Schulz warnt Athen eindringlich vor Bruch mit der Eurozone
Archivmeldung vom 20.06.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz (SPD) hat die griechische Regierung eindringlich vor einem Bruch mit der Eurozone gewarnt. "Was nicht geht: Aus dem Euro ausscheiden, seine Schulden nicht zurückzahlen, aber erwarten dass die Mittel aus dem EU-Haushalt weiter fröhlich fließen", sagte Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.).
Er legte damit nahe, dass Athen nicht in der Europäischen Union bleiben könne, wenn es die Eurozone verlasse. Er hob hervor, dass er alles tun werde, damit es nicht dazu komme. EU-Mitglieder haben Anspruch auf sogenannte Zahlungsbilanzhilfen, wenn ihre Zahlungsrückstände bedrohliche Ausmaße erreichen und sie sich am Kapitalmarkt nicht refinanzieren können.
Dieses Instrument ist auf Mitglieder beschränkt, die nicht im Euro sind und nicht auf den Schutzschirm ESM zurückgreifen können. Rechtlich können Staaten nur aus der Europäischen Union austreten; ein Austritt aus der Eurozone ist vertraglich nicht vorgesehen.
Krichbaum sieht "allerletzte Chance" für Griechenland
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum (CDU), sieht in dem EU-Sondergipfel am kommenden Montag die "allerletzte Chance", um eine Staatspleite in Griechenland abzuwenden. "Tsipras muss eine 180-Grad-Wende vollziehen, damit wir noch zum Erfolg kommen", sagte Kriechbaum der "Saarbrücker Zeitung".
Zugleich räumte der CDU-Politiker ein, dass eine weitere, mögliche Verlängerung des zweiten Hilfspakets für Athen auf erheblichen Widerstand in der Unionsfraktion stoßen würde. "Eine Zustimmung dafür ist in der Unionsfraktion äußerst schwierig. Das hängt sehr davon ab, zu welchen Gegenleistungen Griechenland bereit ist", sagte Kriechbaum.
Varoufakis: Merkel steht am Montag vor entscheidender Wahl
Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis hat in der an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, in der sich zuspitzenden griechischen Krise eine Entscheidung zu treffen: "Die deutsche Kanzlerin steht am Montag vor einer entscheidenden Wahl", schrieb er in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.). "In eine ehrenvolle Einigung einzutreten mit einer Regierung, die die `Rettungspakete abgelehnt hat und eine Verhandlungslösung anstrebt. Oder den Sirenen aus ihrer Regierung zu folgen, die sie ermutigen, die einzige griechische Regierung über Bord zu werfen, die prinzipientreu ist und die das griechische Volk mitnehmen kann auf den Pfad der Reform. Diese Wahl, fürchte ich sehr, muss sie treffen."
Varoufakis schob der Bundeskanzlerin damit die Verantwortung für den nächsten Schritt in der Griechenlandkrise zu. Während andere versuchen, die Erwartungen für den Gipfel am Montag herunterzuschrauben, zeigte sich Varoufakis überzeugt von der Bedeutung des Tags. "Nun hängt alles an dem außerordentlichen EU-Gipfel am Montag", schrieb er in der F.A.S.
Er zeigte sich zu weiteren Kompromissen bereit, sollte die Kanzlerin am Montag ein deutliches Zeichen aussenden. "Wir von unserer Seite aus werden mit dem Entschluss nach Brüssel kommen, weiter Kompromisse einzugehen, solange wir nicht gefragt werden, das zu tun, was die vorherigen Regierungen taten: Neue Schulden zu akzeptieren unter Bedingungen, die wenig Hoffnung bieten, dass Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann", schrieb Varoufakis. Details zu einem Kompromissangebot nannte er aber nicht.
EU-Kommission legt Athen Fahrplan für Einigung vor
Die EU-Kommission hat Athen laut eines Berichts der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.) am Donnerstag einen letzten Fahrplan zur Einigung auf ein Reformprogramm übermittelt. Sie halte darin an den bisherigen Eckpunkten fest. Die griechische Regierung muss demnach jährlich Einsparungen oder Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung erzielen, das sind 4,5 Milliarden Euro. Jeweils ein Prozent (1,8 Milliarden Euro) müssen durch Strukturreformen im Rentensystem und durch höhere Mehrwertsteuereinnahmen erbracht werden, berichtet die Zeitung weiter.
Während Athen bei der Mehrwertsteuer inzwischen Vorschläge im Gegenwert von 0,75 Prozent der Wirtschaftsleistung vorgelegt hat, fehlen weiter jegliche Vorschläge für nennenswerte Einsparungen im Rentensystem.
Stattdessen will die griechische Regierung mit zusätzlichen Steuern, Abgaben und Gebühren Einnahmen in Höhe von fast zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erzielen. Die Gläubiger bezweifeln jedoch, dass diese Prognose realistisch ist, außerdem fürchten sie, dass die Wirtschaftskraft dadurch gelähmt wird.
Der Zeitplan der Kommission sieht nach dem Bericht der F.A.S. so aus: Athen übernimmt in der kommenden Woche die Eckpunkte der Gläubiger und unterlegt sie mit glaubwürdigen Reformzusagen. Danach bringt es die Reformen durchs Parlament. Bis Mitte Juli entscheiden dann die Eurostaaten, in fünf Fällen auch die Parlamente, darunter der Bundestag: über die Auszahlung von 3,7 Milliarden Euro aus dem laufenden Programm, über dessen Verlängerung bis mindestens September und eine finanzielle Aufstockung.
Nach EU-Vorstellungen könnten etwa sechs von insgesamt elf Milliarden Euro umgewidmet werden, die ursprünglich für die Rekapitalisierung griechischer Banken vorgesehen waren. So würden einige Monate gewonnen - Zeit, um ein drittes Hilfspaket auszuhandeln.
In diesem Zusammenhang soll auch über die Umstrukturierung der griechischen Schulden gesprochen werden. Jedoch machte die Kommission laut F.A.S. klar: Athen kann gegenwärtig nur mit einer vagen Zusage dafür rechnen, es muss zuerst seine Versprechen erfüllen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur