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Die Ampelkoalition soll das Handwerk retten? Experte erklärt, warum nur das Handwerk selbst dies kann

Archivmeldung vom 12.01.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Geschäftsführer Deniz Akpinar Bild: fach.digital GmbH Fotograf: fach.digital GmbH
Geschäftsführer Deniz Akpinar Bild: fach.digital GmbH Fotograf: fach.digital GmbH

In der Zeitschrift Focus ist kürzlich ein Artikel erschienen, der sich dem "Fachkräfte-Fiasko" in Deutschland widmet. Insbesondere in den Handwerksberufen fehle es jetzt bereits an gut ausgebildetem Personal - um den Nachwuchs für die Zukunft sei es schlecht bestellt. Zwar sei die jüngst ins Amt gewählte Ampelkoalition an einer Verbesserung der Zustände interessiert.

Aus langjährigen Erfahrungen möchte Deniz Akpinar jedoch erläutern, wo die eigentlichen Hürden des Handwerks stehen - und wie diese wirklich überwunden werden können. Die Handwerksbetriebe haben sich viel zu lange auf Maßnahmen der Politik verlassen. Leider tun sie das vielfach immer noch allzu gerne, anstatt das "Problem" selbst in die Hand zu nehmen. Die Versuche einer Veränderung wirken aber oftmals halbherzig: So werden beispielsweise Plakate entworfen, mit denen jungen Menschen angesprochen und von einer Ausbildung im Handwerk überzeugt werden sollen.

Dabei lassen die meisten Handwerksbetriebe die Erkenntnisse unbeachtet, dass sie es längst verpasst haben, die jungen Menschen heutzutage überhaupt zu erreichen. Nur wenige Unternehmer sprechen potenzielle Lehrlinge proaktiv für eine Ausbildung in ihrem Betrieb an. Dagegen haben andere Branchen den Trend der Zeit längst erkannt - wenig überraschend gelingt es ihnen damit, die nächste Generation an Mitarbeitern für ihre Firma zu gewinnen. Die Handwerksbetriebe haben es dagegen vielfach noch immer nicht verstanden, wie sie die junge Zielgruppe ansprechen müssen, um sie von sich überzeugen. Denn statt Plakaten mit der Aufschrift "Handwerk ist sexy" will der Nachwuchs authentische, ehrliche und interessante Einblicke in den Arbeitsalltag erhalten.

Unter jungen Menschen hält sich oftmals noch immer hartnäckig das Vorurteil des schmutzigen und mühevollen Arbeitsalltags in den meisten Handwerksberufen. Beeinflusst werden sie zudem von ihren Eltern, die den vermeintlich schlechten Lohn in vielen Branchen als Argument anführen und auf die besseren Optionen verweisen, die ein Studium bietet. Vorurteile, die jeder Handwerker aus eigener Erfahrung entkräften kann: Zahlreiche Tätigkeiten sind längst sauberer und sicherer, sind anspruchsvoller und interessanter geworden. Alleine in den technischen Berufen wie etwa der Heizungs- oder Klimatechnik werden mittlerweile komplexe und innovative Anlagen genutzt, die dank regenerativer Konzepte einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Diese Anlagen sparen dem Kunden in den Zeiten steigender Energiekosten sogar bares Geld ein.

Es braucht gewiss nicht viel Fantasie, um die Entwicklungsmöglichkeiten für junge Menschen zu erkennen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung im Handwerk bietet - inklusive einer Tätigkeit, die in den meisten Branchen eine krisensichere Zukunft beinhaltet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die junge Generation irgendwann einmal ein Eigenheim leisten kann und vor der Altersarmut geschützt ist, dürfte mit einer handwerklichen Berufsausbildung deutlich höher als bei vielen Studiengängen liegen.

Es gibt also gute Argumente, die das Handwerk zur Nachwuchsgewinnung anführen kann. Es sollte jedoch davon abweichen, sich auf zentral gesteuerte Maßnahmen zu verlassen. Das Handwerk muss wieder selbst aktiv werden und junge Menschen von sich überzeugen. Die sozialen Netzwerke mit ihrer Möglichkeit, dort an jedem Tag Fotos und Videos zu veröffentlichen, sind dabei ein Geschenk der Digitalisierung. Betriebe, die ein solches Social Marketing aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht betreiben können, sollten diese Aufgaben an ihre Auszubildenden delegieren. Der Aufbau sozialer Kanäle muss somit nicht zur Chefsache werden - sondern darf den Nachwuchs einbeziehen.

"Die Scheinargumente, die Politik sei an allem schuld und die Jugend von heute sei einfach zu faul, lassen mich wütend werden", erklärt Deniz Akpinar. "Demgegenüber sind es die Handwerksbetriebe, die die Chancen des modernen Marketings noch nicht erkennen - und die nicht begreifen, welche Schritte sie jetzt einleiten müssen", führt der Experte aus. Viele Handwerker verstecken sich hinter den oft gut gefüllten Auftragsbüchern und umgehen somit die Verpflichtung, sich um ein zeitgemäßes Marketing zu bemühen. Würde aber jeder Betrieb aktiv werden und sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, so ließe sich das Problem des fehlenden Nachwuchses in vielen Branchen sicherlich innerhalb weniger Jahre lösen. Ein Vorgehen, das das Handwerk mittelfristig spürbar stärken und die Zahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich erhöhen würde.

Quelle: fach.digital GmbH (ots)

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