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Mittelständler rutschen in Stimmungsrezession

Archivmeldung vom 12.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Belastet von der weltweiten konjunkturellen Eintrübung und der Finanzmarktkrise befindet sich der deutsche Mittelstand zum Jahreswechsel im Stimmungstief. Das monatlich gemeinsam von der KfW Bankengruppe und dem Münchner ifo Institut berechnete Geschäftsklima kleiner und mittelgroßer Unternehmen zeigte erneut einen deutlichen Stimmungsverfall im Mittelstand an.

Das aus Erwartungs- und Lagekomponente zusammengesetzte KfW-ifo-Geschäftsklima ist mit nunmehr -20,5 Saldenpunkten nur noch sehr knapp von seinem aus dem Dezember 2002 stammenden historischen Tiefststand (-20,7 Saldenpunkte) entfernt.

"Die anhaltend schlechten Wirtschaftsnachrichten haben die Perspektiven der Mittelständler weiter eingetrübt und die Erwartungskomponente auf ein neues Tief von -33,3 Saldenpunkten gedrückt.", erklärt der Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, Dr. Norbert Irsch. Erschreckend ist, mit welcher Wucht nun den Mittelständlern die Geschäfte wegbrechen: Nach einem historisch starken Rückgang im November um 8,3 Zähler sank die Lagekomponente erneut um 9,1 Zähler auf -7,8 Saldenpunkte. Erstmals seit 2005 überwiegen die negativen Lageurteile. Damit steht fest: Nach gängiger Definition - Lage- und Erwartungskomponente negativ - befindet sich der Mittelstand in der Stimmungsrezession.

Ist das Geschäftsklima im Mittelstand schlecht, so ist es bei den Großunternehmen miserabel. Mit -38,2 Saldenpunkten wurde hier das bisherige Stimmungstief aus dem Februar 1993 bereits unterboten. Ebenso wie bei den Mittelständlern waren die Lageurteile im Dezember eingebrochen; mit -24,3 Saldenpunkten bewerteten jedoch deutlich mehr Großunternehmen ihre derzeitige Geschäftslage als schlecht. Und auch zukünftig scheinen die Großunternehmen die Hauptleidtragenden der Krise zu sein: "Noch nie in der 17-jährigen Historie des Indikators lagen die Saldenwerte der Erwartungskomponente zwischen den Größenklassen derart weit auseinander. Der Anteil der Großunternehmen, die pessimistisch in die Zukunft blicken, ist damit deutlich größer als der vergleichbare Anteil der Mittelständler.", so Irsch.

Spuren hinterlässt die Krise mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt. Seit Oktober geben die kleinen und mittleren Unternehmen mehrheitlich an, Beschäftigung abbauen zu wollen. Im Dezember brach der Indikator erneut scharf ein. Nach der dramatischen Abschwächung des Exportgeschäfts zieht damit eine weitere Gefahr auf: Ansteigende Arbeitslosigkeit könnte die ohnehin seit langem schwache Kauflust der privaten Haushalte weiter bremsen. Für eine gewisse Entlastung der Konsumenten könnten hingegen die abermals gesunkenen Preiserwartungen der Unternehmen sorgen. Hier verspüren die Mittelständler einen stärkeren Druck als die Großunternehmen: Der entsprechende Indikator hat mit -13,9 Saldenpunkten einen neuen historischen Tiefststand erreicht.

Von den befragten vier Hauptgruppen - Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe sowie Groß- und Einzelhandel - leiden die Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes derzeit am stärksten: Aufgrund ihrer hohen Exporttätigkeit sind sie besonders stark von dem Wegbrechen der ausländischen Absatzmärkte betroffen. Gleichzeitig sinkt hierdurch die Kapazitätsauslastung und damit die Investitionstätigkeit, was die inländischen Märkte der Investitionsgüterproduzenten schrumpfen lässt. Dies schlägt sich in einem historisch scharfen Einbruch der Lagebeurteilung der Großunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes nieder. Der entsprechende Saldenwert fiel binnen drei Monaten um 41,8 Zähler auf-38,9 Saldenpunkte. In die Rezession mitgerissen wurden nun die Mittelständler dieser Branche. Ihre Lagebeurteilung sank im selben Zeitraum um 30,9 Zähler auf -13,6 Saldenpunkte und rutschte damit erstmals seit August 2005 unter seinen historischen Durchschnitt, der konzeptionell der Nulllinie entspricht.

"Nun ist es gewiss: Auch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft - der Mittelstand - befindet sich in der Stimmungsrezession. Mit dem starken Einbruch der Geschäftsurteile, die auf einen massiven Rückgang der Geschäftstätigkeit hindeuten, hat die Krise spürbar an Breite gewonnen.", kommentiert der Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.

Die Indikatorfamilie KfW-ifo-Mittelstandsbarometer basiert auf einer größenklassen-bezogenen Auswertung des bekannten ifo Geschäftsklimaindex, bei dem monatlich rund 7.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Großhandel, Einzelhandel) aus West- und Ostdeutschland zu ihrer wirtschaftlichen Situation befragt werden, darunter rund 5.600 Mittelständler. Berichtet werden der Saldo der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage (Prozentanteil der Gutmeldungen abzüglich des Prozentanteils der Schlechtmeldungen), der analog ermittelte Saldo der Geschäftserwartungen für die kommenden 6 Monate, sowie das hieraus als Mittelwert errechnete Geschäftsklima. Zudem werden, ebenfalls als Saldengrößen, die Beschäftigungserwartungen sowie die inländischen Absatzpreiserwartungen der Unternehmen genannt. Sämtliche Zeitreihen sind saison- und mittelwertbereinigt. Die Nulllinie markiert somit den "konjunkturneutralen" langfristigen Durchschnitt. Indikatorwerte größer (kleiner) Null weisen auf eine überdurchschnittliche bzw. positive (unterdurchschnittliche bzw. negative) Konjunktursituation hin.

Quelle: KfW Bankengruppe

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