Steueranwalt rät Inhabern von Schweizer Konten zur schnellen, geordneten Selbstanzeige
Archivmeldung vom 09.02.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWie kommt man schnell und sicher zu den nötigen Bankunterlagen, ohne dadurch ausgerechnet kurz vor Abgabe einer Selbstanzeige von der Steuerfahndung belangt zu werden? Das verrät Steueranwalt Dr. Tom Offerhaus vom World Tax Service WTS. Er rät unter anderem dringend dazu, die Erträgnis-Aufstellungen während der Bearbeitung in einer Schweizer Steuerkanzlei anonymisieren zu lassen.
"Rechtsstaatlichkeit hin oder her, der Politik bleibt nichts anderes übrig, als den Ankauf der gestohlenen Bankdaten zumindest ernsthaft in Erwägung zu ziehen", sagt Dr. Tom Offerhaus, Rechtsanwalt und Partner beim World Tax Service WTS in München. "Würde der Staat die Verhandlungen mit den anonymen Datenhändlern kategorisch ablehnen, würden sich diejenigen in Sicherheit wiegen, die ihre Steuererklärungen in der Vergangenheit nicht korrekt ausgefüllt haben."
Momentan sind Steuerpflichtige mit nicht offen gelegten Bankverbindungen in der Schweiz, aber auch anderen Staaten wie Liechtenstein, Österreich oder Luxemburg verunsichert. Offerhaus: "Das ist politisch durchaus so gewollt. Herr Schäuble hat aber mit seinen Äußerungen auch ein klares Signal gesendet, dass jetzt noch die Möglichkeit besteht, straffrei aus einer begangenen Steuerhinterziehung herauszukommen." Dies gilt aber eben nur, solange die Steuerfahndung noch nicht vor der Tür steht: "Dem Täter darf die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens noch nicht bekannt sein. Wenn die konkrete Tat bereits entdeckt ist und der Täter dies wissen müsste, kann er sich ebenfalls nicht mehr straffrei aus der Affäre ziehen."
Ohne Selbstanzeige drohen ab einer Million Euro hinterzogener Steuerschuld in aller Regel Freiheitsstrafen ohne Bewährung. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits im Dezember 2008 entschieden. In einem besonders schweren Fall drohen sogar Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Jedenfalls muss der Betroffene zusätzlich zur Steuernachzahlung mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Der BGH machte in seinem Urteil klar, dass es sich bei der Steuerhinterziehung keinesfalls um ein Kavaliersdelikt handelt.
Kein Wunder, dass bei Dr. Offerhaus das Telefon in den letzten Tagen vermehrt klingelt. Er leitet den Bereich Private Client Services in der WTS, einer der größten Steuerberatungsgesellschaften Deutschlands. Da die WTS ein internationales Netzwerk von Steuerexperten in 92 Ländern gespannt hat, kann sie eine völlig anonymisierte Vorbereitung einer Selbstanzeige garantieren, bis diese auch wirklich eingereicht ist. "In diesem Fall sammelt unsere Schweizer Niederlassung die Erträgnisaufstellungen bei den Banken ein und stellt sicher, dass die Unterlagen völlig anonymisiert an uns weitergeleitet werden." Die Steuerberater und Steueranwälte in Deutschland bereiten die Nacherklärungen dann ohne Namenszuordnung vor, damit in den Tagen vor einer Selbstanzeige kein Risiko einer Entdeckung droht.
Wie sollte man sich verhalten, wenn einem die unterlassene Erklärung von Kapitaleinkünften in der Schweiz vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion Sorgen bereitet? "Wir können in solch einem Fall nur nachdrücklich zu einer schnellen Selbstanzeige raten", so Dr. Offerhaus. "Steuerhinterziehung ist die einzige Straftat, bei der man seine Tat auf diese Weise quasi ungeschehen machen kann."
"Ist Eile geboten, so sollte die Selbstanzeige zunächst auf einer großzügigen Schätzbasis erfolgen. Eine detaillierte Nacherklärung, die dann hoffentlich zu günstigeren Resultaten führt, kann nachgereicht werden. Steht ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung im Raum, so sollte die Selbstanzeige die letzten zehn Jahre umfassen. Ansonsten sollten zumindest die letzten fünf Jahre dargestellt werden, da die strafrechtliche Verjährungsfrist für den einfachen Fall der Steuerhinterziehung fünf Jahre beträgt.
Zur Erlangung der Straffreiheit mag eine Selbstanzeige über die nichterklärten Erträge der letzten fünf Jahre zuzüglich Nachzahlung der Steuern für diesen Zeitraum ausreichen. Um eine Steuernachzahlung auch für den davorliegenden Fünfjahreszeitraum kommt man aber dennoch nicht herum. Neben den Steuern sind auch Zinsen zu zahlen, und zwar in Höhe von 6% der Steuerschuld pro Jahr. "So manch ein Steuerzahler wird jedoch überrascht sein, wie niedrig die Zahlschuld im Verhältnis zur Höhe der Vermögenswerte ist", beruhigt der Steueranwalt.
Schnelligkeit ist alles bei einer Selbstanzeige. Laut Dr. Offerhaus ist eine Tat noch nicht dadurch entdeckt, dass sich der Name eines Steuerpflichtigen auf einer Daten-CD befindet, die in die Hände der deutschen Steuerfahndung geraten ist. Von einer Tatentdeckung kann erst ausgegangen werden, wenn diese Daten mit den persönlichen Steuererklärungen des Steuerpflichtigen abgeglichen worden sind. "Zudem muss der Betreffende in dieser Phase noch nicht mit einer Entdeckung seiner Tat rechnen. Denn das würde ja voraussetzen, dass er heute Kenntnis davon hat, dass sein Name auf der CD steht."
Dr. Offerhaus ist überzeugt, dass durch die aktuellen Indiskretionen Bankkunden in ganz Deutschland betroffen sein werden, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern. Er hält es nicht für ausgeschlossen, dass auch die Furcht vor eigener Belangung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung den einen oder anderen Bankangestellten zu einer Kooperation mit Finanzbehörden verleitet.
Ist das Bankgeheimnis in der Schweiz auch politisch am Ende? Tom Offerhaus: "Ich glaube über kurz oder lang ist das Bankgeheimnis auch in der Schweiz nicht mehr in der Form haltbar, wie wir es in den letzten Jahrzehnten kannten. Die Schweiz hat sich gegenüber anderen Industriestaaten dazu verpflichtet, Auskünfte auszutauschen. Derzeit wird sogar ein automatischer Informationsaustausch erwogen. Noch im Laufe dieses Jahres dürfte ein entsprechendes Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz ratifiziert werden, in dem das Bankgeheimnis zumindest bei konkreten Anfragen wegen bestehender Verdachtsmomente keine Hürde mehr für den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Staaten darstellen sollte. Das Bankgeheimnis dürfte auf die Rolle, die es auch in Deutschland spielt, reduziert werden. Meiner Meinung nach wird es somit bei konkreten Verdachtsmomenten wegen Steuerhinterziehung in Zukunft auch in der Schweiz keinen Schutz mehr bieten."
Fünf Tipps auf einen Blick
1. Freiheits- oder Geldstrafen durch Selbstanzeige vermeiden.
2. Dabei ist es wichtig, vor konkreter Tatentdeckung zu handeln.
3. Bis zur Abgabe der Selbstanzeige sollte sich niemand Erträgnisaufstellungen seiner Schweizer Bank mit seinem Namen an seine Privatadresse nach Deutschland schicken lassen.
4. Wer vorab eine Schätzung abgibt, sollte diese großzügig halten, damit auch wirklich die gesamte Steuerhinterziehung straffrei bleibt.
5. Nehmen Sie Abschied vom Schweizer Konto als anonyme Geldanlage. Noch 2010 dürfte die Schweiz ein entsprechendes Abkommen zum grenzüberschreitenden Austausch von Auskünften unterzeichnen.
Quelle: WTS AG Steuerberatungsgesellschaft