Aus den Augen, aus dem Sinn?
Archivmeldung vom 01.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMehr als 3 Millionen Pkw werden jährlich in Deutschland stillgelegt. Doch nur etwa eine halbe Million wird auch in Deutschland verwertet. Ein großer Teil geht als Gebrauchtwagen in den Export – nach Afrika, Osteuropa oder auch in andere EU-Staaten. Mit ihm verlassen viele Rohstoffe das Land: vor allem Stahl und Buntmetalle sowie Edelmetalle - etwa Platin. Die exportierten Gebrauchtwagen fahren oft noch viele Jahre in den Importländern.
Irgendwann müssen sie jedoch endgültig stillgelegt werden. Vor allem in Regionen außerhalb Europas, besonders in Afrika, fehlen Recyclingeinrichtungen für solche Fahrzeuge. Die Folge: Menschen und Umwelt leiden unter unsachgemäßer Entsorgung – und teure Rohstoffe, etwa Platinmetalle, gehen oft völlig verloren. Im Herbst 2006 untersuchten das Öko-Institut und die Firma Umicore – für das Umweltbundesamt (UBA) - am Beispiel des Hamburger Hafens, wie sich exportierte „Gebrauchte“, wenn sie im Importland irgendwann einmal endgültig ausrangiert sind, besser entsorgen lassen: Händler, Reeder, Spediteure und weitere am Export beteiligte Firmen sollten für eine verbesserte internationale Recyclingwirtschaft gewonnen werden, um die Verwertung alter Autos zu verbessern. Die ohnehin verbotenen Exporte fahruntüchtiger Autowracks in Länder ohne Recycling-Technik sind in der Praxis effektiver einzuschränken.
Vom Hamburger Hafen aus gehen jährlich etwa 100.000 bis 130.000 gebrauchte Autos nach Westafrika. Fast alle Fahrzeuge enthalten Edelmetalle wie Platin, Palladium oder Rhodium – vor allem in den Katalysatoren. Die Herstellung dieser Edelmetalle ist mit relativ großen Umweltbelastungen verbunden: Ein Gramm Platin verursacht in der Primärherstellung soviel Treibhausgase wie 5 Kilogramm Kupfer, ein Gramm recyceltes Platin dagegen nur einen Bruchteil davon. Recycling lohnt sich also. Derzeit ist die Recyclingrate von Platin in ihrem wichtigsten Anwendungsbereich – den Autokatalysatoren – in Deutschland jedoch unbefriedigend: Sie liegt bei weniger als 40 Prozent.
Handel und Weiternutzung alter Autos - zum Beispiel in Afrika - sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in den Importländern. Allerdings findet in diesen Regionen kein zufrieden stellendes Recycling der kostbaren Metalle statt. In Gesprächen zwischen am Export beteiligten Händlern, Reedern, Spediteuren und Behörden zeigte sich: Es gibt durchaus wirtschaftliche Anreize für die professionelle Rückführung der Rohstoffe aus ausrangierten Fahrzeugen - ein Alt-Kat allein kann einen Wert von mehreren 10 Euro haben. Nötig ist dazu allerdings zum Beispiel eine Rücklogistik: Reedereien könnten auf dem Hinweg Gebrauchtwagen einführen und auf dem Rückweg freien Transportraum für die Wertstoffe aus den ausgedienten Autos nutzen. Diese könnten dann zurück in Länder mit Recyclingstrukturen – etwa nach Europa - gehen.
Außerdem sind klare Kriterien wichtig für die Abgrenzung zwischen Gebrauchtgütern, die sich in Importländern weiter nutzen lassen, und Abfall, der nicht zur Verwertung in Länder ohne ausreichende Technik und Infrastruktur geschickt werden darf. Denn generell gilt: Es ist unverantwortlich gefährlichen Abfall in Länder zu exportieren, die über keine adäquaten Entsorgungsstrukturen verfügen. Als Vorbild könnte hier die EU-Leitlinie für Elektro- und Elektronikgeräte (Anlaufstellen-Leitlinien Nr. 1, Verbringung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten) dienen, die seit 2007 Vollzugsbehörden dabei unterstützt, Geräte in Gebrauchtgüter und Abfälle zu unterteilen. Aus Sicht des UBA wäre solch ein Leitfaden auch für den Kraftfahrzeugbereich wünschenswert.
Quelle: Pressemitteilung UBA