Commerzbank: Börsenbericht für die Woche vom 17.03. bis 21.03.2008
Archivmeldung vom 17.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Handel an den internationalen Aktienmärkten war in der letzten Woche von Unsicherheit geprägt. Zwar stützten Meldungen, wonach die US-Notenbank dem Markt weitere 200 Mrd. US-Dollar Liquidität zur Verfügung stellt und die Aussagen der Ratingagentur S&P, die ein Ende der Abschreibungen bei US-Finanzinstituten absehen könne. Allerdings gab dies den Märkten nur kurzfristige Entlastung.
Die bekannten Risikofaktoren -Ölpreis und US-Dollar auf Rekordniveau sowie anhaltend negativer Newsflow zum Thema Subprime - bestimmten auch in der vergangenen Woche das Bild. Spätestens die aufkommenden Liquiditätsprobleme bei der fünftgrößten US-Investmentbank Bear Stearns bereiteten der Erholungstendenz am Freitag ein Ende. So verlor der deutsche Leitindex im Wochenvergleich knapp 1%. Der US-Markt zeigte sich uneinheitlich - der Leitindex Dow Jones konnte zulegen, der marktbreite S&P 500 gab jedoch ab. Mit den Nachrichten von Sonntagnacht wird die vergangene Woche jedoch bereits wieder in Vergessenheit geraten. Die Lage von Bear Stearns hat sich derart zugespitzt, dass JPMorgan den Konkurrenten für ca. 236 Mio. US-Dollar übernehmen kann. Nahezug zeitgleich gab die Fed eine Senkung des Diskontsatzes um 25 Basispunkte bekannt.
Nach einer Berg- und Talfahrt beschlossen die internationalen Rentenmärkten die vergangene Woche fester. Über alle Laufzeiten hinweg waren Kursgewinne zu verzeichnen. Der für den deutschen Rentenmarkt richtungweisende Bund Future stieg um 27 Basispunkte auf 117,83 Punkte. Zum Wochenauftakt wurden die Rentenmärkte von schwachen Aktienmärkten gestützt. Die am Dienstag angekündigte konzertierte Aktion der wichtigsten Notenbanken führte dann jedoch zu Kursverlusten an den Rentenmärkten, auch der etwas besser als erwartet ausgefallene ZEW-Index wirkte belastend. Am Mittwoch gewannen die Konjunktursorgen jedoch wieder die Oberhand, was Anleger erneut in sichere Rentenpapiere trieb. Die Kursgewinne setzten sich am Donnerstag zunächst fort, auch gestützt von den US-Einzelhandelsumsätzen, die im Februar einen deutlichen Einbruch zu verzeichnen hatten, was auf eine stark eingetrübte Kauflaune der US-Konsumenten hinweist. Die Veröffentlichung einer Studie der Ratingagentur S&P, nach der der Großteil der Subprime-Abschreibungen von den Banken bereits getätigt wurde, verhalf den Optimisten jedoch für kurze Zeit die Oberhand zu gewinnen, was zu Verlusten bei Staatsanleihen führte. Am Freitag setzten die Rentenmärkte ihren Aufwärtstrend allerdings fort, maßgeblich bedingt durch die Meldung, dass die Investmentbank Bear Sterns in Liquiditätsnot geraten war und eine Finanzspritze von der US-Notenbank benötigt. Die Befürchtung, dass noch mehr Institute in Schwierigkeiten geraten werden, ließ die Flucht in Sicherheit wieder aufflammen.
Die Zinsentscheidung der US-Notenbank steht in dieser Woche im Mittelpunkt des Marktinteresses, insbesondere nachdem die Fed am Sonntag überraschend den Diskontsatz um 25 Basispunkte auf 3,25% gesenkt hatte. Der Diskontsatz (Primary Discount Lending Facility) ist nicht zu verwechseln mit dem US-Leitzins (Federal Funds Rate). Er ist der Zinssatz, zu dem sich Banken über Nacht Geld bei der Zentralbank leihen können. Er bildet somit die Obergrenze des Tagesgeldsatzes. Die Senkung des Diskontsatzes führt dazu, dass sich der Tagesgeldsatz an die Zielrate der US-Notenbank für die Fed Funds Rate (der US-Leitzins) von zurzeit 3,0% annähert, was es den Banken ermöglicht, sich günstiger kurz-fristige Liquidität zu beschaffen. Die Zinssenkungserwartungen sind durch die Diskontsatzsenkung weiter gestiegen - mittlerweile stehen 100 Basispunkte im Raum. Letzte Woche wurde noch mit 50 oder 75 Basispunkten gerechnet. Um mindestens 75 Basispunkte wird die Fed den Leitzins daher morgen senken und der Sinkflug der Federal Funds Target Rate dürfte damit noch nicht beendet sein. Dafür spricht auch, dass der Inflationsdruck zuletzt etwas nachgelassen hat. Dennoch bleiben die Inflationsgefahren hoch. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt: Die Stabilität des Finanzsystems und die Verhinderung einer Rezession haben bei der Fed (zumindest zurzeit) die höchste Priorität - auch wenn die US-Notenbank immer wieder vor den Inflationsgefahren warnt. Das Thema Preisstabilität wird bei der Entscheidung über die Leitzinsen wohl erst dann wieder eine Rolle spielen, wenn es nach dem Ende der Finanzmarktkrise darum geht, wie schnell die Zinsen erhöht werden sollen. Bis dahin dürfte es jedoch noch eine Weile dauern und die Fed wird ihren expansiven Kurs fortsetzten.
An Konjunkturdaten stehen in den USA in dieser Woche wieder einmal die Immobilienmarktdaten im Vordergrund - Baubeginne und Baugenehmigungen. Es ist nicht zu erwarten, dass es ein Entspannungszeichen geben wird. Im Euroraum werden die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor die meist beachtetste Datenveröffentlichung sein. Während der Abwärtstrend des PMI für den Dienstleistungssektor trotz der Stimmungsaufhellung noch in Takt ist, hat sich der PMI für das Verarbeitende Gewerbe seit November 2007 nicht weiter verschlechtert und somit auch den Abwärtstrend, der Mitte 2006 begann, nicht weiter fortgesetzt. Das passt auch zu den recht robusten harten Daten, wie beispielsweise der starken Industrieproduktion im Januar. Wir gehen allerdings davon aus, dass der Abwärtstrend in den kommenden Monaten fortgesetzt wird. Der starke Euro, gestiegene Finanzierungskosten und die Schwäche der US-Wirtschaft werden das Sentiment trüben. Die Ereignisse der kommenden Woche sollten nicht dazu beitragen, dass die Renditen wieder deutlich ansteigen. Auch nach einer Zinssenkung um 75 oder sogar 100 Basispunkte in den USA werden die Zinssenkungserwartungen fortbestehen und der Druck auf die EZB, nachzuziehen, wird sich erhöhen. Die Suche nach sicheren Anlagehäfen wird andauern und für weiterhin niedrige Renditen bei Staatsanleihen sorgen.
In dieser Woche stehen mit den Zahlen von Goldman Sachs, Lehman Brothers und Morgan Stanley erneut die Investmentbanken im Fokus.
Die überraschende Diskontsatzsenkung der Fed und die Bear Stearns-Übernahme, die deutlich unter dem derzeitigen Buchwert erfolgt, haben die Verunsicherung nicht nehmen können. Weitere Hiobsbotschaften scheinen derzeit nicht unwahrscheinlich, wenngleich durchaus die Hoffnung besteht, dass mit den Quartalsberichten weiterer Investmentbanken in dieser Woche ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz getan wird. Von Neu-Engagements in dieser Branche raten wir jedoch weiterhin Abstand zu nehmen. Perspektivisch bahnt sich in den kommenden 4 - 8 Wochen eine Bodenbildung für die Aktienmärkte an, denn die Bewältigung der Subprime-Krise wäre der erste Eckpfeiler für die Erholung der US-Konjunktur und ein signifikantes Signal für den Rest der Welt, dass der befürchtete internationale "Credit Crunch" ausbleibt. Dies sehen wir als Grundvoraussetzung für eine Stabilisierung der Aktienmärkte, daher sollten Aktienbestände auf diesem Niveau nicht verkauft werden. Die neuerliche Aktion der US-Notenbank zeigt deutlich die Bereitschaft, der Finanzkrise mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu begegnen. Privatanlegern wird die Aktie von Linde zum Kauf empfohlen.
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Quelle: Commerzbank AG