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Juristen der Universität Wien reformieren Europäisches Insolvenzrecht

Archivmeldung vom 16.01.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.01.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Paul Oberhammer
Quelle: privat (idw)
Paul Oberhammer Quelle: privat (idw)

Die 2002 in Kraft getretene Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO) regelt internationale Insolvenzverfahren und gilt in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark. In nur neun Monaten ist es Forschern der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien in Kooperation mit einem Heidelberger Team gelungen, im Auftrag der EU-Kommission eine umfassende rechtsvergleichende Studie zur Evaluation der EuInsVO in 26 Mitgliedstaaten zu erarbeiten. Die Studie zeigt Reformansätze für den europäischen Gesetzgeber auf, um die Abwicklung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren noch effizienter zu gestalten.

Ziel der EuInsVO ist, ein Insolvenzverfahren mit EU-weiter Wirkung zu schaffen und etwaige Kompetenzkonflikte zu lösen. Zu diesem Zweck regelt die EuInsVO unter anderem die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und sieht vor, dass sich das in einem Mitgliedstaat eröffnete (Haupt-)Verfahren automatisch auf das gesamte in der EU vorhandene Vermögen des Schuldners erstreckt.

Am 10. Jänner veröffentlichte die EU-Kommission die – als Heidelberg-Vienna-Report – bezeichnete Endfassung der Studie über die Anwendung der EuInsVO in den 26 Mitgliedstaaten. Der kurz zuvor veröffentlichte Bericht der EU-Kommission über die Anwendung der EuInsVO und der Vorschlag der EU-Kommission für eine Reform der EuInsVO stützen sich grundlegend auf die im Heidelberg-Vienna-Report aufgedeckten Problemfelder sowie die dort vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten.

Grundlagen der Studie

Die Reform der EuInsVO steht gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten ganz oben auf der politischen Prioritätenliste der EU. Das Evaluationsprojekt schließt daher ein bedeutendes Vorhaben der EU-Kommission für das Jahr 2012 ab. "Die Studie basiert auf weitrechenden rechtsvergleichenden Arbeiten und der Auswertung von Nationalberichten, die von RechtswissenschaftlerInnen und InsolvenzpraktikerInnen aus ganz Europa verfasst wurden", so Paul Oberhammer, Professor am Institut für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien. Die Studie wurde unter der Leitung von Paul Oberhammer und den Heidelberger Rechtsprofessoren Burkhard Hess und Thomas Pfeiffer erstellt. Die Projektleiter wirkten zudem in einer Expertengruppe mit, welche die EU-Kommission im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zusätzlich unterstützte. Neben Paul Oberhammer wirkten seitens des Instituts für Zivilverfahrensrecht der Universität Wien Christian Koller und Michael Slonina an der Studie mit.

Restrukturierungs- und Sanierungsverfahren

Die Studie bestätigt zwar grundsätzlich, dass sich die EuInsVO als erfolgreiches Instrument zur Koordinierung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren bewährt hat, zeigt aber auch in vielen Aspekten Verbesserungsbedarf auf. Dazu zählt insbesondere die Einbeziehung von Verfahren im Vorfeld einer Insolvenz, die der Reorganisation und Sanierung des Schuldners dienen. Wichtig sei auch die Schaffung besonderer Regelungen, um die Insolvenz von Mitgliedern internationaler Konzerne effizienter zu regeln, die Koordination von Insolvenzverwaltern und -gerichten in Europa zu intensivieren und die Sicherung der öffentlichen Bekanntmachung von Insolvenzverfahren in nationalen elektronischen Insolvenzregistern zu gewährleisten, die auf europäischer Ebene vernetzt werden.

Konzerninsolvenz und EU-weite Gläubigerinformation

Zusätzlich zur Beseitigung des Informationsdefizits werden Lösungen entwickelt, die es Gläubigern erleichtern sollen, ihre Rechte in grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren durchzusetzen. Das wirtschaftlich besonders relevante Thema der Konzerninsolvenzen wird derzeit in der EuInsVO nicht geregelt. "Die erfolgreiche grenzüberschreitende Restrukturierung von Unternehmensgruppen wird dadurch erheblich erschwert", erklärt Paul Oberhammer.

Quelle: Universität Wien (idw)

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