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Syrien-Invasion: Der Preis ist hoch, das Ziel unklar

Archivmeldung vom 28.08.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.08.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Collage: STIMME RUSSLANDS
Bild: Collage: STIMME RUSSLANDS

US-Kriegsschiffe sind bereits vor Syriens Küste, Politiker im Westen schließen einen Militäreinsatz auch ohne UN-Zustimmung nicht aus – der Krieg scheint eine beschlossene Sache zu sein. Er garantiert den USA zwar keinen Erfolg, wird sie aber Milliarden Dollar kosten. Während die UN-Inspektoren die Umstände des jüngsten Chemiewaffen-Einsatzes bei Damaskus untersuchen, klingen die Erklärungen westlicher Spitzenpolitiker immer bedrohlicher. Den Worten lässt man inzwischen Taten folgen. Berichtet Artjom Kobsew bei Radio "Stimme Russlands".

Dort heißt es weiter: "Der Zerstörer USS Mahan wurde kürzlich an die syrische Küste entsandt. Das ist bereits das vierte US-Kriegsschiff im Mittelmeer. Dort weilen auch die mit Tomahawk-Flügelraketen ausgerüsteten Zerstörer USS Gravely, USS Barry und USS Ramage. Pentagon-Chef Chuck Hagel sagte, die US-Streitkräfte seien zu einem Militäreinsatz gegen Syrien bereit, falls Barack Obama den entsprechenden Befehl erteile.

Laut Experten wird dieser Einsatz den US-Haushalt schwer strapazieren. Andrej Baklizki von der russischen Denkfabrik PIR Center sagt, es gehe um mindestens Hunderte Millionen Dollar:

„Vorerst ist schwer zu sagen, wie viel diese Kampagne kosten wird. Es kann sich ja um verschiedene Einsätze handeln. Im Moment können wir eher Raketenangriffe vermuten. Im Prinzip ist das nicht besonders teuer – man braucht nicht einmal Bomber zu entsenden. In Libyen haben aber alleine Raketenangriffe rund eine Million US-Dollar täglich gekostet.“

Das Pentagon hat keine Illusionen in Bezug auf die bevorstehenden Kosten. Im Juli hat US-Generalstabschef Martin Dempsey fünf mögliche Szenarien skizziert, die darauf abzielen, den syrischen Rebellen zu helfen. Der billigste Weg besteht darin, oppositionelle Kämpfer auszubilden und mit Geheimdienstdaten zu versorgen. Das kostet laut Dempsey rund 500 US-Dollar jährlich. Alle anderen Szenarien (bis hin zu einem groß angelegten US-Militäreinsatz) sind deutlich teurer, und zwar mindestens eine Milliarde Dollar monatlich.

Wie aus der jüngsten Erklärung von US-Außenminister John Kerry hervorgeht, will die US-Regierung Geld sparen und sich auf gezielte Raketenangriffe beschränken. Ein solcher Einsatz hilft aber kaum dabei, das Regime von Baschar Assad zu stürzen. Ein Blitzkrieg in Syrien werde kaum gelingen, sagt Jewgenia Woiko, Dozentin des Lehrstuhls für angewandte Politologie der Finanzuniversität bei der russischen Regierung:

„Von einem ein- oder zweitägigen Einsatz kann nicht die Rede sein. Ein kleiner siegreicher Krieg wird auf keinen Fall gelingen. Davon zeugen die militärischen Erfahrungen westlicher Länder in anderen Konfliktregionen, vor allem in Libyen. Im Vergleich zu der damaligen libyschen Führung hat die Regierung in Damaskus eine größere Widerstandsfähigkeit gegen den Druck von außen. Der syrische Bürgerkrieg läuft seit mehr als zwei Jahren, deshalb ist kein schneller Militäreinsatz möglich.“

Selbst wenn die USA und ihre westlichen Verbündeten einen groß angelegten Einsatz in Syrien wagen, trägt dies keineswegs zu einem Stopp des Konflikts bei. Ganz im Gegenteil: Experten erwarten dadurch eine neue Gewaltspirale. Baklizki sagt, die US-Regierung destabilisiere die Lage, habe aber keine Klarheit über die Endziele ihres Eingriffs:

„Es entsteht der Eindruck, dass sich die USA nicht im Klaren darüber sind, was sie erreichen wollen. Man soll etwas tun, weil Chemiewaffen zum Einsatz gekommen sind – so ist der Sinn der jüngsten Erklärungen von John Kerry. Was man aber konkret unternehmen muss, ist nicht klar. Bei Raketenangriffen kann es nur um eine Bestrafung von Assad gehen – und nicht darum, ihn zu stürzen oder zumindest die Kampfhandlungen deutlich zu beeinflussen. Falls sich die USA für einen Militäreinsatz entscheiden, wird dieser vor allem eine politische und nicht eine militärische Bedeutung haben.“

Die Spekulationen über einen Krieg gegen Syrien machen unterdessen den Finanzmarkt nervös. Die US-Börsenindexe sind nach Kerrys Ankündigung gesunken. Dafür sind die Ölpreise gestiegen."

Prognosen für Syrien-Krieg: „Dann ist Iran an der Reihe“

Was unternehmen russische Kriegsschiffe im Mittelmeer, wenn die USA Syrien angreifen? Auf welche Probleme stößt die US-Luftwaffe im Kriegsfall? Wird der Iran auch zum Angriffsziel? Die russische Presse kommentiert am Mittwoch Washingtons vermutliche Kriegsvorbereitungen.

Das wahrscheinlichste Szenario

Die russische Tageszeitung „Kommersant“ schreibt am Mittwoch: „Das Szenario, das die meisten befragten Analysten für besonders wahrscheinlich halten, beinhaltet begrenzte und gewissermaßen symbolische Attacken. Innerhalb von einem oder zwei Tagen sollen US-Zerstörer und U-Boote Flügelraketen abfeuern, um die wichtigsten Staats- und Militäranlagen in Syrien zu zerstören, darunter das Verteidigungsministerium, den Generalstab, den Präsidentenpalast, Flugplätze und Standorte der kampffähigsten Militäreinheiten. Dieser Einsatz wird aber weder eine Fortsetzung noch ein logisches Ende haben. Das Ziel der USA besteht in diesem Fall darin, ein Signal an die Regierung in Damaskus zu senden: Falls die syrische Armee erneut Chemiewaffen einsetze, werde es zu weiteren Vergeltungsschlägen kommen, so dieses Signal.“

Das Blatt schreibt weiter, dieses Szenario erinnere vor allem an die viertägigen Luftangriffe gegen den Irak auf Befehl von Bill Clinton im Jahr 1998: „Jene Luftangriffe haben zwar gewisse psychologische Wirkung gezeigt, dem Regime von Saddam Hussein aber kaum deutlich geschadet. Ausgerechnet mit Clinton vergleichen Analysten am häufigsten den derzeitigen Präsidenten Barack Obama, wenn es um die Außenpolitik geht.“

Reaktion russischer Kriegsschiffe

Der russische Militärexperte Viktor Litowkin konkretisiert in einem Beitrag für die „Nesawissimaja Gaseta“ die militärischen Schwierigkeiten des erwarteten US-Einsatzes: „Syrien hat eine gut entwickelte Flugabwehr, die auf Waffensystemen aus sowjetischer oder russischer Produktion basiert. Das sind insbesondere Luftabwehrsysteme Tor-M1, S-125 und S-200, Panzir-S sowie Buk-M1 (damit wurde übrigens ein US-Tarnkappenjet des Typs F-117 in Jugoslawien abgeschossen).“ Besonders gefährlich sei das Panzir-S-System. Es könne im Gebirge gut getarnt werden und sei aus der Luft schwer zu entdecken.

Was soll Russland in der Region unternehmen? Litowkin schreibt: „Die Kriegsschiffe des russischen Mittelmeer-Geschwaders haben nicht vor, gegen die Amerikaner oder die Engländer zu kämpfen. Diesen Befehl werden sie kaum erhalten. Syrien ist für Russland kein militärischer Verbündeter und es gibt keinen Vertrag über gegenseitige Militärhilfe. Seine nationalen Interessen in der Region kann Russland trotzdem verteidigen. Das betrifft auch das Personal der schwimmenden Werkstatt im syrischen Hafen von Tartus. Derzeit besteht zwar keine direkte Gefahr für das Leben und die Gesundheit der russischen Fachkräfte. Im Notfall können sie aber in See stechen und von den russischen Kriegsschiffe in Schutz genommen werden.“

Iran als Nächster?

Die russische Tageszeitung „Iswestija“ schreibt: „Ein US-Militäreinsatz gegen Syrien ist laut Experten nur ein Vorspiel. Dann ist der Iran an der Reihe.“ Rudik Iskuschin, Vizechef des Ausschusses für Verteidigung und Sicherheit des russischen Parlamentsoberhauses, sagte dem Blatt: „Dank der guten Arbeit ihrer Geheimdienste steuern die USA die Nahost-Region manuell. Bei Bedarf wird es der US-Regierung nicht schwer fallen, einen Anlass zu einem Militäreinsatz gegen den Iran zu finden.“

Washington könne insbesondere auf die „israelische Karte“ setzen, vermutete Iskuschin: „Die israelische Führung kann die Situation um Syrien instrumentalisieren, um ihre Drohung wahr zu machen und iranische Atomanlagen anzugreifen. Und die USA werden eingreifen, um ihren Verbündeten Israel zu verteidigen.“

Quelle: Text Artjom Kobsew und  „Stimme Russlands"

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