Radio Stimme Russlands: Plan B für Snowden
Archivmeldung vom 25.07.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie „Transitgefangenschaft“ Edward Snowdens ist für unbestimmte Zeit verlängert worden. Der russische Migrationsdienst kam am Mittwoch entgegen allen Prognosen seiner Bitte um ein zeitweiliges Asyl nicht nach. Snowdens Berater, Rechtsanwalt Anatolij Kutscherena, will keine genauen Prognosen stellen. Wenn der Föderale Migrationsdienst Snowden „nein“ sagen wird, dann wird er gegen diese Entscheidung vor Gericht Berufung einlegen. Vorläufig lernt der frühere Mitarbeiter der US-Geheimdienste die russische Sprache und macht sich Gedanken über die Arbeit, berichtet Polina Tscherniza bei Radio "Stimme Russlands".
Dort heißt es weiter: "Am Mittwoch lief die minimale durch ein Verfahren festgelegte Frist der Untersuchung seines Asylantrags - 5 Tage und das Wochenende - ab. Snowden konnte auch ohne die Entscheidung des russischen Migrationsdienstes eine Bescheinigung erhalten, die es ihm erlaubt, den Transitbereich des Flughafens zu verlassen, wo der Flüchtling bereits über einen Monat verbrachte. Über 100 Journalisten erwarteten den Amerikaner vor dem Ausgang aus dem Flughafen. Um 17.30 Uhr erschien Anatolij Kutscherena ohne Snowden vor Journalisten. Er teilte mit, dass dem ehemaligen Mitarbeiter der US-Geheimdienste nichts verweigert wurde, dass er jedoch vorläufig im Terminal bleibe. Die Ursache der Fristverlängerung ist übrigens vollkommen triftig: die Situation mit Snowden ist sehr ungewöhnlich und braucht Zeit.
„Die Bittschrift liegt vorläufig im russischen Migrationsdienst. Der Dienst hat das Recht diese Frage in materia innerhalb von drei Monaten zu untersuchen. Eine solche Situation entstand in Russland zum ersten Mal, und diese Frage braucht natürlich Zeit, darunter auch für die Mitarbeiter des Migrationsdienstes. Ihm wird für die Zeit, zu der der Antrag wird, eine Bescheinigung darüber überreicht, dass die Dokumente angenommen wurden. Sie kann zu jeder Zeit ausgestellt werden.“
Kutscherena wollte jedoch keine Prognosen dazu geben, wann Snowden diese Bescheinigung erhalten wird. Er sagte, dass jede Konkretisierung zu einem nie dagewesenen Rummel und zu Spekulationen führt, was „dem allgemeinen Verlauf der Sache Schaden zufügt“. Selbst wenn der russische Migrationsdienst schließlich eine negative Entscheidung treffen wird, hat Snowden einen Plan B, sagte Kutscherena.
„Wir erörterten schon die Variante, wie man in diesem Fall handeln muss. Wenn wir offiziell eine ablehnende Antwort erhalten, können wir uns an einen Gerichtshof wenden und eine Beschwerde gegen diese negative Entscheidung einlegen. In diesem Fall ist er in Erwartung. Es ist ihm sehr wichtig, möglichst schnell eine Antwort zu bekommen. Natürlich macht er sich Mut. Er sieht nicht schlecht aus. Ich kann nicht sagen, dass er betrübt ist. Er ist eher in Erwartung. Es bemüht sich, mit der Situation klarzukommen, in die er geriet.“
Snowden wird vorläufig dort leben, wo er sich befindet – im Kapselhotel des Transitbereiches des Flughafens Scheremetjewo. Anatolij Kutscherena übergab ihm am Mittwoch eine neue Kleidung, bewirtete ihn mit einer Pizza, die Snowden während des Treffens aß, und gab dem „Flüchtling“ Bücher. Der Rechtsanwalt zeigte sie mehrmals Journalisten noch vor dem Gespräch mit dem Ausländer. Ein Journalist bemerkte sofort, dass die Bücher zu dick seien: Ein Mensch, der bald frei wird, wird keine Zeit haben, sie zu lesen. Kutscherena sagte, dass er Snowden „Die Geschichte Russlands“ von Karamsin, einen Reiseführer und „Schuld und Sühne“ von Dostojewskij brachte.
Journalisten zeigte er jedoch ein anderes Werk Dostojewskis: „Die Brüder Karamasow“. Alle Bücher sind in Englisch. Der Rechtsanwalt sagte später, dass Snowden begann, die russische Sprache zu lernen. Aber der Wortschatz des Amerikaners ist vorläufig nicht groß: „ich grüße dich“, „bis später“, „ich werde dich anrufen“. Journalisten scherzten sofort, dass das für die Kommunikation mit Mädchen, die dem Flüchtling ihre Hilfe anboten, vollkommen ausreichen wird. „Snowden hat sich übrigens aufrichtig gefreut, als er von solchen „Freiwilligen“ erfuhr“, sagte Anatolij Kutscherena.
„Als ich ihm sagte, dass ihn Mädchen anrufen und ihre Wohnungen anbieten, lachte er und bat mich, mich persönlich bei ihnen dafür zu bedanken, dass sie ihre Beunruhigung wegen seines weiteren Lebens zum Ausdruck brachten.“
Snowden plant unter anderem eine Arbeitsstelle in Russland zu finden, „sein Leben einzurichten“ und dabei „nach Möglichkeit zu reisen“."
Quelle: Text Polina Tscherniza - „Stimme Russlands"