Envion AG: Razzia bei Ex-CEO Matthias Woestmann und Berliner Rechtsanwalt Thomas van Aubel
Archivmeldung vom 24.10.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttWie das Online-Portal der Wirtschaftszeitschrift CAPITAL (capital.de / financefwd.com) heute berichtet, wurden die Räume des ehemaligen CEO der Schweizer envion AG, Matthias Woestmann, als auch die Kanzleiräume des Berliner Rechtsanwaltes Thomas van Aubel (VAN AUBEL & PARTNER Rechtsanwälte, Kurfürstendamm 57, 10707 Berlin) einer staatsanwaltschaftlich angeordneten Durchsuchung unterzogen.
Dies hat die Staatsanwaltschaft Berlin gegenüber einem Capital-Journalisten bestätigt. Die Auswertung der bei der Razzia beschlagnahmten Akten, Unterlagen und Datenträger dauere noch an. Seit geraumer Zeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen van Aubel und Woestmann im Zusammenhang mit dem größten und spektakulärsten Firmenraub der Krypto- und Blockchainszene. Woestmann und van Aubel wollten sich zu den Durchsuchungen gegenüber den Capital-Journalisten nicht äussern.
Woestmann und sein Freund und Geschäftspartner van Aubel hatten durch eine illegale Kapitalerhöhung bei der envion AG das Gründerteam entmachtet und um deren Unternehmen beraubt; die Gründer hatten ihre Interessen in der Trado GmbH gebündelt. Unmittelbar zuvor hatte die envion AG im Zuge eines ICO rund 100 Mio USD von rund 37.000 internationalen Anlegern eingesammelt. Woestmann und van Aubel hatten sich offensichtlich Zugriff auf die Investitionen erhofft, allerdings konnte die Trado GmbH mit dem Gründer Michael Luckow vor Gericht den Zugriff blockieren.
Unmittelbar nach der illegalen Kapitalerhöhung und der "Enteignung" des Gründerteams der envion AG starteten Woestmann und van Aubel eine Medienkampagne, um ihr illegales Vorgehen zu rechtfertigen. Dazu gehörte dann auch, Strafanzeige gegen die Gründer zu erstatten wegen angeblichen Fehlverhaltens bei der Tokenerstellung - im Gegensatz zu Woestmann und van Aubel ist die Staatsanwaltschaft aber bei den Gründern nicht vorstellig geworden. Woestmann präsentierte beim Handelsblatt angeblich valide Unterlagen und ein "Gutachten", nach denen die Gründer mehr Token hergestellt hätten, als erlaubt gewesen sei. Das Handelsblatt veröffentlichte einen Bericht und andere Medien übernahmen diese falschen Informationen. Daraufhin wurden die envion-Investoren nervös, nahmen die Aussagen von Woestmann für bare Münze und verklagten die Trado GmbH und die envion AG wegen angeblicher Prospektfehler.
Als wesentlichen Vorwurf wurde immer wieder vorgetragen, dass die Anleger über die Anzahl der erstellten Token getäuscht worden seien und die Rolle der Trado GmbH nicht "aufgedeckt" worden sei. In der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Berliner Landgericht hat das Gericht jedoch im Detail erläutert, dass es selbst im Einzelnen nachgerechnet habe und keineswegs unrechtmäßig Token hergestellt worden seien. Selbst wenn zuviele Token produziert worden wären, sähe der Prospekt das Recht vor, eine höhere Anzahl von Token zu produzieren, die, wenn nicht gebraucht, dann vernichtet werden könnten. Außerdem erklärte das Gericht: Die Anlegeranwälte hatten an keiner Stelle Indizien auch nur vorgetragen, die darauf schließen ließen, dass die handelnden Personen bei der Trado GmbH eine Schädigungsabsicht gehabt hätten. Es sei jedoch zwingende Voraussetzung für eine Haftung, dass solche Indizien nachgewiesenermaßen vorlägen.
Sowohl Landgericht als auch das Kammergericht Berlin sahen in der unrechtmäßigen Kapitalerhöhung und dem gemeinsamen Vorgehen von Woestmann und van Aubel mit deren Gesellschaften Quadrat Capital GmbH und Sycamore GmbH ein "besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit", das "den objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit" erfülle. Die Sycamore GmbH steht unter der Leitung des Berliner Rechtsanwalts Thomas van Aubel und seiner Frau Jutta Freifrau von Falkenhausen. Seit der unrechtmäßigen Kapitalerhöhung halten Thomas van Aubel und seine Frau Jutta Freifrau von Falkenhausen über die Sycamore GmbH mit 61% die Mehrheit an der envion AG. Sollten Woestmann und van Aubel verurteilt werden, drohen mehrjährige Haftstrafen. Sie müssen auch mit Schadensersatzforderungen der Gründer in Millionenhöhe rechnen.
Bereits unmittelbar nach dem Ende des ICO und der sodann vollzogenen Kapitalerhöhung versuchten Woestmann und van Aubel, das Unternehmen zu verkaufen. Nachdem die Gründer von den konspirativen Plänen Kenntnis erlangt hatten, konnte die weitere Zerschlagung der envion durch eine vom Gründerteam erwirkte gerichtliche Verfügung gestoppt werden.
Für die envion AG wurde in der Schweiz von Amts wegen ein Liquidator eingesetzt und Woestmann aus dem Verwaltungsrat entfernt lange bevor die Ermittlungen gegen ihn bekannt wurden. Dabei hatte Woestmann den zur Liquidation geführten Organmangel ab dem Zeitpunkt mutwillig herbeigeführt, als er keine Aussichten mehr auf das schnelle Geld durch den Verkauf des Unternehmens hatte, indem er keine Revionsstelle einsetzte, was für eine Schweizer AG allerdings ein zwingendes Erfordernis ist. Mangels Möglichkeit einer Einflussnahme mussten die Gründer zusehen, wie Herr Woestmann sie nicht nur kaltstellte, sondern auch das ganze Projekt durch seine Blockade an die Wand fuhr.
Aufgrund des unrechtmäßigen Verhaltens von Woestmann und van Aubel konnte die envion AG, die mobile Mining Units für das energieintensive Mining von Kryptowährung bauen und an Standorten mit niedrigen Energiekosten einsetzen wollte, das operative Geschäft gar nicht erst aufnehmen. Woestmann stellte sofort jede geschäftliche Aktivität ein. Jeder Versuch der Trado GmbH (der Gründer), in den Folgemonaten Woestmann und van Aubel zu einer Rückkehr zu rechtmäßigem Verhalten zu bewegen und das versprochene mobile Mining Konzept umzusetzen, blieb fruchtlos. Aufgrund der angeordneten Liquidation ist das Konzept dann endgültig gescheitert.
Das Gründerteam um Michael Luckow will nun wenigstens sicherstellen, dass die Investoren mit möglichst geringem Schaden aus dem Engagement herauskommen. Deshalb haben sie das sogenannte Liquidation Upgrade Program (LUP) initiiert. Dies wird von einem weisungsunabhängigen Treuhänder geführt. Die Gründer und die Trado GmbH haben ihre Ansprüche aus dem ICO und Schadensersatzansprüche gegen Woestmann, van Aubel und deren Gesellschaften an das Programm übertragen. Dem Programm können alle Inhaber von Token beitreten, die sie von der Gesellschaft im Zuge des Initial Coin Offering (ICO) im Jahr 2018 erhalten oder danach von Kryptowährungsbörsen erworben haben. Die Mitgliedschaft bei LUP ist kostenlos. envion-Token-Inhaber können sich über die Website der Gesellschaft unter www.liquidation-upgrade-program.org anmelden. Es ist zu erwarten, dass im Zuge der Liquidation der envion AG und der Schadenersatzklagen mehrere Millionen Dollar von dem Programm an envion Tokenhalter ausgeschüttert werden können.
"Die Gründer sind davon überzeugt, dass ein unabhängiges Unternehmen ohne jede Verbindung zu envion am besten dazu geeignet ist, das Vertrauen der envion-Community zurückzugewinnen. Das Liquidation-Upgrade-Programm ist unsere Reaktion auf die Frustrationen der geschädigten Mitglieder unserer Community", sagt Michael Luckow, einer der Initiatoren des Konzepts. "Wir haben zuvor schon immer wieder erklärt, dass wir Gründer nicht von der unglücklichen Situation der Anleger, die von Woestmann und seinen Komplizen verursacht wurden, profitieren wollen. Mit der Gründung von LUP folgen unseren Worten handfeste Taten.
Wir hätten", so Michael Luckow weiter, "das Projekt liebend gerne ins Leben gebracht. Dank eines hoch motivierten Teams und der Unterstützung einer weltweiten Gemeinschaft war es in erstaunlich kurzer Zeit gelungen, das neu entwickelte Produkt bis zur Vorserienproduktion zu bringen. Envion stellte für uns mehr als nur eine Chance auf ökonomische oder ökologische Optimierung im Bereich der Blockchain-Technologie dar. Langfristig hatte die durch das Projekt gegründete Gemeinschaft großes Potential positive Veränderungen für die Welt in und aus den Bereichen Energie und Dezentralisierung zu schaffen. Es macht mich traurig zu sehen wie der Versuch einer jungen Generation etwas Positives zu bewirken dann so sinnlos mit illegalen Tricks der Old Economy zunichtegemacht wird. Zu erfahren, dass die Behörden hier nicht tatenlos zusehen, ist für sehr viele Menschen wie auch für uns ein bedeutsames Signal."
Quelle: NAIMA Strategic Legal Services GmbH (ots)