Commerzbank: Börsenbericht für die Woche vom 16.06. bis 20.06.2008
Archivmeldung vom 17.06.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittRückblick In der vergangenen Woche standen wieder einmal die Ereignisse in den USA im Mittelpunkt. Notenbank-Präsident Bernanke betonte bei seiner Rede auf einer Konferenz der Boston Fed erneut die Inflationsgefahren und hob die Bedeutung der Entwicklung der Inflationserwartungen für die Geldpolitik hervor. Sollten sich diese also merklich erhöhen, so steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung in den USA.
Unterdessen stiegen die Verbraucherpreise im Mai wieder auf 4,2% an, wenngleich sich der unterliegende Preisdruck bisher nur mäßig auf die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) durchgeschlagen hat.
Im Beige Book der US-Notenbank, in dem die regionalen Notenbanken über die Lage in den Regionen berichten, wurde ein eher düsteres Konjunkturbild gezeichnet. Danach ist die US-Wirtschaft auch im April und Mai schwach geblieben, hohe Energie- und Lebensmittelpreise belasteten die Konsumentenstimmung und die Entwicklung am Arbeitsmarkt sei schwach. Entsprechend sank auch das US-Verbrauchervertrauen (Uni Michigan) erneut deutlich auf den tiefsten Stand seit Juni 1980. Die Einzelhandelsumsätze entwickelten sich im Mai jedoch überraschend positiv.
Zwar wurde aufgrund des Konjunkturpaketes der US-Regierung und aufgrund der Benzinpreissteigerung bedingt gestiegenen Tankstellenumsätze mit einem Anstieg gerechnet, doch fielen die Umsätze noch höher als erwartet aus. Allerdings könnte dies auch bedeuten, dass die Versendung der Steuerschecks schneller als angenommen erfolgte und somit im nächsten Monat mit einer Gegenbewegung zu rechnen ist. Im Euroraum standen neben der Industrieproduktion, die ebenfalls positiv überraschte, keine bedeutenden Konjunkturdaten auf der Agenda.
Ausblick Die Aussicht auf eine Zinserhöhung im Euroraum, bei gleichzeitigen Anzeichen für eine sich abschwächende wirtschaftliche Dynamik, dürfte die Stimmung der im ZEW-Index befragten Finanzanalysten weiter eingetrübt haben. Der Konjunkturerwartungsindex ist nun schon seit August vergangenen Jahres im negativen Bereich, was die Erwartung einer sich in den nächsten 6 Monaten schlechter als in den vergangenen 6 Monaten entwickelnden Wirtschaft widerspiegelt. Die Erzeugerpreise in Deutschland dürften im Mai erneut kräftig zugelegt haben und die EZB in ihrem Ansinnen, den Leitzins im nächsten Monat um 25 Basispunkte zu erhöhen, bestärken.
In den USA stehen Baubeginne und -genehmigungen im Mittelpunkt. Nachdem in der letzten Woche die schwebenden Hausverkäufe positiv überraschten, werden die Immobilenmarktdaten in dieser Woche auf Anzeichen für ein Ende der Talfahrt des Bausektors abgeklopft. Zumindest der Trend bei den Baugenehmigungen könnte von einem Abwärts- in einen Seitwärtstrend übergehen.
Aktienmärkte
Rückblick Unter dem Eindruck hoher Ölpreise, einer relativ starken Inflation und angekündigter Aktionen der Notenbanken haben die europäischen Aktienmärkte eine Woche mit Gegenwind hinter sich gebracht. Der Dax hat auf Wochensicht 0,57% verloren, der EuroStoxx50 0,95% abgegeben. An der Wall Street lässt die Inflationsrate die Anleger derzeit kalt. Vor dem Wochenende freuten sich die Investoren über einen festeren Dollar sowie einen kurzfristig fallenden Ölpreis und trieben die Notierungen höher. Obwohl die Verbraucherpreisdaten mit 0,6% für Mai über den Erwartungen lagen, wurden diese positiv aufgenommen, da die Kerninflation weiterhin moderat blieb.
Zum beherrschenden Thema an den Finanzmärkten avancierten spätestens seit den deutlichen Worten von US-Notenbankchef Ben Bernanke und EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Inflationssorgen und die Angst vor steigenden Leitzinsen in Europa und den USA. Diese Sorgen haben die Anleger auf dem falschen Fuß erwischt. Angetrieben von dem stetig steigenden Ölpreis, der sich der Kontrolle der Industrieländer entzieht, verharrt die Inflationsrate in der Eurozone über drei Prozent und damit weit über der von der EZB angestrebten Teuerungsrate von zwei Prozent.
Im Fokus der letzten Woche standen wieder einmal die Finanzwerte - in vielerlei Hinsicht. Zum einen sorgten die Zahlen der US-Investmentbank Lehman Brothers und eine benötigte Kapitalerhöhung für zunächst negative Stimmung. Anderseits sorgte die anhaltende Konsolidierungsphantasie im deutschen Banksektor gerade bei den hiesigen Werten für Kursavancen.
Ausblick Nachdem es in den letzten Wochen von Unternehmensseite her eher beschaulich zuging, stehen in diesen Tagen einige wichtige Termine auf der Agenda. Mit Goldman Sachs und Morgan Stanley vermelden zwei Banken ihre Zahlen zum abgelaufenen Quartal. Obwohl Lehman Brothers seine Zahlen bereits vorab präsentierte und einen Verlust ausweisen musste, rechnen wir in dieser Woche nicht mit weiteren negativen Überraschungen in dieser Größenordnung. Jedoch bleibt zu befürchten, dass Goldman Sachs gezwungen sein könnte, seine Dividende zu kürzen. Ebenfalls Mitte der Woche steht die Veröffentlichung der Quartalsberichte des Einzelhändlers Best Buy und von Fedex an.
Beide Werte gelten als besonders konjunktursensitiv, daher erhoffen sich Marktteilnehmer Aufschluss darüber, inwieweit sich die Belastungsfaktoren tatsächlich auf die Bilanzen niederschlagen. In Summe dürften die in dieser Woche anstehenden Veröffentlichungen das Gesamtbild kaum merklich aufhellen. Vielmehr dürfte die aktuelle Gemengelage aus Konjunktur- und Inflationssorgen vorerst Bestand haben. Insgesamt fehlt dem deutschen Aktienmarkt damit weiterhin eine klare Richtungsvorgabe, daher sollte er sich kurzfristig im Bereich von 6.700 Punkten einpendeln. Mit Blick auf die 2. Jahreshälfte und einem Abklingen der Gewinnrevisionen halten wir die Märkte für günstig bewertet und gehen von Kursanstiegen aus.
Rentenmärkte
Rückblick Auch in der vergangenen Woche setzte sich der Abwärtstrend an den internationalen Rentenmärkten fort. Die US-Notenbank schwenkt mehr und mehr in Richtung Inflationsbekämpfung um und verstärkt somit die Zinserhöhungserwartungen in den USA. Zudem belasteten die US-Erzeuger- und Verbraucherpreisdaten, die für weiterhin anhaltenden Inflationsdruck sprechen. Die jedoch nur moderat gestiegene Kerninflationsrate nahm am Freitag allerdings den Druck vom Rentenmarkt. Die Zinsstrukturkurve im Euroraum hat sich etwas normalisiert, nachdem aus EZB-Kreisen die Markterwartung für eine Zinserhöhung im Juli zwar bestätigt, jedoch gleichzeitig betont wurde, dass keine Zinserhöhungsserie bevorstehe.
Ausblick Die Rentenmärkte dürften auch in dieser Woche weiter unter Druck bleiben. Im kurzen Euro-Laufzeitenbereich könnte es jedoch einen Renditerückgang geben, wenn die Zinserhöhungserwartungen über den Juli hinaus wieder etwas zurückgedrängt werden. Im Gesamtmarkt sollte es jedoch nur zu Kursgewinnen kommen, wenn die US-Immobilienmarktdaten sehr schwach ausfallen. Eine positive Überraschung bei US-Baubeginnen und -genehmigungen dürfte die Zinserhöhungserwartungen in den USA allerdings weiter anheizen und den Druck auf die Rentenmärkte erhöhen. In den USA wird bereits mit deutlich höheren Leitzinsen bis zum Jahresende gerechnet. Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass es bereits auf der Juni-Sitzung zu einer Änderung des US-Leitzinses kommt.
Quelle: Commerzbank AG