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Das System beginnt zu bröckeln: Gerichte kippen Corona-Maßnahmen

Archivmeldung vom 24.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: GesaD  / pixelio.de
Bild: GesaD / pixelio.de

Im Laufe des vergangenen Jahres haben Gerichte immer wieder Corona-Verordnungen oder Teile davon für rechtswidrig erklärt. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich schlugen manche dieser Urteile hohe Wellen, andere wurden geflissentlich von den Medien verschwiegen – ein Überblick. Dies berichtet Christian Uhlmann im Magazin "Wochenblick.at" unter Verweis auf diverse Gerichtsurteile.

Uhlmann weiter: "In Österreich wurden den Bürgern Corona-Maßnahmen hauptsächlich durch Verordnungen des Gesundheitsministeriums auferlegt. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat bereits im Juli des Vorjahres erste Bestimmungen derartiger Erlässe für ungültig und gesetzwidrig erklärt. So wurde eine Verordnung gekippt, die mit Ende April 2020 außer Kraft getreten ist. Diese besagte, dass das Verlassen der Wohnung und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur aus vier Gründen erlaubt sei: Arbeit, Hilfeleistung, Einkaufen und Spaziergänge. Die damals unterschiedliche Betretungsbeschränkung für Geschäfte mit einer Fläche von mehr bzw. weniger als 400 m² wurde ebenfalls im Nachhinein aufgehoben.

Verfassungsgerichtshof erklärt erneut Maßnahmen für ungültig

Im Oktober legte der VfGH nach und hob, wieder im Nachhinein, mehrere Verordnungen auf. Diese betrafen das Betretungsverbot für Gaststätten und selbstständige Waschstraßen, die Personenbeschränkung in der Gastronomie, das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als zehn Personen und die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in geschlossenen Räumen (z.B. Ämter). Weiters wurde auch der Mindestabstand von Tischen in der Gastronomie für ungültig erklärt. Als Grund gab der VfGH an, dass die Maßnahmen unzureichend dokumentiert und nicht nachprüfbar gewesen seien – es war für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum das Gesundheitsministerium die Maßnahmen für notwendig erachtet hatte. Ein Schlag ins Gesicht für den mittlerweile zurückgetretenen Gesundheitsminister Rudolf Anschober – und ein Hoffnungsschimmer für Maßnahmen-Kritiker.

Masken und Schule

Am Tag vor Weihnachten wurde dann das nächste brisante Urteil des VfGH, diesmal bezüglich der Maskenpflicht in Schulen bekannt gegeben. Die Teilung der Klassen und die Maskentragepflicht wurden als gesetzwidrig aufgehoben. Auch nach Aufforderung hätte der Gesundheitsminister dem Gericht keine Akten vorgelegt, die die Maßnahmen nachvollziehbar begründeten. Aufhorchen ließ die Begründung zu diesem Urteil, denn erstmals hat der VfGH auf seine Leitentscheidung vom 14. Juli hingewiesen. Künftige Verordnungen hätten diese berücksichtigen müssen. Im März dieses Jahres hob das Höchstgericht dann mit der gleichen Begründung auch das Betretungsverbot für Sportstätten auf, das im Frühjahr 2020 gegolten hatte. Sämtliche dieser Aufhebungen durch den VfGH betrafen Verordnungen, die bereits außer Kraft waren, und hatten somit keinen Einfluss auf aktuell gültige Verordnungen.

Wohl des Kindes

Für enormes Aufsehen sorgte in Deutschland im heurigen Jänner das Amtsgericht in Weimar (Thüringen). Dieses erklärte das allgemeine Kontaktverbot des Vorjahres für verfassungswidrig. Ein Bußgeldbescheid aus dieser Zeit wurde aufgehoben. Das Sensationsurteil kam dann am 8. April ebenfalls aus Weimar. Das Familiengericht untersagte die Maskentragepflicht in zwei Schulen. Ebenso wurden Mindestabstände und Schnelltests vom Gericht als „Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes“ angesehen und aufgehoben. Dieses Urteil war das erste im deutschsprachigen Raum, das aktuell gültige Verordnungen mit sofortiger Wirkung aufhob. Richter wie auch Urteil wurden politisch und medial scharf kritisiert. Das zuständige Ministerium reagierte gar mit einer Missachtung des Gerichtsbeschlusses. Es teilte mit, dass die „Infektionsschutzmaßnahmen“ weiterhin Gültigkeit hätten.

Verbot von Demos

Eine politische Bombe ging Ende März auch in Wien hoch. Das Verwaltungsgericht kippte ein Demonstrationsverbot, welches die FPÖ angefochten hatte. Die politische Sprengkraft des Urteils ging von der ausführlichen Begründung des Gerichts aus. Dieses stimmte dem Einspruch der FPÖ nicht nur in allen Punkten zu, sondern ging sogar noch weit darüber hinaus. Es zweifelte die Kriterien zur Ermittlung der Corona-Fälle an. Mit Verweis auf die WHO stellte es fest, dass „ein PCR-Test nicht zur Diagnostik geeignet ist und daher für sich alleine nichts zur Krankheit oder einer Infektion eines Menschen aussagt“. Sämtliche Fallzahlen von Infizierten oder Erkrankten seien falsch, falls man sich an die Falldefinition des Gesundheitsministeriums gehalten habe, und nicht an die der WHO. Die Untersagung einer Versammlung ließe sich aufgrund solcher Zahlen nicht begründen.

Häufung der Urteile

Große Aufmerksamkeit erhielt vor wenigen Tagen ein Urteil aus Oberbayern. Ein Familiengericht in Weilheim hat ein Schulkind von seiner Maskenpflicht befreit. Es stellte fest, dass das Kind aufgrund dieses Urteils in der Klasse auch nicht isoliert werden dürfe. Dieser Urteilsspruch gilt zwar nur für dieses eine Schulkind, doch es ist festzustellen, dass sich derartige Urteile in den letzten Wochen häufen. Es gibt also noch Richter, die sich vorwagen und „Recht sprechen“, auch wenn sie, wie der Richter in Weimar, aufgrund ihrer Urteile selbst mit Strafanzeigen konfrontiert werden.

Quelle: Wochenblick

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