Infrago erwartet noch jahrelanges Fahrplan-Chaos bei der Bahn
Archivmeldung vom 24.08.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.08.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Schienennetzgesellschaft Infrago der Deutschen Bahn (DB) räumt in einem Papier zum "Baustellenmanagement" unumwunden ein, wie groß die Probleme beim Zugverkehr inzwischen sind. Die eigenen Beschäftigten seien "am Limit", und die Kunden ebenfalls, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".
Mit Kunden sind die Zugbetreiber gemeint. Die Infrago informiert oftmals
so spät über Baumaßnahmen und Streckensperrungen, dass die Zugbetreiber
weder rechtzeitig für Ersatzbusse sorgen noch die Fahrgäste
unterrichten können. Fahrpläne werden deshalb teilweise mit dem Zusatz
"ohne Gewähr" versehen.
Mit einem neuen Baustellenkonzept will
die Infrago für Abhilfe sorgen. Der Zielzustand wird dem 72-seitigen
Dokument zufolge, das vom 9. Juli datiert, aber erst 2028 erreicht. Bis
fast alle Züge wieder pünktlich sind, kann es also noch Jahre dauern.
Schlimmstenfalls
erfährt ein Lokführer kurz vor der Abfahrt, dass sein Zug stehen
bleiben muss. Weil die Bauarbeiten auf der vor ihm liegenden Strecke
noch gar nicht beendet sind, anders als geplant. Das hat das
Bahnunternehmen Arverio erlebt, das viele Regionallinien in Bayern und
Baden-Württemberg betreibt. Manchmal erlebe er das "blanke Chaos", sagte
Arverio-Chef Fabian Amini der SZ. Wie neulich zwischen München und
Augsburg, als die DB Infrago laut Arverio "wieder viel zu kurzfristig"
Bauarbeiten angekündigt habe. Schuld daran seien, sagte Amini, aber
nicht die "überlasteten" Beschäftigten bei Infrago. Die Bayerische
Regiobahn, die Zuglinien von Augsburg und München in die Berge betreibt,
versieht die wegen Baustellen geänderten Fahrpläne mit dem Zusatz "ohne
Gewähr".
Unmut über die späten Informationen von Infrago gibt es
laut SZ auch bei deren eigener Schwestergesellschaft DB Regio innerhalb
des Staatsunternehmens Deutsche Bahn. Die DB Regio betreibt viele
Regionallinien. Teilweise klappt es dem Infrago-Dokument zufolge nur in
jedem dritten Fall, die Zugbetreiber rechtzeitig und vollständig über
Baumaßnahmen zu informieren.
Die Aufsichtsbehörde
Bundesnetzagentur in Bonn hat auf wiederholte Beschwerden von
Zugbetreibern hin die DB Infrago verpflichtet, die Bahnunternehmen
besser über Baumaßnahmen zu informieren. Das müsse sich "grundlegend"
ändern. Außerdem müsse die Infrago die Fristen für die "Übermittlung von
Bauplanungsdokumenten" einhalten. Da die Netzgesellschaft der DB
weiterhin gegen diese Vorgabe verstoße, habe man ein Zwangsgeld in Höhe
von 225 000 Euro verhängt, teilte die Netzagentur auf SZ-Anfrage mit.
"Aktuell werden weitere Zwangsmaßnahmen geprüft." Aufgabe der
Netzagentur ist es, die "zentralen Lebensadern unseres Landes" zu
sichern, auch bei der Bahn.
Die Netzagentur teilte weiter mit,
damit alle Vorgaben umgesetzt werden könnten, müsse die Infrago bei
ihrer Informationstechnik (IT) enorm viel ändern. "Die vollständige
Umsetzung der angeordneten Maßnahmen wird für das Fahrplanjahr 2028
erwartet."
Quelle: dts Nachrichtenagentur