Ärzte und Apotheken warnen vor neuen Lieferengpässen bei Arzneien
Archivmeldung vom 20.09.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Apotheken in Deutschland kämpfen bereits vor dem Start der Infektionswellen im Herbst mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln. "Knapp 500 Medikamente sind derzeit von Lieferengpässen betroffen", sagte der Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Mathias Arnold, der Funke-Mediengruppe.
Dies seien nur die freiwilligen Meldungen der Hersteller für
rezeptpflichtige, versorgungskritische Wirkstoffe. "Der wahre Umfang des
Problems dürfte noch viel größer sein. Betroffen sind viele wichtige
Medikamente von Antibiotika über Insuline bis zu Schmerz- und
Betäubungsmitteln."
"Das im vorigen Jahr von der Ampel-Koalition
beschlossene Lieferengpassgesetz (ALBVVG) bringt bisher leider keine
spürbare Entlastung für die Apotheken", resümierte Arnold. Der Trend zu
Lieferengpässen gehe weiter nach oben und "wird in der Herbst- und
Winterzeit durch höhere Nachfrage aufgrund von Infektionen oft noch
saisonal verstärkt", so Arnold. Bei vielen Apotheken bestehe deswegen in
diesen Tagen die Sorge, die Patienten in der beginnenden
Erkältungssaison nicht jederzeit mit allen notwendigen Medikamenten zu
versorgen.
Von den Problemen, die durch Lieferengpässe
entstünden, seien alle behandelnden Ärzte betroffen, in Praxen genauso
wie in Krankenhäusern, sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes,
Susanne Johna. "Patienten müssen häufiger auf andere Medikamente
umgestellt werden, wenn das gewohnte Arzneimittel nicht verfügbar ist.
Eine solche Umgewöhnung ist in vielen Fällen unproblematisch, kann aber
auch - je nach Zusammensetzung des entsprechenden Präparats - vereinzelt
zu Beschwerden führen."
Für die behandelnden Ärzte gehe eine
solche Umstellung immer mit mehr Beratung einher, sagte Johna: "Sie
müssen dabei auch berücksichtigen, welche Wechselwirkungen zu anderen
Präparaten entstehen können, die der Patienten zusätzlich noch einnehmen
muss." Bei einer größeren Erkältungswelle sei im kommenden Herbst und
Winter zu befürchten, "dass erneut pädiatrische Medikamente insbesondere
für kleine Kinder, also bestimmte Tropfen und Zäpfchen, knapp werden
könnten". Im Winter 2022/2023 waren Fiebersäfte für Kinder teilweise
nicht mehr zu haben.
Der Herstellerverband Pharma Deutschland
sieht in den Lieferengpässen ein "strukturelles Problem". Wesentliche
Gründe dafür seien "die überdrehte und komplexe Preisregulation bei
gleichzeitigem stetig steigenden Kostendruck auf die Hersteller. Dies
führte zu einer Konzentration auf wenige Herstell- und
Produktionsbetriebe und damit zu anfälligen Lieferketten", sagte der
Verbandssprecher Hannes Hönemann.
Quelle: dts Nachrichtenagentur