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Online-Lebensmittelhandel entwickelt sich zum vielversprechenden Nischenmarkt

Archivmeldung vom 19.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: "obs/A.T. Kearney"
Grafik: "obs/A.T. Kearney"

Mangelndes Vertrauen der Verbraucher sowie häufig noch wenig effiziente Geschäftsmodelle führen dazu, dass der Online-Lebensmittelhandel in Deutschland in den nächsten Jahren ein Nischenmarkt bleiben wird. Er hat aber das Potenzial bis zum Jahr 2016 von derzeit 0,2 Prozent auf 1,5 Prozent des gesamten deutschen Lebensmittelmarktes anzuwachsen. Dies geht aus einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney und der Universität zu Köln hervor, für die rund 700 Verbraucher sowie Führungskräfte aus dem Einzelhandel befragt wurden.

Bisher verfügen 82 Prozent der befragten Verbraucher über keinerlei Erfahrung mit dem Online-Lebensmittelhandel und weniger als 1 Prozent kauft monatlich Lebensmittel über das Internet ein. Bedenken gibt es insbesondere bei der Qualität frischer Lebensmittel. Für Einzelhändler gilt daher, zunächst das Vertrauen der Kunden zu gewinnen sowie ihre Wertschöpfungskette effizient auszugestalten, um den Online-Lebensmittelhandel als innovativen Vertriebskanal zu etablieren. Führende traditionelle Händler sollten das Online-Lebensmittelangebot als ein wesentliches Differenzierungsmerkmal im ohnehin hartumkämpften Wettbewerb nutzen und können von der Stärkung des Kerngeschäfts sowie einer verbesserten Markenakzeptanz profitieren. Reine Online-Händler sollten ihre Anstrengungen auf größere Städte und Ballungszentren fokussieren.

Während der Internethandel immer mehr an Bedeutung gewinnt, befindet sich der Handel mit Lebensmitteln über das Internet noch in einer Entstehungsphase. Dies gilt besonders für den deutschen Markt: Hier wurden im Jahr 2011 gerade einmal rund 200 Millionen Euro umgesetzt. Dies entspricht einem Pro-Kopf-Umsatz von etwas mehr als zwei Euro. Zum Vergleich: In Großbritannien gaben die Verbraucher pro Kopf durchschnittlich 82 Euro für online bestellte Lebensmittel aus.

"Aufgrund des hohen Preisdrucks im deutschen Einzelhandel haben Händler in den vergangenen Jahren ihre Preise häufig eher gesenkt, anstatt Differenzierungsmerkmale und Services weiterzuentwickeln. In Großbritannien oder auch der Schweiz wurde beispielsweise die Serviceorientierung relativ früh als Chance zur Differenzierung gesehen", so Dr. Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Beratungsbereiches Konsumgüterindustrie und Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz: "In Deutschland ist der Online-Lebensmittelhandel noch ein Nischenmarkt, hat aber dennoch Potenzial."

Auch wenn es der A.T. Kearney-Studie zufolge in den nächsten fünf Jahren keine flächendeckenden Angebote geben wird, ist bis 2016 eine Steigerung des Marktanteils von derzeit 0,2 Prozent auf 1,5 Prozent zu erwarten. Eine wesentliche Voraussetzung ist es jedoch, beim Verbraucher zunächst Aufklärungsarbeit zu leisten.

So zeigt sich, dass 82 Prozent der deutschen Verbraucher über keinerlei Erfahrungen mit dem Online-Lebensmittelhandel verfügen und weniger als 1 Prozent derzeit monatlich Lebensmittel online bestellt. Hinzu kommt, dass 73 Prozent der Befragten mit den traditionellen Einkaufsmöglichkeiten zufrieden sind und etwa die Hälfte (52 Prozent) aktuell gar keinen Mehrwert sieht, Lebensmittel über das Internet zu beziehen.

Skepsis insbesondere bei Frischeprodukten

"Mangelndes Vertrauen ist der Hauptgrund für die bisherige Zurückhaltung beim Online-Lebensmittelhandel", so Warschun: "70 Prozent der Befragten bestellen nicht über das Internet, da sie die Lebensmittel nicht sehen und fühlen können, 62 Prozent haben Bedenken bei der Produktqualität."

Den Mangel an persönlichem Kontakt nannten 22 Prozent der Befragten als Ursache für die Kaufzurückhaltung. 9 Prozent antworteten, dass sie kein Online-Lebensmittelangebot in ihrer Stadt kennen würden, 5 Prozent äußerten Sicherheitsbedenken.

Einen Mehrwert sehen die Verbraucher vor allem durch den Lieferservice. 51 Prozent der Befragten, die bereits Erfahrungen mit dem Online-Lebensmittelhandel gesammelt haben, nannten diesen als wichtiges Bestellkriterium. Die Einzigartigkeit der online bestellten Produkte gaben 40 Prozent als Grund an, gefolgt von Neugier (36 Prozent) und Zeitersparnis (30 Prozent). Nur 17 Prozent der Befragten führten günstigere Preise an.

Selbstabholung der Ware weniger beliebt

"Neben der Lieferung der bestellten Waren direkt zum Kunden nach Hause, haben sich im Online-Lebensmittelhandel auch sogenannte 'Click-and-Collect'-Konzepte herausgebildet. Hier holt der Kunde die bestellte Ware an einem Lagerstandort oder in der Supermarktfiliale selbst ab", so Warschun.

Für die Verbraucher ist die Lieferung von haltbaren Lebensmitteln nach Hause mit 76 Prozent die beliebteste Art der Zustellung. Erst dann folgt die Selbstabholung im Supermarkt mit 68 Prozent und mit 60 Prozent die Selbstabholung von einer Pick-up-Station. Bei frischen Lebensmitteln herrscht jedoch Skepsis vor: Hier holen 47 Prozent die Frischeprodukte lieber in einem Supermarkt selbst ab, lediglich 35 Prozent präferieren die Lieferung nach Hause, 9 Prozent würden sie in einer Pick-up-Station abholen. 48 Prozent der Befragten würden sich gar keine Frischware liefern lassen.

Für reine Online-Händler, wie Gourmondo oder lebensmittel.de, ist derzeit die Auslieferung zum Kunden von einem Zentrallager aus Standard. Einzelhändler wie Rewe bieten zum Beispiel die Auslieferung von der Filiale nach Hause oder aber einen filialbasierten "Click-and-Collect"-Service an. Einen "Click-and-Collect"-Service von einem Zentrallager testen derzeit Real und Globus in einem Pilotprojekt.

"Unsere Studie zeigt, dass bei Abhol-Lösungen häufig noch die Bereitschaft fehlt, zusätzliche Gebühren zu entrichten: 78 Prozent finden dies nicht akzeptabel. Knapp zwei Drittel der Befragten sind hingegen bereit, einen bis fünf Euro für die Lieferung nach Hause zu bezahlen.

Mit der maßgeschneiderte Strategie zum Erfolg

"Für Online-Lebensmitteleinzelhändler kommt es zunächst darauf an, den Kunden den Mehrwert der angebotenen Services näher zu bringen", so Warschun: "Dazu zählt es, die Aufmerksamkeit und das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen und die Verbraucher von der Qualität und Einzigartigkeit der Produktangebote zu überzeugen. Ziel ist dabei auch eine nachhaltige Kundenbindung. Denn ein Großteil der Kunden in Deutschland, der online bereits Lebensmittel eingekauft hat, kehrt nach einem bis drei Versuchen nicht wieder."

Aber auch die Wahl des richtigen Service-Modells - Lieferservice oder Selbstabholung, die Preisstrategie sowie die Kommissionierung muss von den Händlern genauestens durchdacht werden. So weisen Zentrallagerhäuser eine fast drei Mal höhere Effizienz auf als Lager in bestehenden Filialen.

"Die Studienergebnisse machen deutlich, dass die Verbraucher an intelligenten und benutzerfreundlichen Lösungen im Online-Lebensmittelhandel interessiert sind und den Lieferservice nach Hause bevorzugen", sagt Warschun: "Reine Online-Händler werden es daher schwer haben, den Markt aufgrund des starken Preiswettbewerbs und der bestehenden Start-up-Kosten auf breiter Basis zu adressieren. Eine Positionierung als Nischenanbieter in den größeren Städten und Ballungsräumen ist für sie eine Erfolg versprechende Strategie, da sich hier aufgrund der größeren Kundenbasis die Auslieferung von Lebensmitteln und Frischeprodukten in der Logistik viel kosteneffizienter abbilden lässt als in ländlichen Gegenden."

Traditionelle Einzelhändler sollten hingegen abwägen, ob sie eine Pionierrolle im Online-Lebensmittelhandel einnehmen möchten. Für Super- und Verbrauchermarktketten kann das Online-Angebot ein Differenzierungsmerkmal sein, um dem Wettbewerbsdruck seitens der Discounter zu begegnen. Dies zahlt auf ihre Innovationskraft ein und verbessert zudem die Markenakzeptanz.

Quelle: A.T. Kearney (ots)

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