Bostons tschetschenische Spur
Archivmeldung vom 22.04.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.04.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach der Neutralisierung der Terroristen, die Explosionen während des Bostoner Marathonlaufes am 15. April bewirkt hatten, wurde klar, dass die USA die Untersuchung dieses Falls im Kontakt mit der russischen Seite getrieben haben. Präsident Obama hat am Freitag mit Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, ein Telefongespräch geführt. Er bedankte sich, wie Andrei Fedjaschin bei Radio "Stimme Russlands" berichtet, für die Zusammenarbeit bei der Abwicklung von konterterroristischen Maßnahmen und für die Hilfe nach der Bostoner Attacke. Das geschah, nachdem einer der Terroristen erschossen und der andere nach einem Schusswechsel mit FBI-Agenten in einem Vorort von Boston festgenommen worden war.
In Fedjaschin Bericht heißt es weiter: "Als Terroristen haben sich der 19-jährige Dschohar und der 26-jährige Tamerlan Zarnajew erwiesen. Der ältere Bruder wurde erschossen, Dschohar wurde nach einem Schusswechsel in den späten Abendstunden am Freitag in einem Vorort von Boston gefasst. Er befindet sich in einem Krankenhaus, sein Zustand wird als schwer bezeichnet. Bei den Brüdern handelt es sich um ethnische Tschetschenen, die seit Jahren in den USA gelebt haben. Die amerikanischen Massenmedien, schreiben, dass das FBI und die CIA mit den antiterroristischen Diensten Russlands sehr eng werden kontaktieren müssen, um die Untersuchungen in diesem Fall zum Abschluss zu bringen.
Gleich nach der Vernichtung des einen und der Festnahme des anderen Terroristen trat der amerikanischen Präsident mit einem speziellen Appell auf und erklärte, dass das FBI und die CIA sowie die anderen Spezialdienste die Untersuchung im Fall fortsetzen würden. Es komme, Obamas Worten zufolge, darauf an, die eventuellen Verbindungen der Terroristen zu ermitteln. Doch das Wichtigste, sagte Obama, bestehe darin, zu begreifen, wie all das überhaupt möglich geworden sei:
„Wir haben noch viele Fragen. Unter ihnen ist auch die: Warum haben diese jungen Leute, die hier aufgewachsen sind und hier studiert haben, die zu einem Teil unserer Gemeinschaft, unseres Landes geworden sind, diese Gewalttat verübt? Wie haben sie diesen Terrorakt geplant und umgesetzt und haben sie dabei Hilfe bekommen? Die Antworten auf diese Fragen müssen die Familien derjenigen wissen, die so sinnlos umgekommen sind. Auch die Verletzten müssen sie wissen, von denen viele jetzt aufs Neue stehen, laufen und leben lernen müssen.“
Amerika wird in der Tat eine Vielzahl von schmerzvollen Fragen beantworten müssen. Moskau hat dem Westen wiederholt unumwunden gesagt, dass er mitunter nicht allzu wählerisch sei, wenn er einige Auswanderer aus Russland bei sich aufnehme.
Nach Angaben der amerikanischen Massenmedien, die sich auf Informationen der Immigrationsbehörden berufen, sei der 19-jährige Dschohar Zarnajew im Jahre 2002 erstmalig in die USA gekommen und habe im September 2012 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhalten. Der 26-jährige Tamerlan soll 2006 in die USA gekommen sein. Er besaß keine Staatsbürgerschaft, hatte jedoch die so genannte „Grüne Karte“, die es ihm ermöglichte, in diesem Lande zu leben und zu arbeiten. Vor zwei Jahren hätten FBI-Agenten Tamerlan im Hinblick auf dessen Verbindungen zu extremistischen Organisationen überprüft, jedoch nichts desgleichen festgestellt. Im Januar des vergangenen Jahres verließ er die USA für ein halbes Jahr und reiste nach Russland aus. Wie es sich aus FBI-Materialien ergibt, sei der ältere Zarnajew-Bruder nach seiner jüngsten Russlandreise mit einem charakteristischen Vollbart zurückgekehrt. Er habe eine sehr verschlossene Lebensweise geführt.
Tschetscheniens Staatsoberhaupt, Ramzan Kadyrow, erklärte, dass die Brüder Zarnajew niemals in Tschetschenien gelebt hätten und dass es für sie keine Verantwortung tragen könne:
„Was die Zarnajews betrifft, so kennen wir solche Leute nicht. Sie haben bei uns nicht gewohnt. Nach Angaben von Massenmedien, darunter von amerikanischen Massenmedien, haben sie in Amerika gelebt und studiert. Also handelt es sich im ihre, um die amerikanische Erziehung. Nicht um die unserige. Und deshalb tragen wir dafür keine Verantwortung. Wir bedauern, dass es so passiert ist, dass Menschen umgekommen sind und es Verletzte gibt. Wir sprechen unser Beileid aus.“
Nach Ansicht des ehemaligen Bürgermeisters der größten Stadt der USA, New York, Rudolph Giuliani, seien sich noch nicht alle Amerikaner dessen bewusst, dass der Terrorismus nirgendwo gegangen sei. Das er sich verborgen halte und jederzeit losschlagen könne. Und es ginge nicht, die Wachsamkeit zu verlieren, denn die Polizei und die Geheimdienste seien bei weitem nicht allmächtig, sagte Giuliani:
„Die Realität ist so, dass, wie sehr Sie sich auch bemühen mögen, wie gut Sie ihre Arbeit auch leisten mögen, und die Bostoner Polizei leistet in der Tat gute Arbeit, diese Leute (Terroristen) imstande sind, wohin Sie nur wollen, hinzugelangen. Und das, was sie sich vorgenommen haben, zu tun. Im Falle mit Boston wissen wir es einstweilen noch nicht, was der Grund dafür ist. Verbirgt sich hinter dem Terrorakt eine Ideologie, oder ist das schlicht und einfach eine Wahnsinnstat? All das muss noch geklärt werden.“
Die Bostoner Tragödie hat die Notwendigkeit einer noch engeren internationalen Koordinierung der Anstrengungen ausgeleuchtet, die darauf abzielen, Terrorakte zu verhindern. Wie der Pressedienst des Kremls heute mitteilte, haben Wladimir Putin und Barack Obama während ihres Telefongesprächs vereinbart, die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Terrorismus fortzusetzen."
Quelle: Text Andrei Fedjaschin - „Stimme Russlands"