Private Equity in Europa: Vorbereitung auf die nächste Buyout-Phase
Archivmeldung vom 12.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Geschäft der europäischen Private-Equity (PE)-Gesellschaften kam im Sommer 2007 fast gänzlich zum Erliegen. Im Rekordjahr 2006 dagegen hatte die Branche das Volumen der getätigten Investitionen um mehr als 50 Prozent steigern können und das erste Halbjahr 2007 war immerhin noch als sehr erfolgreich zu bezeichnen.
Die Ursachen für diesen drastischen Rückgang liegen in den aktuellen
Nachwirkungen der Krise an den Finanzmärkten, der Erwartung eines
nachlassenden Wirtschaftswachstums, steigenden Zinsen und einem
schwieriger werdenden Börsenumfeld. Alle diese Faktoren werden den
Markt auch im kommenden Jahr unter Druck halten - damit rechnet
Roland Berger Strategy Consultants in der aktuellen Analyse "Master
the next buyout wave: European private equity outlook 2008". Für
Beteiligungsgesellschaften sind ein aktives Portfoliomanagement und
straffe Restrukturierungsmaßnahmen bei ihren Beteiligungen die
wesentlichen Erfolgsfaktoren in der aktuellen Krise.
"Die zentrale Frage ist, ob europäische Private-Equity-Unternehmen
ihre Wertschöpfung und Renditen auch in den kommenden Jahren halten
können", meint Hendrik Bremer, Finanzexperte und Principal bei Roland
Berger. 2006 erzielte das beste Viertel der
Beteiligungsgesellschaften eine Rendite von knapp 40 Prozent. In den
Jahren davor hatte die Durchschnittsrate der Branche bei rund 14
Prozent gelegen. Die globalen Folgen der US-Immobilienkrise, höhere
Leitzinsen, das ungünstige Börsenumfeld und das sich abschwächende
Wirtschaftswachstum machen solche Ergebnisse für 2008
unwahrscheinlich.
Aktive Beteiligung als zentraler Erfolgsfaktor
"In einem schwierigen Marktumfeld lassen sich während der 'Holding
Period' der Beteiligungen die größten Wertsteigerungen erzielen. Das
erfordert jedoch aktive Investoren", meint Bremer. Erfahrungen aus
den USA zeigen, dass bei Restrukturierungen mit einem passiven
Investor nach zwei Jahren durchschnittlich knapp 30 Prozent des ROI
erreicht werden, bei Einbindung der PE-Gesellschaft in das Management
sind es fast 65 Prozent. "Eine aktive Beteiligung an der
Unternehmensrestrukturierung und der strategischen Neuausrichtung ist
der zentrale Erfolgsfaktor - gerade in schwierigen Zeiten", so der
Finanzexperte. Er rät Investoren, nach einer Akquisition rasch zu
handeln, die Unternehmensführung mit "eigenen" Managern zu erweitern
beziehungsweise neu zu besetzen und Projekte zur Geschäftsoptimierung
durchzuführen.
Sascha Haghani, Partner im Competence Center Corporate Performance
stimmt zu: "Nachhaltige erfolgreiche Sanierung erfordert zunehmend
ein international und professionell agierendes Management in allen
Restrukturierungsphasen." NPL-Investoren verfolgen beispielsweise
einen sehr weitgefassten Ansatz, der die strategische, operative und
finanzielle Restrukturierung umfasst. Die Beteiligungen profitieren
dabei einerseits vom Restrukturierungswissen der Investoren,
andererseits werden sie förmlich gezwungen auf den Wachstumspfad
zurückzufinden. In der Regel werden Unternehmen mit PE-Beteiligung
rasch wieder profitabel und es entsteht ein Vertrauensverhältnis
zwischen Management und Investor. Haghani rät Finanzinvestoren mit
einer gewissen "Branchenlogik" an solche Beteiligungen heranzugehen
und diese Kernelemente zu benutzen.
Misstrauen lähmt Markt
Maßgeblich zur Verschlechterung der Rahmenbedingungen hat die
US-Immobilienkrise beigetragen. In den vergangenen Jahren wurden
Beteiligungen und Übernahmen meist über billige Bankkredite
finanziert. Bei "leveraged buy-outs" steuerten
Private-Equity-Gesellschaften im Schnitt nur 30 Prozent Eigenkapital
bei, der Rest wurde fremdfinanziert. Dazu kam, dass die
Vergabekriterien für Kredite immer laxer gehandhabt wurden. Die
europäischen Banken können die Kreditrisiken wegen des derzeit
herrschenden Misstrauens nicht mehr an den Kapitalmärkten platzieren
und sitzen auf 30 bis 40 Milliarden Euro "Leverage Loans". Als
Konsequenz müssen Beteiligungsgesellschaften ihre Projekte in
größerem Ausmaß selbst finanzieren - Deals werden daher deutlich
kleiner oder Übernahmen kommen gar nicht mehr zustande.
Investoren werden konservativer
Das herausfordernde Marktumfeld sorgt auch dafür, dass
Investitionen wieder deutlich konservativer getätigt werden. "Der
Fokus bleibt auf Late Stage Buyouts, europaweit verliert Startup- und
Expansionsfinanzierung volumenmäßig weiter an Bedeutung", sagt
Bremer. 2006 machten Buyouts bereits 69 Prozent des Marktes aus,
Startups und Expansionen hatten sich auf 8 beziehungsweise 16 Prozent
reduziert. 2001 lag der Marktanteil von Startup-Finanzierungen noch
bei 15 Prozent, der von Expansionsfinanzierungen bei 25 Prozent.
Dieser Trend gilt vor allem für den deutschen Markt, wo der Anteil
der Buyouts inzwischen schon über 80 Prozent beträgt. Expansions- und
Startup-Finanzierungen machen dabei nur je etwa acht Prozent aus.
Ein weiterer Faktor, der den PE-Markt beeinflusst, ist die große
Geldmenge am Markt. 2006 erreichten die "Funds Raised" die
Rekordsumme von 112,3 Milliarden Euro. Dem standen Investitionen von
71,2 Milliarden Euro gegenüber. "Zu den über 100 Milliarden kann man
auch noch Desinvestitionen von 33 Milliarden Euro addieren. Der
Druck, geeignete Investitionen zu tätigen, war also schon vor dem
Markteinbruch groß. Wir rechnen damit, dass 2008 noch mehr
überschüssiger Cash vorhanden sein wird", so der Finanzexperte. Vor
allem in kleinen Märkten wie Österreich sei es sehr schwierig,
geeignete Übernahmekandidaten zu finden. Die große Nachfrage und das
relativ geringe Angebot an geeigneten Unternehmen erhöht die
Konkurrenz und die Akquisitionspreise. Die Zeit der "Lucky Buys" ist
in ganz Europa endgültig vorbei.
Einfluss steigender Zinsen nur gering
Auch weiter steigende Zinssätze werden sich auf den PE-Markt
auswirken. "Natürlich gibt es die Tendenz, dass niedrige Zinssätze
Unternehmensbeteiligungen begünstigen. Doch die Entwicklung war
vorhersehbar und die meisten Private-Equity-Gesellschaften haben sich
entsprechend abgesichert", so Bremer. Trotzdem müssen
Beteiligungsgesellschaften nun höhere Erträge erzielen, um die
Kredite abdecken zu können. Die größten Auswirkungen sieht Bremer bei
den Beteiligungen selbst: "Einige Unternehmen könnten beispielsweise
durch ihre Überschuldung Probleme bekommen."
Weitaus schwerwiegender als die steigenden Zinsen sehen die Berater die Situation auf den europäischen Aktienmärkten. Für das kommende Jahr werden geringere Zuwachsraten erwartet, was das Umfeld für Exits weniger attraktiv macht. "Viele Investments sind bereit für den IPO, aber es fehlt das entsprechende Umfeld. Daher werden viele Beteiligungen nicht oder an andere Investmentgesellschaften weiterverkauft", erklärt Bremer. Die Restrukturierung des Kerngeschäfts der Beteiligungen gewinnt so wieder an Bedeutung, auch um einen guten Verkaufspreis erzielen zu können.
Quelle: Pressemitteilung Roland Berger Strategy Consultants