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48 Milliarden Euro überfällige Forderungen bei deutschen Unternehmen

Archivmeldung vom 08.06.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Quelle: Intrum Justitia
Quelle: Intrum Justitia

Die Forderungsrisiken in Deutschland und in Europa sind nach einer leichten Erholung im Vorjahr wieder angestiegen. Die deutschen Unternehmen sehen sich hohen finanziellen Risiken gegenüber - Ende 2005 verzeichneten sie rund 48 Milliarden Euro überfällige Forderungen. Im Jahresvergleich hat sich vor allem der Zahlungsverzug der öffentlichen Hand und von Privatkunden erhöht.

Das ist das Ergebnis des aktuellen 'European Payment Index 2006' des führenden europäischen Anbieters von Forderungsmanagement-Dienstleistungen Intrum Justitia. Die Studie vergleicht das Zahlungsverhalten in 22 europäischen Ländern.

Die Forderungsrisiken in Deutschland haben sich gegenüber dem Vorjahr leicht auf 155 Indexpunkte erhöht (Vorjahr: 154; Erläuterung des Payment Index sowie eine Übersicht der 22 Länder gemäß Grafik, dies nach einem starken Anstieg im ersten Halbjahr 2005 (Index 158) und einer Entspannung in der zweiten Jahreshälfte. Die befragten Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Risiken dieses Jahr im Geschäftskundenmarkt (B2B) positiv entwickeln, während die Risiken im Privatkundensegment auf hohem Stand verharren oder sogar weiter ansteigen werden.

Auch die Exportindustrie muss sich mit ansteigenden Zahlungsrisiken in den europäischen Hauptabsatzmärkten auseinander setzen. Drei der vier wichtigsten Märkte - Frankreich, Großbritannien und die Niederlande - weisen einen Anstieg der Zahlungsrisiken im Vorjahresvergleich aus. Lediglich Italien verzeichnet eine positive Entwicklung, dies jedoch nach einem starken Anstieg im Vorjahr. Die niedrigsten Zahlungsrisiken finden sich trotz einer negativen Entwicklung erneut in Finnland, gefolgt von Schweden und Norwegen. Portugal, die Tschechische Republik und Polen weisen die höchsten Risiken aus. Deutschland belegt wie im Vorjahr den 14. Platz der insgesamt 22 untersuchten Länder.

Die durchschnittliche Zahlungsdauer in Europa (vertraglich vereinbarte Zahlungsfrist plus Zahlungsverzug) erhöhte sich 2005 erneut. Nach einer Erhöhung der Dauer von 57,3 Tagen (Ende 2003) auf 58,7 Tage zum Ende 2004 erhöhte sich die Dauer bis Ende 2005 auf 59,2 Tage. In Deutschland beträgt die Zahlungsdauer bei den Privatkunden 37 Tage (Vorjahr: 34,3 Tage), bei den Geschäftskunden 46,4 Tage (Vorjahr: 47,5 Tage) und bei der öffentlichen Hand 48 Tage (46,8 Tage). Der durchschnittliche Zahlungsverzug in Europa erhöhte sich von 15,1 Tagen zum Ende 2003 auf 16,8 Tage bis Ende 2005, was einem Buchwert der überfälligen Forderungen von insgesamt 250 Milliarden Euro entspricht - so viel wie das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) von Österreich. Der Anteil der deutschen Wirtschaft beträgt 48 Milliarden Euro. Allein seit 2003 stieg der Buchwert der überfälligen Forderungen in der Europäischen Union um 25 Milliarden Euro an. In Deutschland hat der Zahlungsverzug bei den Geschäftskunden von 15,3 Tagen auf 14,2 Tage abgenommen. Die Privatkunden jedoch (14,9 Tage; Vorjahr: 12,2 Tage) und die öffentliche Hand (17,1 Tage; Vorjahr: 15,9 Tage) ließen sich noch einmal mehr Zeit, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Der durchschnittliche Forderungsverlust in Europa stieg von 1,7 Prozent (Ende 2004) auf 1,9 Prozent bis Ende 2005 an. Frankreich weist den stärksten Zuwachs an Forderungsverlusten aller 22 untersuchten Länder aus, gefolgt von Island und Ungarn. Die positivste Entwicklung - jedoch auf hohem Niveau - verzeichneten Spanien und Litauen, gefolgt von Norwegen. Der Forderungsverlust in Deutschland beträgt 2,3 Prozent (Vorjahr: 2,2 Prozent) und liegt damit klar über dem europäischen Durchschnitt. Die geringsten Verluste weisen Finnland (0,7 Prozent, Vorjahr: 0,6 Prozent), Italien (0,9 Prozent, Vorjahr: 1,1 Prozent) sowie Dänemark (1,1 Prozent, Vorjahr: 1,2 Prozent) und Schweden (ebenfalls 1,1 Prozent, Vorjahr: 0,9 Prozent) aus. Die höchsten Verluste verzeichnen die Unternehmen in Estland (3,6 Prozent, Vorjahr: 3,4 Prozent) und Lettland (3,2 Prozent, Vorjahr: 2,8 Prozent). In diesen Ländern werden die Folgen der hohen Verluste jedoch weitgehend durch das äußerst starke wirtschaftliche Wachstum kompensiert (BIP-Wachstum 2005: Estland 9,8 Prozent, Lettland 10,2 Prozent).

Intrum Justitia erwartet, dass sich die Zahlungsrisiken langfristig weiter erhöhen werden. Als Folge fehlender Finanzierungen hat sich das Zahlungsverhalten seit der ersten Umfrage im Jahr 1997 weiter verschlechtert. Aktuell lassen sich keine grundlegenden Faktoren erkennen, die diese Entwicklung positiv beeinflussen werden, jedoch eine Anzahl von Indikatoren, dass sich die Zahlungsrisiken weiter erhöhen werden. So zahlen Unternehmen zwar langsamer, wenn ihre Kunden langsamer bezahlen. Allerdings führt ein rascheres Bezahlen der eigenen Kunden zu keinem nennenswert rascheren Bezahlen der eigenen Lieferanten. Zudem wird mit der Einführung der neuen Eigenkapitalunterlegungsrichtlinien der Banken (Basel II) eine zusätzliche Überwälzung der schlechten Risiken von den Banken auf die übrigen Finanzierungsquellen erfolgen, das heißt in erster Linie auf die Lieferanten.

Verschärft wird diese Ausgangslage dadurch, dass die Lieferanten die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zur Risikobewirtschaftung nur ungenügend einsetzen. Neben dem klassischen Mahnschreiben mahnen die meisten der befragten Unternehmen säumige Zahler zwar telefonisch, Kreditlimite, Verzugszinsen und Mahngebühren werden aber nur kaum eingesetzt. Rund 45 Prozent der befragten Unternehmen mahnen zwar rascher im Vergleich zu früher, in den meisten Fällen aber immer noch zu spät, zu oft und in zu großen zeitlichen Abständen.

Quelle: Pressemitteilung Intrum Justitia

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