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Kobane: Stadt voller Trümmer und Blindgänger

Archivmeldung vom 27.05.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ausgangslage zur Schlacht um Ain al-Arab (Kobane) , Mitte September 2014,
Ausgangslage zur Schlacht um Ain al-Arab (Kobane) , Mitte September 2014,

Foto: NordNordWest
Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Zwei Wochen nach einer Studie über die Auswirkung von explosiven Waffen in Syrien veröffentlicht Handicap International einen Bericht über die alarmierende Kontaminierung Kobanes mit Blindgängern. Vier Monate dauerten die Bodenkämpfe, dazu kamen Luftangriffe durch die Koalition unter Führung der USA. Dabei wurden fast 80 Prozent aller Gebäude zerstört, außerdem blieben durchschnittlich 10 Munitionsteile pro Quadratmeter im Stadtzentrum zurück. Blindgänger und Sprengfallen (Booby Traps) gefährden die Rückkehr der syrischen Bevölkerung nach Kobane und schränken die humanitäre Hilfe ein. Handicap International startet Risikoaufklärung und Räumungsmaßnahmen - ein Engagement, dass in dieser gefährlichen Gegend dringend benötigt wird. Die Organisation fordert die internationale Gemeinschaft außerdem auf, sich um das gefährliche Erbe zu kümmern, das durch den Einsatz von explosiven Waffen in bevölkerten Gebieten entsteht.

Im April führten Fachkräfte von Handicap International eine Lagebewertung in Kobane durch. Das Team wurde direkt Zeuge der Konsequenzen der brutalen Konflikte, die im Stadtzentrum und in den südlichen und nördlichen Vierteln von Kobane stattfanden. Die Fachkräfte entdeckten verteilt über die Stadt fast 1.000 Bombenkrater - manche mit mehr als zehn Metern Durchmesser. Sie sind Resultate von mehr als 700 Luftangriffen mit 250 bis 1.000 kg schweren Fliegerbomben sowie Explosionen von 40 Autos mit Sprengfallen im Stadtzentrum.

Der Stadtkern von Kobane ist extrem kontaminiert: Hier befinden sich auf einem Quadratmeter durchschnittlich zehn Munitionsteile. Nach langen und heftigen Kämpfen sind sowohl Blindgänger industrieller als auch selbstgefertigter Munition unter den Trümmern von eingestürzten und beschädigten Häusern vergraben. Dazu kommt in den Vierteln, in denen die heftigsten Kämpfe tobten, eine erhebliche Menge an Sprengfallen, darunter Sprengsätze, die in Leichen versteckt werden (booby-trapped corpses).

"Was unsere Fachleute in Kobane gesehen haben, übertraf unsere schlimmsten Albträume: Ein Großteil der Stadt ist extrem zerstört, und die Kontaminierung mit nicht-explodierten Waffen aller Art hat eine Dichte und Vielfalt erreicht, die es so noch kaum gab", sagte Frédéric Maio, Programm-Manager für humanitäre Minenaktion bei Handicap International. "Die Blindgänger und Sprengfallen stellen für die Menschen, die aus Kobane geflüchtet sind und nun zurückkehren wollen, eine tägliche Bedrohung dar. Sie machen es den Menschen unmöglich, ihre Leben wieder aufzubauen und sie blockieren ganze Gebiete. Außerdem halten sie humanitäre Organisationen davon ab, in Sicherheit zu arbeiten und der betroffenen Bevölkerung die notwendige Unterstützung bereitzustellen."

Es müssen deshalb umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um die Zivilbevölkerung vor den tödlichen und Behinderungen verursachenden Folgen dieser Waffen zu schützen und den verletzten Menschen zu helfen. Die Bevölkerung muss dringend über die Gefahren aufgeklärt werden, auch diejenigen Menschen, die vermutlich bald zurückkehren werden. Da sie verleitet sein könnten, die Blindgänger selbst zu räumen, muss die professionelle Räumung der Waffen und Beseitigung der Trümmer höchste Priorität haben.

Es ist außerdem an der Zeit, dass die internationale Gesellschaft die erschreckende Auswirkung des Einsatzes von explosiven Waffen in bevölkerten Gebieten wie Kobane erkennt und sich für eine internationale politische Verpflichtung stark macht, um den Einsatz von explosiven Waffen in bevölkerten Gebieten zu beenden.

Handicap International wird vor Ort Sensibilisierungsmaßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung durchführen, die in Kontakt mit explosiven Kriegsresten und improvisierten Sprengsätzen kommen könnten. Die Organisation wird den Gemeinschaften in und um Kobane ihre volle Expertise in der Kartographierung, Räumung und der Beseitigung von konventionellen Waffen und improvisierten Sprengsätzen zur Verfügung stellen.

Hier können Sie den vollständigen Bericht zur Situation in Kobane herunterladen: http://bit.ly/HI_Kobane

Handicap International Studie über Syrien

Am 12. Mai veröffentlichte Handicap International die Studie "Der Einsatz von explosiven Waffen in Syrien: eine Zeitbombe im Entstehen" Die Studie warnt vor der starken Kontaminierung mit Waffen in Syrien, die 5,1 Millionen Menschen einschließlich 2 Millionen Kinder einem hohen Risiko für Tod, Verletzung und Behinderung aussetzt. Die Analyse von 77.645 Unfällen mit Waffen, die zwischen Dezember 2012 und März 2015 erhoben wurden, zeigte, dass explosive Waffen die am häufigsten eingesetzten Waffen im Syrienkonflikt sind. 83,73% der berichteten Unfälle sind auf explosive Waffen zurückzuführen. Die Zivilbevölkerung ist großer Gefahr ausgesetzt, da 75% der Unfälle in bevölkerten Gebieten stattfanden. Allein im Regierungsbezirk von Damaskus wurden 5.253 Unfälle berichtet, das bedeutet durchschnittlich sieben Unfälle am Tag. Hier können Sie die Studie über Syrien herunterladen: http://bit.ly/HI_syrien_ew

Quelle: Handicap International (ots)

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