Die Abtretung von Kreditforderungen der Banken
Archivmeldung vom 11.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn Kapitalmarktfragen zeigt sich ein immer stärker werdender Trend zur Anlegerfreundlichkeit der Berichterstattung. Dabei wird vor allem mit dem Informationsbedürfnis der Leser und dem gut verkäuflichen Thema Verbraucherschutz argumentiert.
Hier vermuten viele unbedarfte Leser, dass entsprechende Fachblätter
ihre Bewertung neutral und objektiv abfassen. Nicht selten zeigen sich
jedoch Schattenseiten auf. Das begehrte „Sponsoring“ durch
Finanzdienstleister beschränkt sich in bestimmten Fällen sicher nicht
auf die Schaltung einer Werbeanzeige in der jeweiligen Publikation.
Viel interessanter ist der Bereich der unterschwelligen Werbung in
Artikeln, die dem Leser eine objektive Bewertung eines Produkts
vorgeben. Im Bankengewerbe werden ganze Heerschaaren von Autoren tätig,
die den Lesern den Eindruck vermitteln sollen, dass ihr Kreditinstitut
stets in bester Absicht für den Kunden agiert. Die Realität sieht
angesichts vieler Milliardenpleiten von Landesbanken und harter
Bankpolitik einiger besonders auffällig gewordener Kreditinstitute
mittlerweile anders aus. Ein Kreditinstitut verkauft seine
Darlehensforderungen gegen Kunden zum Teil um die halbe Welt, noch
bevor die Unterschrift des Kunden unter den Kreditvertrag trocken ist.
Das zumeist ausländische Abwicklungsunternehmen hat keine persönliche
Bindung zum Kunden und interessiert sich ausschließlich für die
schnelle Verwertung. So kommt es durchaus vor, dass die
Verwertungsgesellschaft aus den Sicherheiten des Vertrages vorgeht,
obwohl der Vertrag stets ordnungsgemäß bedient wurde. Hier gilt
besondere Vorsicht. Bei den Gerichten und insbesondere dem
Bundesgerichtshof ist diese Problematik längst angekommen. Eine
angemessene Reaktion blieb jedoch bislang aus. Der Gesetzgeber sei
gefordert, meinte der BGH. Nach Bekanntwerden der Thematik des
Forderungsverkaufs durch Banken meldet sich nun die breite Lobby der
Kreditinstitute zu Wort und verharmlost das Problem als krasse
Einzelfälle. Angesichts der Praxis der Forderungsabtretungen durch
Kreditinstitute in Deutschland, kann von einer Einzelfallproblematik
bei weitem nicht mehr gesprochen werden. Nunmehr wird auch die
Öffentlichkeit mehr und mehr auf dieses Problem aufmerksam, nachdem in
den Medien über den Verkauf von Immobilienfinanzierungskrediten durch
Sparkassen und Banken an Hedge-Fonds berichtet wurde. Die Branche
schätzt das Gesamtvolumen der Transaktionen auf 250 bis 400 Mrd. Euro.
Die Problematik ist, dass in dem an Verwertungsgesellschaften
verkauften „Paket“ keineswegs nur Kredite enthalten sind, bei denen
Ratenzahlungen ausblieben oder nur unregelmäßig gezahlt werden, sondern
auch regulär bediente Kredite. Die Banken erhalten mit entsprechenden
Abschlägen schnelles Geld für ihre Kredite, das sich die
Verwertungsgesellschaft mit entsprechenden Gewinnen zurückholen will.
Hedge-Fonds sind spezielle Investmentfonds, die sich durch eine
spekulative Anlagestrategie auszeichnen. Sie bieten ihren Investoren
dadurch grundsätzlich einerseits sehr hohe Renditechancen, sind aber
andererseits mit einem gewissen Risiko behaftet. Bei dem Erwerb von
Hauskrediten deutscher Banken und Sparkassen ist jedoch das Risiko
begrenzt. Den Verwertern kommt eine Gesetzeslücke zugute. Der Bankkunde
räumt seinem Kreditinstitut bei der Aufnahme des Darlehens eine
Grundschuld als Kreditsicherheit ein, die separat durch die Bank
verwertet werden darf. Damit dies aber im Interesse des
Darlehensnehmers unterbleibt, treffen Bankkunde und Bank zusätzlich
eine „Sicherungsabrede“ neben dem Darlehensvertrag und der
Grundschuldbestellung. Inhalt der Sicherungsabrede ist, dass das
Grundstück nur zwangsversteigert werden darf, wenn der Darlehensnehmer
seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Zusätzlich schützt sie den
Kreditnehmer vor Forderungen, die über die aktuelle Höhe der
Darlehensschuld hinausgehen. Tritt die Bank ihre Forderungen aus dem
Darlehensvertrag und ihre Forderung aus der Grundschuld an einen
Dritten ab, ist diese Sicherungsabrede jedoch wirkungslos, weil sie
nicht mitübertragen wird und der Dritte daher an sie nicht gebunden
ist. Die Sicherungsabrede verliert ihre schützende Wirkung. Der Dritte
kann aus der Grundschuld in der im Grundbuch eingetragenen Höhe
vollstrecken. Damit drohen selbst den pflichtbewusstesten Kreditnehmern
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die katastrophale Auswirkungen auf ihre
Bonität haben können. Die Zwangsvollstreckung kann in voller Höhe
betrieben werden, selbst wenn das Darlehen bereits teilweise getilgt
wurde. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch gegen die Hausbank, die die
Forderung abgetreten hat, hilft dem ruinierten Anleger dann nur wenig.
Dem Bundesgerichtshof ist die Gesetzeslücke bekannt. Der Gesetzgeber
hat erst durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz vom 19.09.2007
die massenhafte Übertragung von Immobilienkrediten auf Hedge-Fonds
möglich gemacht, indem er die Verwaltung der abgetretenen Forderungen
erlaubnisfrei gestellt hat. Der Bundesgerichtshof hätte diese ganze
Problematik dennoch entschärfen können. Er hatte sich mit der Frage der
Zulässigkeit der Forderungsabtretung bereits beschäftigt und meint,
dass der wirksamen Abtretung von Darlehensforderungen eines
Kreditinstituts, weder das Bankgeheimnis noch das
Bundesdatenschutzgesetz entgegen stehen. Allerdings kann eine
Verletzung des schuldrechtlich wirkenden Bankgeheimnisses einen
Schadenersatzanspruch begründen. Bankkunden sollten daher vor Abschluss
eines Darlehensvertrages darauf achten, dass eine beabsichtigte
Abtretung ihrer Darlehensschuld unter dem Vorbehalt ihrer ausdrücklichen Einwilligung steht.
Quelle: Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH