BEV: Aufstand der Gläubiger gegen untätige Insolvenzrichterin - Staatsanwalt ermittelt wegen Erpressung gegen Insolvenzverwalter Bierbach
Archivmeldung vom 14.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttIm Vorfeld des Insolvenzverfahrens der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH regt sich Unmut über die zuständige Insolvenzrichterin am Amtsgericht München und den von ihr eingesetzten, vorläufigen Insolvenzverwalter Axel Bierbach von der MHBK Rechtsanwälte Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen aus München.
Eine beträchtliche Zahl Gläubiger, aber auch der ehemalige CEO und Verwaltungsrat der Genie Holding AG (ehemalige Muttergesellschaft der BEV), Boris Wehlauer, werfen der Insolvenzrichterin Untätigkeit vor, weil sie ihrer Aufsichtspflicht gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter nicht genüge.
Für Aufregung sorgen derzeit tausende von falschen und überhöhten Abrechnungen, die auf Anweisung und mit Unterschrift des vorläufigen Insolvenzverwalters an die ehemaligen BEV-Kunden verschickt wurden. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft München I gegen Axel Bierbach, gegen den Strafanzeigen eingegangen sind. Vor allem die von Bierbach engagierte Inkassofirma Creditreform, die nun die teilweise falschen und überhöhten Forderungen der BEV-Kunden eintreiben soll, sorgt mit ihrem rüden Auftritt für Verärgerung und gerät zunehmend ins Rampenlicht. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bereitet eine Musterfeststellungsklage wegen der falschen Abrechnungen vor.
Der vorläufige Insolvenzverwalter Axel Bierbach hatte mit der Inkassofirma Creditreform einen Deal ausgehandelt: Das Unternehmen überließ dem Insolvenzverwalter rund drei Millionen Euro Vorfinanzierung, damit die ausstehenden Abrechnungen der BEV erstellt werden konnten. Im Gegenzug dazu bekam die Creditreform das Inkasso für die Abrechnungen der BEV-Kunden zugestanden. An sich ein lukratives Geschäft für das Inkassounternehmen angesichts der rund 300.000 ehemaligen BEV Kunden.
Die haben sich über Facebook organisiert, wehren sich und legen gegen die überhöhten Zahlungsaufforderungen massenhaft Widerspruch ein. Die Gründe dafür: Entweder wurden die vertraglich zugesicherten Boni für Neukunden nicht mit eingerechnet, oder die Jahresverbrauchsrechnung beruht nicht auf einem exakten Verbrauch, sondern vielmehr nur auf Schätzungen des Verbrauchs. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BEV schreiben allerdings vor, dass die BEV auf Grundlage tatsächlicher Werte abrechnen muss. Mitarbeiter hatten Insolvenzverwalter Axel Bierbach zuvor eindringlich, aber vergeblich auf die Problematik der falschen Abrechnungen hingewiesen.
Die Vielzahl der Beschwerden wegen falscher Abrechnungen lassen damit zunehmend Zweifel an der Werthaltigkeit des BEV-Millionengeschäftes der Creditreform aufkommen, zumal das Inkassounternehmen über die Problematik der falschen Abrechnungen sehr wohl Bescheid weiß und somit im rechtlichen Sinne bösgläubig gestellt worden ist.
Über das fragwürdige Abrechnungsverhalten des von ihr eingesetzten, vorläufigen Insolvenzverwalters Axel Bierbach ist die zuständige Insolvenzrichterin am Amtsgericht München bestens informiert. Eine Vielzahl der Geschädigten erklärten auf der Facebook-Seite "BEV Energie Geschädigte", dass sie sich bei der Insolvenzrichterin gemeldet und zu den von vorläufigen Insolvenzverwalter Bierbach falschen Abrechnungen vorgetragen haben.
Der ehemalige Richter Bernhard Kreilinger, ehemaliger Stromkunde der BEV, hat inzwischen Strafanzeige wegen Erpressung (§ 253 StGB) gegen Insolvenzverwalter Bierbach gestellt, weil er Forderungen von durch die Creditreform "eingeschüchterten bzw. getäuschten Kunden eintreiben lässt." Tatsächlich droht die Creditreform widerspenstigen Kunden mit hohen Gebühren und Schufa-Einträgen. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft München I gegen Axel Bierbach.
Um Masse zu generieren, behandelt der vorläufige Insolvenzverwalter Axel Bierbach die Auszahlung von Guthaben von BEV-Kunden offenbar zweitrangig, was zu weiterer Verärgerung der Gläubiger führt. Bierbach hatte bis Ende August 2019 ca. 300.000 Rechnungen (Stand 19.8.2019) erstellen lassen. Von den ca. 300.000 Rechnungen hat er bis jetzt nur 100.000 versendet. Das sind die Rechnungen für Nachzahlungen im Wert von rund 12 Mio. Euro. Die 200.000 Rechnungen über Guthaben der BEV-Kunden, die laut Energie Wirtschaftsgesetz (EnWG) innerhalb von 6 Wochen nach Lieferende versendet sein müssen, wurden allerdings von der BEV nicht verschickt, obwohl sie bereits fertig erstellt waren. Das Guthaben der BEV-Kunden beträgt rund 27 Millionen Euro (Stand 19.8.2019)
Auf diese Weise versucht der vorläufige Insolvenzverwalter die BEV-Kunden gleich zweifach auszutricksen: Zum einen nimmt er den Gläubigern die Möglichkeit sich gegen eine auf falscher Grundlage erstellten Rechnung zu wehren. Zum anderen nimmt er den Gläubigern damit auch die Möglichkeit die Guthabenforderungen aus den Abrechnungen (unabhängig davon, ob diese korrekt sind oder nicht) nach Eröffnung des Verfahrens zur Insolvenztabelle anzumelden.
Hinzu kommt ein Sonderfall, der für Rechtsanwalt Bierbach strafrechtlich ebenfalls von Bedeutung werden dürfte: Es gibt den Fall, in dem ehemalige BEV-Kunden zwei verschiedene Rechnungen erhalten, eine Nachzahlung und ein Guthaben. Der Insolvenzverwalter darf in diesem Fall nicht nur die Nachzahlung in Rechnung stellen und gleichzeitig das Guthaben verschweigen. Tut er das, macht er sich strafbar, wenn der Kunde ihn auf diesen Umstand hingewiesen hat.
Boris Wehlauer, ehemaliger CEO und Verwaltungsrat der Schweizer Genie Holding AG (die Muttergesellschaft der BEV) kritisiert: "Die Richterin verkennt nicht nur, dass Insolvenzverwalter Bierbach die BEV selbst in diese Situation getrieben hat, in dem er das vorliegende Sanierkonzept nicht umgesetzt hat. Obwohl die Insolvenzrichterin durchaus im Bilde über das skrupellose Abrechnungsverfahren des vorläufigen Insolvenzverwalters ist, der offenbar mit allen Mitteln versucht, mit seinen Abrechnungsmethoden Masse für die Insolvenz zusammen zu tragen, ignoriert sie dessen Verhalten. Trotz der Strafanzeigen und trotz der Vielzahl an Beschwerden bleibt die Richterin jedoch aus unerfindlichen Gründen untätig", so Boris Wehlauer.
"Der vorläufige Insolvenzverwalter Axel Bierbach hatte offensichtlich kein Interesse, die Geschäfte der BEV fortzuführen. Bierbach schlug im Januar 2019 unbegründet einen fertig ausgehandelten Deal mit einem potentiellen Käufer der BEV aus. Die Fortführung der Geschäfte wären allerdings seine Pflicht gewesen, der er nicht nachgekommen ist. So musste der Geschäftsbetrieb der BEV und die Belieferung der BEV-Kunden mit Energie eingestellt werden."
Sascha Walter, Rechtsanwalt der Kanzlei Walter & Walter, die Boris Wehlauer vertritt: "Das Insolvenzverfahren ist ein gerichtliches Verfahren. Die Aufsicht über den Insolvenzverwalter obliegt dem Insolvenzgericht. Die zuständige Richterin muss die Handlungen des Insolvenzverwalters überwachen und hat seine Handlungen auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. "Bewusst falsche Abrechnungen und auch weitere Sachverhalte legen ein Fehlverhalten des vorläufigen Insolvenzverwalters nahe. Es stellt sich die Frage, ob Herr Rechtsanwalt Bierbach angesichts dieser Situation noch als endgültiger Insolvenzverwalter ernsthaft in Betracht kommen kann."
Quelle: NAIMA Strategic Legal Services GmbH (ots)