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E.ON Chef Birnbaum: Massive wirtschaftliche Schäden bei Boykott von Rubel-Gaszahlungen

Archivmeldung vom 29.03.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.03.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Insolvenz, Abriss, Deindustrialisierung & Industriebrache (Symbolbild)
Insolvenz, Abriss, Deindustrialisierung & Industriebrache (Symbolbild)

Bild: Alexander Dreher / pixelio.de

Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns E.ON fürchtet "massive Schäden" für die deutsche Volkswirtschaft, sollte die Bundesregierung ab April der Forderung der G7-Minister folgen, zukünftige Bezahlungen der russischen Gaslieferungen in Rubel abzulehnen. Es drohe der nationale "Notfallplan Gas". Dies berichtet das Magazin "RT DE".

Weiter berichtet RT DE: "Deutschland nähert sich einem mehr als bedenklichen Szenario, sollte die Bundespolitik den Beschlüssen und Forderungen der Energie- und Wirtschaftsminister der G7 Folge leisten und ebenfalls den russischen Forderungen nach einer Begleichung von Gas-Rechnungen in der russischen Währung Rubel eine Absage erteilen. Das sagte der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns E.ON, Leonhard Birnbaum. In einem aktuellen ZDF-Interview bei den Tagesthemen zeichnete er mögliche Abläufe nach, sollte die Bundesregierung ihre anvisierte Strategie fortsetzen.

Moderator Ingo Zamperoni forderte von Birnbaum eine "moralische Unterstützung" des Energiekonzerns dahingehend, dass die Ankündigung des deutschen Wirtschaftsministers Habeck zur Weigerung von Rubel-Zahlungen an die russische Regierung für kommende Gaslieferungen, zu unterstützen sei.

Birnbaum betonte zu Beginn des Gesprächs, dass für ein Energieunternehmen drei wesentliche Punkte ausschlaggebend seien: die Gewährleistung "bezahlbarer, nachhaltiger und sicherer" Energielieferungen an die Kunden. Dies beziehe sich auf die Versorgung der Bürger, wie auch auf die Kunden der zu versorgenden Wirtschaftszweige. Der E.ON-Chef unterstrich:

"Und wenn wir dies nicht können, dann ist der Schaden dieses Mangels, den wir dann darstellen, der ist immens hoch...Tatsache ist, moderne Gesellschaften wie die unsere, auch insbesondere moderne Industriegesellschaften, können ohne ausreichende Energie nicht so bestehen, wie sie heute sind."

Birnbaum legte am Beispiel E.ON dar, dass es gegenwärtig keinerlei Möglichkeiten gebe, aus anderen Quellen Gaslieferungen zu beziehen, sollten die Importe aus Russland komplett eingestellt werden. Es würde kein internationaler Markt existieren, der dementsprechend genügend Gas offerieren könnte, im Gegensatz etwa zum Ölsektor. Daher laute die Abwägung, "wie viel Schaden richtet es an, wenn die Energieversorgung nicht in vollem Maße von uns aufrechterhalten werden kann", sodass Industriebetriebe wie -anlagen als szenisches Folgephänomen abgeschaltet werden müssten – "versus was ist der Nutzen?" Für E.ON sei es daher "nicht zielführend", eine Maßnahme zu ergreifen, die "uns mehr schadet, als der russischen Seite", so der Vorstandsvorsitzende.

Drohende juristische Auseinandersetzungen der Unternehmen, die laufende Importverträge mit Russland betreiben, fielen in einer Betrachtung nicht in die Rolle eines Energieunternehmens, aber auch nicht der Bundesregierung. Das Handelsblatt berichtet in einem Artikel darüber, dass "diverse deutsche Unternehmen" von Putins Ankündigungen betroffen seien. So der Düsseldorfer Anbieter Uniper; das Energieunternehmen EnBW aus Karlsruhe, welches 20 Prozent seiner Importe direkt von Gazprom erwirbt; und die RWE AG mit Sitz in Essen, die zuletzt ebenfalls Gas aus Russland eingekauft hatte.

Seitens EnBW heißt es laut dem Handelsblatt demnach:

"Die Entscheidung heute ändert die Sachlage nochmals – das müssen wir in allen Facetten analysieren und auch mit der Bundesregierung im Detail besprechen."

Uniper habe sich indes noch nicht geäußert, und RWE habe auf eine Anfrage der Zeitung nicht reagiert. Was potenzielle kommende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft angehe, sollte Russland zum Beispiel den Gasexport einstellen, erläuterte Birnbaum im ZDF-Interview:

"Dann wären wir in der Situation, dass wir in der Tat nicht genügend Gas nach Europa bekommen würden. Wir müssten über Einschränkungen nachdenken...Wir reden dann schon über sehr massive Schäden."

Die industrielle Versorgung deutscher Unternehmen mit Gas könnte nicht mehr gewährleistet werden. Der CEO des Deutschen Chemieverbandes hatte in Bezug auf diese Entwicklung schon am 18. März getwittert:

"Erdgas ist als wichtigster Energieträger und als Rohstoff für die Chemieindustrie derzeit nicht ersetzbar. Die Folgen eines sofortigen Importstopps für russisches Erdgas wären deshalb enorm und nicht überschaubar."

Sollte es tatsächlich zu diesem Ereignis in Deutschland kommen, würde sich die Deutsche Netzagentur einschalten müssen, die in so einem Falle, für den "Notfallplan Gas" zuständig wäre. Dieser Plan bezieht sich auf eine Regelung nach "Artikel 11 der Gas-Versorgungssicherheits-Verordnung vom 25.10.2017: Ausrufung einer Krise". Die Verordnung ist unterteilt in "drei Krisenstufen":

  • Frühwarnstufe (im Folgenden: Frühwarnung): Es liegen konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf vor, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- oder der Notfallstufe führt; die Frühwarnstufe kann durch ein Frühwarnsystem ausgelöst werden;
  • Alarmstufe (im Folgenden: Alarm): Es liegt eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt; der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen, ohne dass nicht-marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen;
  • Notfallstufe (im Folgenden: Notfall): Es liegt eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage vor; alle einschlägigen marktbasierten Maßnahmen wurden zwar umgesetzt, aber die Gasversorgung reicht nicht aus, um die noch verbleibende Gasnachfrage zu decken, sodass zusätzlich nicht-marktbasierte Maßnahmen ergriffen werden müssen, um insbesondere die Gasversorgung der geschützten Kunden gemäß Artikel 6 sicherzustellen."

Die Verordnung sieht in einem dementsprechenden Fall vor, dass es in einer festgelegten Reihenfolge gegebenenfalls zu Einstellungen von Gaslieferungen an definierte Verbrauchergruppen kommt. So heißt es (ab Seite 18 des Notfallplans) unter dem Punkt Notfallstufe:

"Die BNetzA als Bundeslastverteiler oder die Bundesländer als Lastverteiler führen hoheitliche Maßnahmen gemäß GasSV durch. Ziel: Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas unter besonderer Berücksichtigung der geschützten Kunden und Minimierung der Folgeschäden."

Demnach wären zuerst die Groß- wie dann Kleinindustrie Leidtragende entsprechender Maßnahmen, dann die deutschen Privathaushalte und abschließend "besonders geschützte Einrichtungen", wie zum Beispiel medizinische Einrichtungen und Krankenhäuser. Der E.ON-Vorsitzende erläutert in dem ZDF-Interview abschließend, dass durch einen Wegfall der notwendigen Gasversorgungen mehrerer industrieller Bereiche in Deutschland zeitnah "Wertschöpfungsketten" unterbrochen würden. Dies wiederum könnte zu "Folgeeffekten" führen, sodass miteinander verwobene und voneinander abhängige Industriebereiche in ihren Arbeitsprozessen zum Stillstand kämen. Am Ende würden der Gesellschaft, der Wirtschaft, wie dem Exportbereich entsprechende Produkte fehlen. Birnbaum wörtlich:

"Es kann dann sein, dass einem Automobilwerk demnächst nicht mehr nur der Chip fehlt, sondern die Lenkstange, weil der Stahlproduzent kein Gas bekommen hat um die Lenkstangen zu behandeln...aber nochmal, das ist ein Szenario, das massive Schäden für die Deutsche Volkswirtschaft zu Folge hätte. Und deswegen wollen wir das, wenn es irgendwie geht, vermeiden."

Kerstin Andreae, Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte bezugnehmend der sich anbahnenden Entwicklungen im deutschen Gassektor in einer Pressemitteilung vom 24. März:

"BDEW fordert die Bundesregierung auf, die Frühwarnstufe im nationalen Notfallplan Gas auszurufen. Es liegen konkrete und ernst zu nehmende Hinweise vor, dass wir in eine Verschlechterung der Gasversorgungslage kommen. Mit der Ankündigung durch Putin, dass Gaslieferungen in Zukunft in Rubel zu bezahlen sind, ist eine Auswirkung auf die Gaslieferungen nicht auszuschließen.

Seitens des Bundeslastverteilers, der Bundesnetzagentur, müssen Kriterien entwickelt werden, welche Industrien und Sektoren weiterhin mit Gas auch im Rahmen einer Gasmangellage versorgt werden. Die Haushaltskunden sind qua existierender Regelung geschützt. Zudem muss auf europäischer Ebene das Ausrufen der Frühwarnstufe koordiniert werden. Das Ausrufen der Frühwarnstufe wird dazu führen, dass die Vorbereitung einer tatsächlich eintretenden Gasmangellage in Zusammenarbeit von Kommunen, BNetzA und Netzbetreibern an außerordentlicher Bedeutung gewinnt."

Auf die Frage des ZDF-Moderators Zamperoni, ab wann "Deutschland unabhängig von russischer Energie" sein könnte, schätze der E.ON-Vorsitzende im Hinblick auf Gas ein, dass "eher ein Zeitraum von drei Jahren" in der Betrachtung realistisch sei."

Quelle: RT DE

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