Steinmeier kritisiert Umgang der internationalen Gemeinschaft mit Syrien
Archivmeldung vom 27.01.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer scheidende Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat scharfe Kritik am Umgang der internationalen Gemeinschaft mit Syrien geübt. Steinmeier sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Geschichte dieses Krieges sei eine Chronik der verpassten Chancen - und ein Beleg für die Unfähigkeit auch westlicher Verbündeter.
Dies habe schon vor Ausbruch des Krieges begonnen. "Ich war wahrlich kein Sympathisant Assads, aber ich fand es notwendig, dem jungen Präsidenten Assad Wege der Zusammenarbeit mit dem Westen aufzuzeigen", betonte Steinmeier. In Washington und Paris aber sei das auf heftige Kritik gestoßen.
"Man zog es vor, Syrien zum Teil einer imaginären Achse des Bösen zu machen." Und als Kofi Annan nach Ausbruch des Krieges Vorschläge zur Lösung gemacht habe, hielten viele "diese schon deshalb für unannehmbar, weil sie nicht das sofortige Ende von Assad vorsahen". Mit etwas mehr Realismus, so Steinmeier, hätten die beiden ersten Syrien-Konferenzen schon zum Erfolg führen können. Mahnende Worte richtete der designierte Bundespräsident auch an Russland.
Dessen Militäreinsatz in Syrien habe zwar zum Fall Aleppos und zur Stützung des Assad-Regimes beigetragen. Eine Lösung für Syrien aber sei das "noch lange nicht", so Steinmeier. "Dass es eine militärische Lösung für Syrien gibt, glaubt nicht einmal Russland." Moskau wisse wie die Türkei genau, dass die Lösung des Konflikts nur unter Beteiligung derjenigen Akteure gelingen könne, die immer ihre Hand im syrischen Krieg gehabt hätten.
Deshalb sei das jüngste Syrien-Treffen in der kasachischen Hauptstadt Astana nicht mehr als ein Zwischenschritt. "Russland und die Türkei werden das Interesse haben, die Verantwortung für die politische Lösung auf mehrere Schultern zu verteilen", sagte Steinmeier voraus. Deshalb würden die beiden die Gespräche wieder unter das Dach der Vereinten Nationen zurückgeben.
Mit Blick auf den Trend zu autoritäreren Regimen warnte Steinmeier vor dem "naiven Glauben, dass in einer komplexeren Welt autoritäre Führer schneller und besser entscheiden". Demokratien müssten immer wieder beweisen, dass das schlicht falsch sei. Deutschland sei dafür das beste Beispiel, behauptet er. Das Deutschland gerade mit Hilfe von "Fake News", "Gefährdern" und anderen Methoden dabei ist den letzten Rest von Rechtsstaatlichkeit abzuschaffen, erwähnte er nicht.
"Wir haben sicher nicht immer alles richtig gemacht", so der designierte Bundespräsident, "aber in Zeiten großer ökonomischer Herausforderungen haben wir die Kraft gefunden, uns zu erneuern." Wenn nun immer mehr Regime die Tendenz hätten, sich abzuschotten, dann werde dies den Staaten auf Dauer nicht helfen.
"Allein lassen sich vielleicht Lösungen verhindern", so Steinmeier. Wer aber Lösungen in Fragen wie Armut und Ungleichheit, Klima und Umwelt, Wirtschaft und Handel suche, brauche Partner. "An dem Befund kommen auch autoritäre Staatsführer nicht vorbei."
Quelle: dts Nachrichtenagentur