Ifo-Chef fordert langfristige Wirtschafsststrategie
Der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, fordert von der zukünftigen Regierung eine langfristige Strategie für die wirtschaftliche Entwicklung. "Es hat keinen Sinn, über Haushaltspolitik zu diskutieren, wenn man keine Strategie hat", sagte der Ökonom der "Augsburger Allgemeinen".
Er sehe drei wesentliche Punkte, an denen die Wirtschafts- und Finanzpolitik der neuen Regierung ansetzen müsse.
"Erstens
den Arbeitsmarkt. Obwohl wir derzeit auch eine Konjunkturschwäche
haben, gibt es in vielen Bereichen auch eine Arbeitsangebotsschwäche. Es
muss sich lohnen, zu arbeiten, und es muss möglich sein, zu arbeiten",
so der Wirtschaftswissenschaftler. Dabei müsse man auch Faktoren wie die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie den Übergang zwischen Schule
und Beruf in den Blick nehmen.
Zweitens gäbe es ein
Investitionsproblem, so Fuest. "Der Wohnungsbau schwächelt, und auch die
Unternehmen investieren zu wenig. Das ist fatal, denn wenn Unternehmen
weniger investieren, leidet nicht nur die aktuelle Konjunktur, sondern
langfristig auch das Produktionspotenzial der deutschen
Volkswirtschaft." Das Problem sei dabei nicht zu geringer Konsum,
vielmehr brauche es Steuerreformen, um das Wachstum zu fördern.
"Drittens
brauchen wir mehr Innovation. Unternehmensgründungen müssen erleichtert
werden, Wissen muss besser aus der Forschung in die wirtschaftliche
Verwendung überführt werden", sagte der Ifo-Chef. Unternehmen müssten
Anreize haben, in Forschung und Entwicklung zu investieren. "Ohne diese
drei Stellschrauben wird nachhaltiges Wachstum schwer möglich sein."
Allgemein
brauche es eine kritische Prüfung staatlicher Aufgaben sowie von
Subventionen und Steuervergünstigungen für Privatpersonen.
Steuersenkungen für Unternehmen seien mittelfristig sinnvoller für das
Wirtschaftswachstum. "Bei Unternehmenssteuersenkungen und besseren
steuerlichen Anreizen für Investitionen ist es ähnlich wie bei
öffentlichen Investitionen. Man muss zunächst Geld in die Hand nehmen,
aber mittelfristig sollte dadurch das Wachstum stimuliert werden", sagte
Fuest.
Einsparungspotenzial sieht der Ökonom beim Sozialstaat.
Eine Baustelle sei hier das Renten- und Pensionssystem. Eine bloße
Anhebung des Rentenalters sei aber nicht zielführend. "Eine Möglichkeit
wäre, das Wachstum des Zuschusses zur Rentenversicherung im
Bundeshaushalt auf nominal ein Prozent pro Jahr zu begrenzen." Eine
solche Reform würde dann bei den Ländern Finanzmittel freisetzen, die
anderweitig investiert werden könnten.
Unter Umständen könnten
auch "Sondervermögen" für die Bundeswehr als eine Art Konjunkturprogramm
wirken. Das Potenzial sei jedoch begrenzt, da es an einer langfristigen
Perspektive für die Rüstungsunternehmen mangele. "Man darf aber nicht
vergessen, dass die Zahl der arbeitslosen Ingenieure oder Programmierer,
die man dafür braucht, ziemlich überschaubar ist." Diese Arbeitskräfte
fehlten bereits jetzt in anderen Branchen, so Fuest.
Quelle: dts Nachrichtenagentur