Marburger Mittelstands-Barometer zeigt positive Trendwende im Mittelstand
Archivmeldung vom 27.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür 2007 ermittelte eine Umfrage der Forschungsstelle mittelständische Wirtschaft (FMW) eine gute Stimmungs- und Geschäftslage im Mittelstand. Bereits zum dritten Mal wurden im Rahmen des Marburger Mittelstands-Barometers (MMB) bundesweit 2337 Unternehmer und Unternehmerinnen zu ihrer Stimmungs- und Geschäftslage befragt.
Das zentrale Ergebnis der Kooperationsstudie zwischen dem Bundesverband
mittelständische Wirtschaft (BVMW) und der Forschungsstelle mittelständische
Wirtschaft (FMW) der Philipps-Universität Marburg lautet: Trotz Bürokratie und
Steuerbelastung positive Trendwende bei Arbeitsplätzen im Mittelstand.
Das Marburger Mittelstands-Barometer ermittelt einmal
jährlich die Zusammenhänge zwischen der Schaffung von Arbeitsplätzen,
wahrgenommenen Geschäftslage, Freude am Unternehmertum, Gründungsklima und
Unternehmerbild in der Öffentlichkeit. Die Schaffung von Arbeitsplätzen wird
demnach in großem Maße von der wahrgenommenen Geschäftslage der Unternehmer
determiniert. Diese wiederum wird von der Freude am Unternehmertum bestimmt.
Schließlich hängt diese vom Gründungsklima und dem Unternehmerbild in der
Öffentlichkeit ab.
Besonders aufschlussreich war es herauszufinden, ob und
inwiefern 2006 die von allen erhoffte Trendwende bei kleinen und mittelgroßen
Unternehmen eingetreten ist. Zusätzlich konnten die diesjährigen Ergebnisse mit
den Werten aus den Jahren 2004 und 2005 verglichen werden.
Die zentralen
Befunde des MMB bestätigen den positiven Trend der deutschen Wirtschaft - die
Stimmung im Mittelstand ist derzeit so gut wie seit langem nicht mehr. Diese
Entwicklung spiegelt sich auch am Arbeitsmarkt wieder. Im vergangenen Jahr hat
jeder dritte Unternehmer neue Arbeitsplätze geschaffen. Auch für das kommende
Jahr setzt sich gemäß den Befunden des MMB dieser Trend weiter fort. Insgesamt
determinieren die ermittelten psychischen Faktoren die wahrgenommene
Geschäftslage zu 32%. Die Schaffung von Arbeitsplätzen lässt sich sogar zu 68%
mit dem Eisbergmodell erklären. Möchte man auch in Zukunft die Situation am
Arbeitsmarkt und die Geschäftslage verbessern, muss man auch bei diesen
psychischen Faktoren ansetzen.
Positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass im
Längsschnitt bei allen fünf Faktoren eine Verbesserung eingetreten ist. Die
Freude am Unternehmertum weist dabei die größte Steigerungsrate mit einem
Anstieg um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach wie vor unbefriedigende Werte
ergeben sich beim Unternehmerbild in der Öffentlichkeit und beim Gründungsklima,
die sich gegenüber dem Vorjahr nur geringfügig verbessert haben.
Eingetrübt
werden die positiven Tendenzen des Eisbergmodells hauptsächlich durch störende
Rahmenbedingungen, wobei hauptsächlich die überbordende Bürokratie und
strangulierende Regulierungen sowie die hohe Belastung durch Steuern und Abgaben
beklagt werden.
Die kaum spürbaren Veränderungen der Bewertung der
Rahmenbedingungen zeigen im Grundsatz, dass sich mit dem Wechsel der
Bundesregierung im letzten Jahr nach Meinung der Befragten in den Bereichen
Bürokratie und Regulierung überhaupt nichts getan hat und bei der
Steuerbelastung sogar verschlechtert hat. Die tiefgreifendste Verbesserung zeigt
sich bei der Bewertung des Konjunkturklimas.
Aufschlussreiche Befunde ergeben
sich auch beim Bundesländer-Ranking. Die Nase vorn hat in diesem Jahr
Niedersachsen, das bei vier der fünf Eisbergfaktoren den ersten Rang belegt.
Entgegengesetzt hierzu hat sich die Lage in Hessen mit teils drastischen
Verschlechterungen entwickelt. So bildet Hessen bei der Schaffung von
Arbeitsplätzen sogar das Schlusslicht. Wie bereits im Vorjahr verzeichnet der
Westen Deutschlands durchweg die positivsten Ergebnisse. Allerdings hat der
Osten aufgeholt und schätzt das Gründungsklima zusammen mit den Norddeutschen
mittlerweile positiver ein als vergleichsweise der Süden und Westen der
Republik.
Auffallend ist, dass im Hinblick auf die Branchen die Ergebnisse
teilweise stark differieren. Das liegt sicher auch daran, dass im Groß- und
Außenhandel sowie im Dienstleistungsbereich tätige Unternehmern stärker vom
konjunkturellen Aufschwung profitieren als Unternehmen aus dem Baugewerbe oder
Handwerk. Die gute Stimmungs- und Geschäftslage spiegelt sich insbesondere bei
jungen Unternehmen wider, die jünger als sieben Jahre sind und von
Unternehmern, die jünger als 42 Jahre sind, geleitet werden. In diesen
Unternehmen werden die meisten Arbeitsplätze geschaffen. Aber auch umsatz- und
mitarbeiterstarke Unternehmen schätzen ihre Geschäftslage aufgrund ihrer relativ
stärkeren Internationalisierung besonders positiv ein.
Die Ergebnisse des
Marburger Mittelstand-Barometers 2006 belegen, dass kleine und mittlere
Unternehmen nach wie vor die wichtigsten Arbeitgeber in Deutschland sind und
auch im nächsten Jahr bleiben werden. Daher muss die Politik es sich zur Aufgabe
machen, deren Handlungsfähigkeit konsequent zu fördern. Eine der
Hauptempfehlungen, so Professor Dr. Michael Lingenfelder, Sprecher der FMW, ist
der Abbau überbordender Bürokratie und strangulierender Regulierungen. Das
Bürokratieabbauprogramm der Bundesregierung muss deutlich mehr an Fahrt
aufnehmen und konkrete sowie berechenbare Entlastungsziele enthalten. Das seit
2003 in der Diskussion stehende Gesetzesprojekt zur Verbesserung der
Rahmenbedingungen für kleine Unternehmen (small company act) sollte kurzfristig
verabschiedet werden.
Zweitens sollte die Belastung durch Steuern und Abgaben
auf ein für den Mittelstand erträgliches Niveau reduziert werden. Die Ergebnisse
zeigen, dass sich nach dem Regierungswehsel 2005 die Steuerproblematik im
Mittelstand in diesem Jahr verschärft hat. Eine spürbare Entlastung des
Mittelstands durch Reduktion der Steuern und Abgaben sowie die konsequente
Vereinfachung des Steuerrechts müssen im Rahmen einer mittelstandszentrierten
Unternehmenssteuerreform noch 2007 praxiswirksam werden.
Eine neue Kultur der
Selbstständigkeit kann sich nur entwickeln in einem Klima der sozialen
Marktwirtschaft, in der unternehmerische Initiative nicht behindert, sondern die
notwendige Entfaltungsmöglichkeiten bekommt.
Zu den Voraussetzungen für eine
breite Gründerwelle zählen z.B. die Förderung der Innovationsfähigkeiten der
kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere durch Clusterbildung und
regionale Netzwerke, gezielte beratende und unterstützende Programme in der
Markteintritts- und Frühentwicklungsphase sowie eine Reduzierung und
Vereinfachung der Genehmigungsverfahren.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.