, zu denen auch die vier Promitürme gehören?
Das teilte Seniorchef Uwe Lohmann dieser Tage allen Anlegern in einem Schreiben selbst mit. Die Fonds seien ein Jahr vor Ablauf, am 31. Dezember 2008, geschlossen worden. Dadurch sind die Gewinne steuerfrei. Erst ab 2009 gelte das geänderte und für die Fonds nachteilige Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Man habe alle Projekte zwischen Weihnachten und Neujahr 2008 an einen Investor auf einen Schlag verkauft. Also genau wie beim ersten Fonds der ACI.
Der Käufer sei eine YAMA INTERNATIONAL LLC aus Dubai gewesen. Diese Yama wiederum habe aber nicht die versprochenen 110 Millionen Euro überwiesen, weil die zugesagte Bankfinanzierung geplatzt sei. Folglich könne man den Anlegern nicht die zugesagte Vorabausschüttung in Höhe von 60 Millionen Euro zahlen.
Dubai-Experte Kraeter bewertet dieses Schreiben als Bluff. Kraeter: "Der Kauf durch die Firma Yama scheint mir frei erfunden. Der übereilte Verkauf der Baugruben dient der Steuerfreiheit, die für Deutsche, also auch die Lohmanns, am 31. Dezember 2008 endete. Der scheinbar geplatzte Deal dient in meinen Augen möglicherweise eher der Verschleierung einer Zweckentfremdung von Anlegergeldern."
Bei der ACI will man sich vor der angekündigten Gesellschafterversammlung nicht äußern.
Quelle: GoMoPa (Siegfried Siewert)