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Bertelsmann-Tochter Infoscore: Fragwürdige Bonitätsbewertungen von Millionen Verbrauchern

Archivmeldung vom 24.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

Millionen deutsche Verbraucher müssen offenbar weiterhin fürchten, dass die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit bei Auskunfteianfragen mit fragwürdigen Methoden zustande kommt. Nach Informationen des Radioprogramms NDR Info soll die Bertelsmann-Tochter Infoscore Consumer Data GmbH (ICD), eine der größten Auskunfteien in Deutschland, veraltete Daten nutzen, um Aussagen über die Bonität von Konsumenten zu treffen.

Dies hatten baden-württembergische Datenschützer in einem internen Prüfbericht festgestellt, wie der zuständige Landesdatenschutzbeauftragte, Jörg Klingbeil, NDR Info bestätigte. Die Kritik an den Berechnungsmethoden sei dem Unternehmen zwar seit dem vergangenen Jahr bekannt und es beteure "in allgemeiner Form", dass es Daten regelmäßig aktualisiere: "Aber dazu fehlt uns bisher der Nachweis", so Klingbeil.

Der Datenschutzbeauftragte kritisierte zudem, dass im Rahmen des so genannten Scoring, einem mathematisch-statistischen Verfahren zur Bonitätsermittlung, einige fehlende Angaben von ICD geschätzt "und dann so übermittelt werden, als ob es sich um Tatsachen handelt". "Wenn ich etwas nicht weiß," so Klingbeil, "dann sollte ich lieber dazu schweigen und solche Nichtinformationen nicht zum Gegenstand einer Bewertung machen, durch den für den einzelnen Betroffenen doch viel abhängen kann."

Ein schlechter Scorewert kann für den Betroffenen bedeuten, dass er weder Kreditkarte noch Handyvertrag bekommt sowie Waren nicht auf Rechnung bestellen kann. Fehlen ICD z. B. Angaben zur Wohndauer in einem Haus, so legt das Unternehmen nach Recherchen von NDR Info regelmäßig den schlechtesten Wert zugrunde. Ein Unternehmenssprecher rechtfertigte diese Praxis mit dem Hinweis auf "umfassende Analysen", die "zum Ergebnis hatten, dass Personen, deren Wohndauer nicht bekannt ist, ein schlechteres Zahlungsverhalten aufweisen als solche, deren Wohndauer bekannt ist." Gleiches gelte für das Geburtsdatum. Wer bei einer Versandhandelsbestellung sein Alter nicht angebe, sei "statistisch gesehen" ein schlechterer Zahler.

In einem der NDR Info vorliegenden Fälle wurde eine 50-Jährige bei der Ermittlung des so genannten Informa-Consumer-Scores aufgrund ihres Vornamens auf unter 30 geschätzt. Das Alter ihres tatsächlich 20 Jahre alten Wohnhauses in einer Straße mit Gebäuden ausschließlich aus den 1990er-Jahren wurde mit 40 bis 50 Jahren angegeben. Weitere fehlende Angaben wurden mit der schlechtesten Punktezahl angesetzt, mit der Folge, dass ICD gegenüber einem Versandhandelsunternehmen eine negative Bonitätsauskunft gab. Ein ICD-Sprecher nannte die Kritik der Datenschützer "missverständlich" und erklärte, sein Unternehmen sei "aktuell damit befasst, die eingesetzten Scoring-Verfahren zu überarbeiten bzw. zu optimieren", unter "entsprechender Berücksichtigung" der "Hinweise des Landesdatenschutzbeauftragten".

Die Bundesregierung hatte Auskunfteien bereits vor drei Jahren massiv kritisiert. Eine Studie des Verbraucherministeriums hatte damals ergeben, dass beinahe jede zweite Bonitätsbewertung fehlerhaft ist. Seit 2010 können Verbraucher bei den Auskunfteien einmal pro Jahr kostenlos eine Auskunft über ihre Bonitätsbewertung und die zu Grunde liegenden Daten verlangen.

Quelle: NDR Norddeutscher Rundfunk (ots)

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