KI in der Medizin: Krebsforscher kritisiert EU-Bürokratie
Archivmeldung vom 15.08.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Krebsforscher und Experte für sogenannte "Künstliche Intelligenz", Titus Brinker, kritisiert den bürokratischen Aufwand in Europa bei der Etablierung von KI in der Medizin.
Brinker hat das erste Dermatoskop zur Erkennung von Hautkrebs
entwickelt, das mit einem KI-System arbeitet und Auffälligkeiten
angeblich besser erkennen kann als Hautärzte. Das Gerät befindet sich
derzeit in der Zulassung.
"Die EU-Medizinprodukteverordnung macht
den Einsatz von KI am Patienten ähnlich schwierig und bürokratisch, wie
die europäische Datenschutzgrundverordnung die Datenforschung
insgesamt", sagte Titus Brinker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe
(Donnerstagausgaben). "Beide EU-Verordnungen sind sehr effektive
Bremsklötze für Fortschritt."
Datenforschung und
Zulassungsprozesse seien durch die EU-Gesetze aufwendig und teuer.
Deswegen erlebten Patienten "Künstliche Intelligenz" in Europa selten in
der klinischen Praxis, so Brinker weiter. Europa gelte als KI-Standort
zumindest wirtschaftlich bereits als abgehängt. "Wir würgen uns durch
überbordende Bürokratie einen sehr wichtigen Wirtschaftsmotor ab."
Die
Kosten für die Bürokratie zur Zulassung des KI-assistierten
Dermatoskops betragen Brinker zufolge mindestens drei Millionen Euro.
"Bevor ein Unternehmen den ersten Euro verdient, vergehen mindestens
drei Jahre Zulassungsprozess, in der Regel sind es sogar sechs bis acht
Jahre", sagte Brinker. Und in dieser Zeit könne es passieren, dass das
Produkt vollständig das Marktpotential verliere, etwa weil ein
Konkurrent etwas schneller sei.
Die Zulassung des KI-Dermatoskops
funktioniere nur, weil es durch Steuergeld gestützt werde. Mittel des
Landes Baden-Württembergs stellten sicher, "dass wir eine Chance haben,
die Bürokratie personell abzuarbeiten", erklärt der Krebsforscher. Ein
kleines oder mittelständisches Unternehmen hätte keine Chance, aus
eigener Kraft ein solches Produkt in Europa auf den Markt zu bringen.
Aktuelle EU-Gesetze begünstigten deshalb Konzerne wie Google, Amazon
oder Apple.
Titus Brinker erhielt für die Entwicklung des
KI-assistierten Dermatoskops in diesem Jahr den Innovationspreis des
Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg.
Quelle: dts Nachrichtenagentur