Wiener Heumarktprojekt: Gegner blasen zum Sturm
Archivmeldung vom 30.10.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.10.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Gegner des Wiener Heumarktprojektes von Investor Michael Tojner gingen am Wochenende neuerlich in die Offensive. Das von der Stadtregierung im Sommer beschlossene Projekt, das gegen UNESCO-Weltkulturerbeauflagen verstößt, sei durch aufklärungsbedürftige Geldflüsse an einen karitativen Verein von Planungssprecher Christoph Chorherr ermöglicht wurden, so der Vorwurf der Initiative Denkmalschutz. Dazu hat der Wiener Rechtsanwalt Wolfgang List eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht, die er auf einer ziemlich chaotischen Pressekonferenz am Samstag Vormittag in seiner Kanzlei präsentierte.
Die Vorwürfe richten sich neben Chorherr und Tojner auch gegen den Wiener Investmentbanker Wilhelm Hermetsberger und den Verein S2arch (Ithuba), der in Südafrika Schulen und Kindergärten betreibt. List hat Anträge auf Hausdurchsuchung, Sicherstellung von Beweismaterial, Öffnung der Konten und Verhängung von Untersuchungshaft gestellt, außerdem forderte er den Wiener Gemeinderat auf, die Immunität des "Erstverdächtigen" Christoph Chorherr "zur weiteren Verfolgung" aufzuheben. Beweise für die vermutete Geldwäscherei, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme zur Beeinflussung, verbotene Intervention oder Missbrauch der Amtsgewalt blieb List allerdings auch in der Pressekonferenz schuldig.
List pochte darauf, das Österreich verpflichtet sei, die Welterbekonvention einzuhalten. "Kein Mensch diskutiert die Menschenrechtskonvention, aber wir in Wien diskutieren darüber, ob die UNESCO-Konvention gilt oder nicht. Wir haben Strafanzeige erstattet, weil hier gegen internationales Recht und multinationale Verpflichtungen verstoßen wird." Was der Gemeinderat beschlossen hat, "ist klar rechtswidrig", so List. Der Rechtsanwalt geht davon aus, dass es rund um die mehrere hunderttausend Euro hohen Spenden an Chorherr's Verein einen Deal gegeben hat und stellte die Frage: "Wären die Spenden auch geflossen, wenn es die Widmungakte nicht gegeben hätte?"
Zinggl fordert Untersuchungsausschuss
Der ehemals grüne Nationalratsabgeordnete Wolfgang Zinggl (Liste Pilz) forderte in seinem Statement die Grünen in Wien auf, von sich aus tätig zu werden und einen Untersuchungsausschuss einzurichten, um die Vorwürfe aufzuklären. Seinen früheren Parteikollegen Chorherr empfahl er, die Spendenflüsse offenzulegen und sein Mandat als Planungssprecher zurückzulegen. Dann werde man ja sehen, ob es weiter Spenden gibt. An den Wiener Gemeinderat appellierte der Politiker, das Thema Weltkulturerbe und Heumarkt neu aufzurollen und die Bevölkerung abstimmen zu lassen.
Zuvor betonte Zinggl, dass es in den vergangenen 30 Jahren keinen einzigen Korruptionsfall bei den Grünen gegeben habe. Er sei eingeladen worden, die Vorwürfe politisch zu kommentieren. Dann wetterte Zinggl, von Anfang an Gegner des Heumarktprojekts, gegen die "Zerstörung historischer Bereiche", die "Ausbeutung der Stadt durch die respektlose Immobilienwirtschaft" und die "Zusammenarbeit mit Spekulanten". Das verursache einen "unangenehmen Geruch". Auf einmal seien grüne Grundsätze nicht mehr wichtig und würden basisdemokratische Entscheidungen ignoriert. Er habe vor diesem "Blutverlust" gewarnt.
Entscheid sachlich nicht nachvollziehbar
Auch Markus Landerer von der Initiative Denkmalschutz fuhr schwere Geschütze gegen Planungsstadtrat Christoph Chorherr und Grünenchefin Maria Vassilakou auf. Beide hätten in der Öffentlichkeit mehrfach Falschbehauptungen aufgestellt. "Oder der oberste Planungsstadtrat sei unfähig, Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zu lesen." Das Hotel Intercontinental dürfte selbst bei einem Umbau keinen Meter aufgestockt werden.
"Für uns sind die Vorgänge seit 2012 untypisch, sachlich in keiner Weise nachvollziehbar, auch dass Investor Michael Tojner schon 2014 behaupten konnte, er habe ein Committment der Stadt Wien, zu einem Zeitpunkt wo noch gar nichts entschieden war", erklärte Landerer. Mehrmals betonte er, dass es seiner Initiative um den Erhalt des Weltkulturerbes der Wiener Innenstadt geht. Es sei "politisch unmoralisch", dieses Projekt durchzusetzen.
Rechtsanwalt widerspricht sich selbst
Auf die abschließende Frage, ob es konkrete Beweise dafür gäbe, das Chorherr "Widmungen gegen Spenden" ermöglich hat, musste Rechsanwalt List abwinken. Selbst wenn Christoph Chorherr sich beim Gemeinderatsbeschluss zum Heumarktprojekt enthalten oder dagegegen gestimmt hätte, wäre der Entscheid positiv ausgegangen. List ergänzte wörtlich: "Wir haben nie behauptet, dass Herr Chorherr Widmungsakte gegen Spenden ermöglicht hat. Wir können aber belegen, dass er - trotz Befangenheit - im Gemeinderat mehrfach für Spendenzahlungen der Stadt Wien an seinen eigenen Verein gestimmt hat."
Quelle: www.pressetext.com/Dr. Wilfried Seywald