MAN Steyr – War die Übernahme von langer Hand geplant?
Archivmeldung vom 24.09.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićLange hat man die Mitarbeiter im MAN-Werk in Steyr im Dunkeln gelassen. Immer wieder wurden Standort- und Beschäftigungssicherung als sicherer Hafen verkauft. Offensichtlich wollte man einen Aufschrei der Arbeiter vermeiden. Denn, dass es zu der unvermeidbaren Übernahme durch den Investor Siegfried Wolf kommen würde, wurde den Mitarbeitern lange verschwiegen. Dies berichtet das Magazin "Wochenblick.at".
Weiter berichtet das Magazin: "Selbst eine „demokratische Abstimmung“ führte man durch – mit dem Ergebnis: mit einer 2/3 Mehrheit ein klares „NEIN“ zur Übernahme. Mit der Konsequenz, dass die Übernahme trotzdem erfolgte! Das war offensichtlich von langer Hand geplant. Weniger Lohn und Reduktion der Arbeitsplätze sind das Ziel. Ein langjähriger Mitarbeiter der MAN Steyr hat sich bei Wochenblick gemeldet. Er will anonym bleiben (Name der Redaktion bekannt), die Angst vor Repressalien ist zu groß. Seine Unterlagen liegen dem Wochenblick vor.
Betriebsrat dementierte Übernahmegerüchte
„Ich arbeite seit vielen Jahren in der MAN in Steyr. All die Jahre hieß es seitens der Konzernleitung in München immer wieder, dass für den Standort Steyr ein Standort- und Beschäftigungssicherungsvertrag aufgesetzt und unterzeichnet wurde. Bis zum Jahre 2030 sollten der Standort und die Arbeitsplätze gesichert sein“, weiß der langjährige Mitarbeiter. „Gerüchteweise hörte ich bereits im Frühjahr 2020, dass es zur Schließung kommen könnte. Ich fiel aus allen Wolken. Bei uns in der Firma redete keiner davon. Im Gegenteil, als ich den Betriebsrat fragte, wiegelte man ab! Man solle nicht alles glauben, was man hört, sagte man mir.“
In der VOEST wusste man mehr!
Eindeutig seien aber auch Aussagen bei einer Sitzung in der VOEST gewesen. Es hieß, dass der Standortsicherungsvertrag in Steyr zu hinterfragen sei. Dies könne sogar die Schließung des Standorts zur Folge haben. Auch ein VOEST-Mitarbeiter stellte bei Wochenblick klar: „Nach einer Betriebsratssitzung bei uns in der VOEST habe ich bereits im März 2020 erfahren, dass das MAN-Werk in Steyr eventuell geschlossen werde. Bei der Betriebsratssitzung hat der SPÖ-Gewerkschafter und jetzige Spitzenkandidat Schaller eindeutig gesagt, dass in Steyr kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Der Standortsicherungsvertrag sei nicht einmal so viel wert, wie das Papier auf dem er geschrieben wurde!“
Große Demo nur Taktik der SPÖ?
Dass der neue Standortsicherungsvertrag erst im Jänner 2020 unterzeichnet wurde, wirkt bei all den Fakten eigenartig. Bis zum Sommer 2020 sei unter den SPÖ-Betriebsräten immer deutlicher über die Schließung des Werks gesprochen worden. Die anderen Mitarbeiter waren vor den Kopf gestoßen. Wie aus heiterem Himmel habe schließlich der MAN-Betriebsrat und Arbeiterkammer-Vizepräsident Erich Schwarz verkündet, dass der Standort Steyr zur Disposition stünde. „Es gibt so viele Ungereimtheiten. Monatelang versucht man, den Mantel des Schweigens über die Schließung oder den Verkauf des Standorts auszubreiten. SPÖ-nahe Mitarbeiter und Funktionäre wissen aber lange Zeit vor allen anderen, was Sache ist. Und dann macht man noch die große SPÖ-DEMO am Steyrer Stadtplatz! Für den Standort und den Erhalt der Arbeitsplätze gingen wir auf die Straße. Das war nur Taktik, davon bin ich überzeugt! Man wollte die Arbeiter hinhalten und ruhigstellen“, ist der MAN-Arbeiter enttäuscht über die Vorgehensweise des Konzerns und der Geschäftsleitung.
FPÖ-Vize Zöttl sprach sich mehrfach für Standorterhalt aus
„Im September 2020 wurde uns noch mitgeteilt, dass unser Standort Bestand hat. Ich bin mir sicher, dass die DEMO der Imageaufbesserung der SPÖ dienen sollte. Mehr nicht! Denn die SPÖ-Gewerkschaft hat im Endeffekt nichts für uns zustande gebracht!“ Die SPÖ war im Herbst mit dieser großen Demo für den Standorterhalt in Steyr in aller Munde. Partei- und Gewerkschaftsspitzen haben sich ablichten lassen. Dass aber auch Steyrs FPÖ-Vizebürgermeister Helmut Zöttl bei der Demo war und sich schon mehrfach für den Standorterhalt und Beschäftigungssicherung ausgesprochen hat, ist in den Medien unerwähnt geblieben.
LH-Stellvertreter Haimbuchner: „Komplettes Versagen der Bundesregierung!“
Auch Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner hat sich immer wieder für den Erhalt des Steyrer Standorts und die Sicherung der Arbeitsplätze ausgesprochen (Wochenblick berichtete). Es dürfe kein Arbeitnehmer im Stich gelassen werden und der Innovations- und Technologiestandort Oberösterreich müsse zu seiner alten Stärke zurückfinden. Dass die Bundesregierung nicht mehr als Beteuerungen zu Standortsicherungen getätigt hätten, kritisierte der freiheitliche Landes-Vize scharf. Es zeige das komplette Versagen der Bundesregierung!
Ganz plötzlich Siegfried Wolf als Investor
Auch im Februar 2021 sei durch die Produktionsgewerkschaft PRO-GE abermals verkündet worden, dass eine Schließung nicht in Frage komme. Der Vertrag für die Standortsicherung habe bis 2030 Gültigkeit, es solle zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommen. Schnellstens wurde dann im März 2021 ein Investor vorgestellt. Siegfried Wolf, WSA Beteiligungs GmbH, hätte ein Übernahmeangebot vorgelegt. Zu einer Einigung sei es vorerst nicht gekommen. Im Falle einer Nichtübernahme würde der Standort bei gleichen Bezügen ohne Kündigung bis Ende 2022 weiterlaufen.
2/3 der Belegschaft stimmte mit „NEIN“ ab – trotzdem Übernahme
„Mit einer Abstimmung gab man uns das Gefühl, wir könnten mitbestimmen. Der Betriebsrat teilte uns mit, dass das Votum zur Kenntnis genommen werde. Sie würden sich bei weiteren Verhandlungen entsprechend des Votums verhalten“, schildert der MAN-Arbeiter. „2/3 der Arbeiter und Angestellten waren gegen eine Übernahme des Standorts durch den Investor. Also eine klare Absage! Was half es uns? Nichts! Denn der Standort wurde trotzdem von Siegfried Wolf übernommen. Und ab 2022 seien nur mehr 1250 Mitarbeiter geplant. Das sind um knappe 1000 weniger als jetzt. Und die Krönung ist, dass wir alle nun auch weniger verdienen. Wir wurden ganz klar hintergangen!“ Wochenblick berichtete über die Abstimmung.
Durchschnittlich 400 Euro netto weniger pro Monat
Die Lohnkürzungen sind laut dem Wochenblick vorliegenden Unterlagen bei Arbeitern minus 15% vom Nettogehalt und bei Angestellten minus 10% vom Bruttogehalt. Das bedeutet für viele Mitarbeiter durchschnittlich eine Summe von 400 Euro netto weniger monatlich. Man würde halt jetzt die Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft kündigen und sich so zumindest einen kleinen Betrag zurückholen. Das sei ein Prozent des Lohns, den man mittlerweile umsonst zahlen würde, weil die Gewerkschaft sich nicht für die Mitarbeiter eingesetzt hätte, so der Tenor mehrerer Mitarbeiter. Dass ein Großteil der Produktion nach Polen verlagert werde, ist kein Geheimnis. Die Lohnkosten seien dort entsprechend niedriger."
Quelle: Wochenblick