IW: Lohnfortzahlung bei Krankheit kostet über 76 Milliarden Euro
Archivmeldung vom 13.09.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.09.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie deutschen Arbeitgeber haben im vergangenen Jahr mit 76,7 Milliarden Euro für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall eine Rekordsumme ausgegeben. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, über die die "Rheinische Post" berichtet.
"Damit haben sich die Kosten binnen 14 Jahren verdoppelt", schreibt das
Institut. Der hohe Beschäftigungsstand, starke Lohnerhöhungen, aber auch
der unverändert hohe Krankenstand ließen für das laufende Jahr keine
Trendumkehr erwarten.
Das Institut beruft sich auf Daten des
Bundesarbeitsministeriums und der Betriebskrankenkassen sowie auf eigene
Schätzungen. Sofern erkrankte Beschäftigte innerhalb von bis zu drei
Tagen ein ärztliches Attest vorlegen, wird das Gehalt für bis zu sechs
Wochen vom Arbeitgeber weitergezahlt. Die Bescheinigung kann bei
Atemwegserkrankungen auch nach telefonischem Kontakt durch den Arzt
ausgestellt werden.
Die Frist beginnt von Neuem, sollten
Beschäftigte an einem anderen Leiden erkranken. Währt die Genesung
länger als sechs Wochen, zahlen die Krankenkassen ein Krankengeld in
Höhe von 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts, längstens bis zum
Ende der 72. Woche.
"Haben die Arbeitgeber im Jahr 2023 laut
Sozialbudget 64,9 Milliarden Euro an Bruttoentgelten für ihre erkrankten
Mitarbeiter gezahlt, dann mussten sie weitere 11,9 Milliarden Euro für
ihren Anteil am Sozialversicherungsbeitrag aufwenden", so das Institut.
Insgesamt ergeben sich demnach Kosten für die Unternehmen von 76,7
Milliarden Euro.
Studienautor Jochen Pimpertz erklärte den
Anstieg mit dem weiterhin hohen Beschäftigungsstand und deutlich
gestiegenen Löhnen und Gehältern. "Beide Faktoren erklären aber nur
einen Teil der Entwicklung. Denn auch der Krankenstand ist gestiegen:
Verzeichnete der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) im Jahr
2010 noch durchschnittlich 13,2 Kalendertage, an denen ihre
beschäftigten Mitglieder ein ärztliches Attest vorlegten, so waren es im
Jahr 2022 bereits 22,6 Tage", schreibt Pimpertz.
Die Daten einer
monatlichen Stichprobe der teilnehmenden Betriebskrankenkassen legten
nahe, dass der Krankenstand im Jahr 2023 kaum gesunken sei. Das Institut
plädiert deshalb dafür, die Möglichkeiten der Krankschreibung ohne
direkten persönlichen Kontakt mit einem Arzt wieder mehr einzuschränken.
"Grundsätzlich
ließe sich die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung auf den
Hausarzt oder einen in Deutschland ansässigen Arzt beschränken", so die
Studie. Treten Atemwegserkrankungen während eines Auslandsurlaubs auf,
sollte Beschäftigten der persönliche Kontakt mit einem ortsansässigen
Arzt zugemutet werden können.
Quelle: dts Nachrichtenagentur