EU-Kommissar Oettinger fordert hartes Vorgehen gegen Google
Archivmeldung vom 15.05.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtEU-Kommissar Günther Oettinger fordert ein rigoroses Vorgehen gegen einen möglichen Missbrauch der Monopolstellung durch Google. "Im Fall Google ist das letzte Wort noch nicht gesprochen", sagte der Energiekommissar dem "Handelsblatt" (Freitagsausgabe).
"Die Bedeutung digitaler Dienstleistungen wird in den nächsten Jahren weiter steigen und damit auch die Macht Googles. Das muss eine heutige Wettbewerbsentscheidung berücksichtigen", betonte Oettinger. Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia plant, das Wettbewerbsverfahren gegen Google einzustellen, nachdem der Internetkonzern Zugeständnisse gemacht hat. Oettinger lehnt das ab.
Der CDU-Politiker gehört zu den Kritikern der Linie von Almunia und will einer Lösung auf Basis der bisherigen Verpflichtungsangebote von Google nicht zustimmen; notfalls solle das Kollegium der Kommissare abstimmen, so Oettinger. Google sei so dominant, dass es seine Dienstleistungen schneller und stärker entwickeln werde, als das Mitbewerber tun könnten. Deshalb dürfe Almunia das Verfahren nicht zu den Akten legen, ohne noch einmal den anhaltenden Bedenken der Beschwerdeführer Rechnung zu tragen.
De Maiziere sieht Marktmacht von Google mit Sorge
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hat sich besorgt über die Marktmacht von Google gezeigt und sieht die Politik in der Pflicht, gegen einen möglichen Machtmissbrauch vorzugehen: "Wir haben in der Finanzkrise wieder gelernt, dass es den Primat der Politik gibt. Das gilt ebenso für die Welt des Internets", sagte de Maiziere in einem Interview mit dem "Handelsblatt" (Freitagsausgabe).
Der CDU-Politiker forderte ein konsequentes Vorgehen der EU-Kommission, die ein Wettbewerbsverfahren gegen Google eingeleitet hat. "Wir sollten auf europäischem Boden europäisches Recht hart verteidigen. Das machen die USA und die großen Staaten in Asien schließlich nicht anders."
Eine Einigung bei der umstrittenen europäischen Datenschutzverordnung sieht de Maiziere allerdings erst im kommenden Jahr. "Ich gehe auch davon aus, dass wir nach der Wahl eines neuen EU-Parlaments und einer neuen Kommission so weit vorankommen, dass wir die Verordnung 2015 verabschieden können".
Gleichzeitig wehrte sich der Bundesinnenminister gegen den Vorwurf einer deutschen Blockadehaltung im Streit um die Datenschutzverordnung. "Das Gegenteil ist der Fall", sagte er. Die deutschen Vorschläge seien nicht darauf gerichtet, die Verabschiedung zu blockieren, sondern darauf, die mit der Verordnung verbundenen Ziele Harmonisierung und Modernisierung des Datenschutzes in Europa wirklich zu erreichen.
De Maiziere hält das Datensammeln des US-Geheimdienstes NSA für nicht so verwerflich wie die Aktivitäten von Google: "Ich finde, ein womöglich übertriebenes Abgreifen von Informationen mit dem Motiv der Terrorbekämpfung ist weniger zu verurteilen als mit dem Ziel der privaten Gewinnmaximierung", sagte der Minister.
Google beeinflusse in einer Art Metastruktur viele unterschiedliche Märkte. "Wenn etwa die Autoindustrie Steuerungssysteme einsetzt, hat das eine dienende Funktion. Wenn es Google aber gelingt, mit attraktiven Angeboten oder Kfz-Versicherungen Mobilität zu verkaufen, kann plötzlich der Autohersteller in die dienende Rolle geraten", sagte er. Dazu haben wir in Deutschland doch gar keine Handhabe, das liegt in der Hand der US-Behörden. Übrigens tendieren Riesen dazu, zu groß zu werden und damit zu unbeweglich.
Gabriel: EuGH-Urteil gegen Google ist ein Weckruf
Für den Wirtschaftsminister und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen Google ein Weckruf: Die Politik müsse jetzt handeln, schreibt er in einem Beitrag für F.A.Z. (Freitagsausgabe).
Das Urteil führe vor Augen, dass die gesamte marktwirtschaftliche Ordnung zur Disposition stehe. Aufgabe der Politik sei es, jetzt einen neuen Ordnungsrahmen für das digitale Zeitalter zu formulieren. Dazu gehört für Gabriel, dass "Wirtschaftsministerium und Bundeskartellamt prüfen, ob ein Unternehmen wie Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, um durch die Beherrschung einer `essential facility`, einer wesentlichen Infrastruktur, Wettbewerber systematisch zu verdrängen."
Es müsse sogar erwogen werden, Unternehmen wie Google zu entflechten, wie dies bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde. "Wir fassen deshalb zuerst eine kartellrechtsähnliche Regulierung von Internetplattformen ins Auge. Marktwirtschaft ist für uns etwas anderes als ein `Halsabschneider-Wettbewerb`, bei dem die schier unbegrenzte Marktmacht des einen allen anderen die Bedingungen zur Marktteilnahme vorschreiben kann." Gabriel schlägt dazu ein konkretes 4-Punkte-Programm vor.
Quelle: dts Nachrichtenagentur