Auswertung: Investitionen halten Verfall nicht auf
Unternehmen, Bürger und Staat in Deutschland investieren kaum noch genug, um Maschinen, Gebäude, Straßen und Brücken in Schuss zu halten. Das zeigt eine Übersicht des Linken-Bundestagsabgeordneten Victor Perli, der volkswirtschaftliche Daten des Statistischen Bundesamts ausgewertet hat.
Demnach reicht die Investitionssumme gerade noch aus, um den Wertverlust
des bereits vorhandenen Maschinenparks und der Infrastruktur
auszugleichen. Von einem Ausbau hingegen kann trotz aller
"Rekordinvestitionen", die der frühere Bundesfinanzminister Christian
Lindner (FDP) gerne für sich reklamierte, keine Rede sein - und das zu
einer Zeit, da das Land auf Klimaneutralität umgerüstet werden soll, das
Bildungsniveau sinkt, außenwirtschaftliche Abhängigkeiten abgebaut
werden müssen und neue Wettbewerber wie China auf den Plan treten.
"Deutschland
fährt auf Verschleiß. Infrastruktur, Maschinen und sonstige Anlagen,
die wir für unsere Wirtschaft brauchen, verlieren zunehmend an Wert,
bröckelnde Schulen und einstürzende Brücken verdeutlichen, dass viel zu
wenig investiert wird", sagte Perli der "Süddeutschen Zeitung".
Der
Übersicht zufolge summierten sich die Investitionen von Unternehmen,
Bürgern sowie Bund, Länder und Gemeinden im vergangenen Jahr auf knapp
908 Milliarden Euro. Zwischen 1991, dem ersten Jahr nach der
Wiedervereinigung, und 2024 stieg der Wert damit um 117 Prozent.
Die
Bilanz hat jedoch gleich zwei Haken. Erstens: Rechnet man die
Teuerungsrate ein, schrumpft der Zuwachs auf 13 Prozent zusammen. Und
zweitens, noch gravierender: Die Abschreibungen, also der beständig
voranschreitende Wertverlust aller bereits vorhandenen Maschinen,
Gebäude und Straßen, stiegen im selben Zeitraum noch sehr viel stärker -
um 259 Prozent nominal und fast 87 Prozent inflationsbereinigt. Von den
908 Milliarden Euro an Bruttoinvestitionen im Jahr 2024 blieben netto
deshalb ganze 19 Milliarden übrig.
Setzt man eben diese
Nettowerte zusätzlich ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP),
also der gesamtwirtschaftlichen Leistung des jeweiligen Jahres,
offenbart sich eine bedrohliche Entwicklung: Zwischen 1991 und 2024 sank
die Nettoinvestitionsquote demnach von 10,7 auf nunmehr 0,4 Prozent.
Zwar gab es zwischendurch immer wieder einmal kleinere Ausreißer nach
oben, die Trendlinie aber zeigt steil nach unten.
Schuld an der
"dramatischen Entwicklung der letzten 30 Jahre" sind aus Sicht Perlis
all jene politischen Wettbewerber, die sich "an die Schuldenbremse
klammern und sich nicht trauen, den krassen Reichtum des obersten
Prozents wirksam zu besteuern". Gemeint sein dürften in erster Linie
Lindner sowie die Unionschefs Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder
(CSU). Die Zahlen zeigten jedoch, dass eine mutige Investitionsoffensive
absolut notwendig sei, so der Parlamentarier. Auch die Unternehmen
würden wieder mehr investieren, wenn sie auf eine funktionierende
Infrastruktur vertrauen könnten. Perli: "Wir müssen endlich Geld in die
Hand nehmen, um uns auf die Zukunft vorzubereiten - nachfolgende
Generationen werden es uns danken."
Quelle: dts Nachrichtenagentur