Apple-Chaos bei Otto, Zensur-Streit bei Vodafone: Konzerne auf Schleuderkurs im Social Web riskieren Imagenachteile
Archivmeldung vom 15.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn den vergangenen Wochen haben Konzerne wie Vodafone und Otto für zweifelhafte Kommunikationsmaßnahmen Prügel aus dem Social Web bezogen. Auch im SPIEGEL warnen Experten vor leichtfertigen Marketing-Stunts und empfehlen besseres Monitoring statt fragwürdigen Aktivismus in der Bloggosphäre.
Vorletzte Woche hat der Otto-Versand in seinem Online-Shop unter anderem das edle MacBook Air von Apple zum Super-Schnäppchenpreis von 49,95 Euro angeboten: 2.565 Besteller orderten ein Gerät - und wurden dann mit der Entschuldigung abgespeist, es handele sich um einen „Fehler“. Vodafone, immer auf der Suche nach Kunden für seine Mobile-Web-Angebote, launchte Anfang Juli die auf das Social Web zielende Kampagne „Es ist deine Zeit“, in der Social Web-Gurus wie der Berliner Sascha Lobo als Testimonials für die Social Web-Tauglichkeit der Vodafone-Produkte Zeugnis ablegten.
Doch die enorme Aufmerksamkeit, die die Unternehmen erfuhren, hat sich im Social Web zunächst als Bumerang erwiesen: Vodafone und Sascha Lobo bezogen Prügel aus der Bloggosphäre, Lobo kann seinen Ruf als „Apologet der Generation Upload“ vergessen - weil der Konzern entgegen seines Social Web-Commitments Netz-Zensur betreibt und das der Blogging-Szene auffiel. Der Otto-Versand musste sich auf manchen Marketing-Blogs gar fragen lassen, ob der „Fehler“ nicht statt dessen eine reine PR-Kampagne war, wofür in der Tat einiges spricht.
Leslie Gaines-Ross, Chief Reputation Managerin der internationalen PR-Agentur Weber-Shandwick, erklärte in der aktuellen Titelstory des Nachrichtenmagazin DER SPIEGE die Problematik der Corporate Imagepflege im Social Web: „Vor 15 Jahren schalteten Konzerne große Werbekampagnen zur Imagepflege, und das war’s. Heute müssen Sie unmittelbar auf einen Blog-Beitrag oder ein Video reagieren können“. Die Reputationsexpertin empfiehlt Ihren Konzernkunden daher, „mindest einmal täglich das Meinungsbild über ihre Konzerne zu erfassen, in Blogs, auf Facebook oder wo auch immer Firmenname oder -Produkte auftauchen.“
Innovative Konzerne tun dies bereits, weiß Florian Haarhaus, Deutschlandchef von Alterian, dessen Unternehmen auch Social Web-Monitoring- und Analyse-Tools anbietet: „Immer mehr Unternehmen, die Massenmärkte bedienen, setzen auf softwaregestütztes Monitoring und laufende Analysen des Social Webs, um Trends früh erkennen und gegensteuern zu können“, so der Dialogmarketingfachmann: „Nur so lässt sich ein Kommunikationsgau verhindern bzw. abschwächen, noch bevor er sich ereignet.“ Dabei ginge es vor allem darum, durch Maßnahmen in den anderen Kanälen indirekt auf die Meinungsbildung im Social Web einzuwirken. Haarhaus: „Erstens bleibt so die Authentizität der Meinungen im Social Web gewahrt und zweitens können Unternehmen aus den Aussagen der Social Web-User über ihre Produkte wertvolle Rückschlüsse zur zukünftigen Produktentwicklung, für Kommunikationsstrategien und sonstige Image-Kampagnen ziehen.“
Diese Strategie scheinen auch Otto und Vodafone verstanden zu haben: Otto schickte schon 48 Stunden, nachdem sich im Social Web ein „Taifun der Entrüstung“ erhoben hatte, allen Bestellern einen Gutschein über 100 EUR sowie eine Los für eine Apple-Lotterie. Vodafone stieg mit „Botschafter“ Lobo aktiv und offen in die Social Web-Diskussion ein und erwarb sich damit den Respekt vieler Blogger und Social Web-Aktivisten. Dafür haben beide hohe Reichweiten in allen Medien inklusive des Social Webs erlangt - und können enorme Medialeistung für kleines Geld verbuchen.
Quelle: Alterian (Sebastian Paulke)