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Für Energieforschung gibt Japan siebenmal so viel aus wie Deutschland

Archivmeldung vom 13.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im internationalen Vergleich schneiden Deutschland und Europa bei der Energieforschung schlecht ab. Während Japan für die Energieforschung pro Kopf der Bevölkerung über 30 US-Dollar ausgibt und die USA 10 Dollar, sind es in Deutschland nur 6,20 Dollar.

Mit jährlich 3,9 Milliarden US-Dollar investiert Japan 7,6-mal so viel Geld in die Energieforschung wie Deutschland, die USA investieren absolut fast sechsmal so viel wie die Bundesrepublik. Auch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt liegen in Deutschland die Ausgaben für Energieforschung mit einem Anteil von 0,18 Prozent hinter den USA (0,24) und Japan (0,84 Prozent). Wie die VDE-Studie "Energieforschung 2020" feststellt, werden in der EU vom gesamten Forschungs- und Entwicklungsetat nur 3 Prozent für Energiefragen ausgegeben, in Deutschland sind es 8 Prozent. Die energietechnische Forschung in Deutschland befasst sich heute in vielen Bereichen nur noch mit kurzfristigen Themen und verfolgt kein Gesamtkonzept, so ein weiteres Ergebnis der Studie.

"Während der letzten Jahrzehnte hatte die energietechnische Forschung in Deutschland einen starken Rückgang zu verzeichnen", konstatieren die VDE-Experten in der Studie. Die Aufwendungen entwickelten sich gegenläufig zu den immer drängender werdenden Problemen wie Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Importabhängigkeit. Statt die Energieforschung zu forcieren, sind Hochschulinstitute aufgelöst und Professorenstellen gestrichen worden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die in der Vergangenheit viele energietechnische Forschungsprojekte förderte, hat Mittel abgezogen und widmet sich jetzt vorzugsweise anderen Themen, etwa der Kommunikations- und Datentechnik oder der Biologie. Auch die Versorgungsindustrie hat Forschungsmittel reduziert und den zeitlichen Horizont der Arbeiten verkürzt. Noch nimmt die deutsche industrielle Energietechnologie im internationalen Vergleich nach einer Umfrage unter den 1.250 VDE-Mitgliedsunternehmen einen Spitzenplatz ein. "Mit den derzeitigen Mitteln für die Energieforschung können wir weder den Spitzenplatz der deutschen Industrie in der Energietechnik halten, noch die Sicherheit der Energieversorgung langfristig gewährleisten", so Prof. Wolfgang Schröppel, Vorsitzender der Energietechnischen Gesellschaft im VDE und Mitglied im VDE-Präsidium, in Berlin.

Stark ist die Bundesrepublik in der Forschung bei Fusionskraftwerken und erneuerbaren Energien. "Zurzeit werden die deutschen Aktivitäten in der Fusionsforschung als weltweit führend betrachtet", bestätigt Prof. Alexander M. Bradshaw. Der Experte für Fusionsforschung hält das Ziel für realistisch, bis spätestens 2050 ein kommerzielles, wettbewerbsfähiges Fusionskraftwerk zu bauen. Mit der Entscheidung zur Realisierung des ITER -Experiments in Cadarache in Südfrankreich unter Beteiligung der EU, der USA, Russlands, Chinas, Indiens, Südkoreas und Japans sei der Weg zum Beweis der prinzipiellen Machbarkeit der magnetischen Fusion unter kraftwerksähnlichen Bedingungen geebnet und ein Demonstrationsreaktor bis 2025 in Sicht.

Energiepolitik, Energietechnologie und Energieforschung sind laut Schröppel strategische Hebel für die Wirtschaftspolitik und die Prosperität Deutschlands und Europas. Die im Koalitionsvertrag für die Energieforschung ursprünglich vorgesehenen Mittel von jährlich circa 400 Millionen Euro bewertet der VDE als unzureichend. Zwar sei die Mittelausstattung in der Energieforschung durch die Bundesregierung für die Periode 2007 bis 2009 deutlich erhöht worden. Gleichwohl erreiche sie bei weitem nicht das Niveau vergleichbarer Länder. "Erforderlich ist eine kontinuierliche Erhöhung der Forschungsmittel des Bundes in den nächsten fünf Jahren auf rund 1 Milliarde Euro p. a.", fordert Schröppel.

Grundlage für die Vergabe und den Einsatz der Gelder muss laut VDE ein konsistentes, langfristig angelegtes energiepolitisches Gesamtkonzept sein. Dass es ein solches Konzept bisher nicht gibt, führt der VDE auch auf die Zersplitterung der Zuständigkeiten zurück. In Deutschland ist die bundespolitische Verantwortung für Energieforschung auf vier Ministerien verteilt: Wirtschaftsministerium (fossile Energieträger und korrespondierende Technologien), Umweltministerium (erneuerbare Energien, Aufsicht über Kernenergietechnologien), Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Energietechnologien mit Biomasse), Ministerium für Bildung und Forschung (Grundsatzfragen und Koordinierung). Von einer einheitlichen und strategisch ausgerichteten Energiepolitik und Energieforschung kann unter diesen Umständen bisher keine Rede sein. Die Bündelung der Zuständigkeiten wäre nach Ansicht des VDE ein großer Schritt in diese Richtung.

In seiner Studie "Energieforschung 2020" formuliert der Verband Eckpunkte für ein Gesamtkonzept zur nachhaltigen, sicheren und umweltverträglichen Energieversorgung. Dazu gehören:

- Qualitative und in Grundzügen quantitative Festlegung des Energiemix für die kommenden zwei bis drei Jahrzehnte
- Festlegung von Grenzwerten für die Importabhängigkeit bei Energieträgern
- Quantitative Festlegung von Energiesparzielen und Festlegung von Kennwerten für die Energieeffizienz
- Fixierung eines Forschungsrahmenprogramms für das nächste Jahrzehnt
- Abstimmung dieses Rahmenprogramms mit der EU
- Zuverlässige und langfristige Bereitstellung der Finanzmittel

In der Skizze für ein langfristiges Forschungsprogramm legen die Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE die Schwerpunkte auf einen ausgewogenen Energie-Mix, auf die Nutzung eigener Ressourcen und auf die Steigerung der Energieeffizienz. Auch in die bisher nicht geförderte Forschung zum CO2-freien Kohlekraftwerk sollten nach ihrer Meinung Gelder fließen. Nicht ausgeklammert werden darf nach Überzeugung des VDE die Entwicklung intelligenter Technik zur Steuerung der Versorgungssysteme. Die Netze, die nach der Marktliberalisierung unter anderem den europaweiten Handel und den Stromtransport aus erneuerbaren Energien von Nord nach Süd verkraften müssen, werden nach VDE-Prognose zur knappsten Ressource der Energieversorgung. Die heutigen europäischen Netze können ihre Aufgabe nur unvollkommen erfüllen. Der VDE sieht daher die Versorgungssicherheit wegen Überlastung der Netze gefährdet, wenn nicht heute ausreichend in die Netze investiert wird.

Die Vergabe von Forschungsgeldern sollte wo immer möglich nach dem Wettbewerbsprinzip an die besten Forschungseinrichtungen vergeben werden. In diesem Zusammenhang spricht sich der Verband für eine "Exzellenzinitiative Energieforschung 2020" aus. Neben der materiellen Ausstattung müssen zusätzliche Anstrengungen zur Nachwuchsgewinnung sowie zur Nachwuchsförderung und Ingenieurausbildung unternommen werden. Dabei sollten speziell die Studiengänge für Energietechnik an den Hochschulen gestärkt werden. Wegen der bestehenden Unsicherheit sind die Studentenzahlen in der elektrischen Energietechnik stark geschrumpft, so dass die Absolventen nur noch einen Teil des Bedarfs decken. Die Expertenlücke bei Ingenieuren und die Abwanderung von Spitzenkräften bedroht nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem auch die Forschung, betont der VDE.

Quelle: Pressemitteilung VDE

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